Titelbild: Hummel Quelle: Flickr User Rabumms

Dave Goulson ist ein bekannter englischer Biologe, Autor mehrerer Bücher und Naturschützer. Sein bekanntestes Buch „Und sie fliegt doch. Eine kurze Geschichte der Hummel“ (2014, Hanser Verlag) wurde mehrmals ausgezeichnet und ist eine sehr spannende und humorvolle Lektüre über Hummeln. Goulson schafft es in seinen Büchern den LeserInnen die faszinierende Welt der etwas kleineren Lebewesen unseres Planeten näher zu bringen und zeigt wie wichtig auch der Schutz dieser Tiere ist.

Derzeit forscht und lehrt Dave Goulson an der Universität Sussex und hat bereits über 200 wissenschaftliche Artikel über die Ökologie von Bienen und anderen Insekten veröffentlicht.

Professor Dave Goulson war so freundlich und gab uns für das bioskop ein kleines Interview über seine Arbeit als Autor und die Rolle der Biologie in der heutigen Zeit:

What was your motivation to start writing popular science books?
I was keen to reach a broader audience. Scientific publications are read by only a handful of other scientists. My research is on wild bee declines, and what we can do to look after these vital creatures. If we are to ensure a future for our wild bees then we need to get lots of people involved in caring for them – that is my goal.

How do you manage to combine your scientific research and your work as an author?
For me, scientific research and writing go hand in hand with writing articles for a popular audience. If a scientist is not doing work of interest to the public, and is unable to explain to them why his work is important and interesting, then perhaps he is in the wrong profession. Of course, finding the time for both types of writing can be a challenge!

The futurologist John Naisbitt once wrote, that the 21st century will be the age of biology, would you agree?
I’m sure that there will be some amazing scientific advances in the biological area this century. However, my fear is that future generations will know the 21st century as the age of mass extinction, the period when most of life on Earth was lost, and when other vital resources such as soil were squandered, leaving our descendants to eke out their lives on a sad, grey, depleted planet.

Do you think, biologists have a special responsibility to save our ecosystem?
Of course, most biologists are painfully aware of the damage we are doing to our planet. Finding the solutions to the problems will certainly also require biologists. In particular, we need to devise ways to grow food that are truly sustainable.

What is your latest book about?
My new book, Bee Quest, is about my search to find and study the world’s most unusual and endangered bees. It tells their stories, but also I think gives some hope, for I finish with giving some examples of how remarkably resilient nature can be if only we give it the chance to recover.

Can we hope, to enjoy more books of you in the future?
I am currently working on a new book about the little creatures that live in our gardens, the insects, spiders, worms, and toads, and how best we can encourage them to thrive. Perhaps gardening can save the planet.

Thank you very much for the interview!

Ebenfalls im Hanser Verlag erschienene Bücher von Dave Goulson:
Wenn der Nagekäfer zweimal klopft. Das geheime Leben der Insekten (2016)
Die seltensten Bienen der Welt. Ein Reisebericht (2017)
Beide uneingeschränkt zu empfehlen.

Titelbild: Untersuchungsfläche am Hochschwab. Quelle: Harald Pauli

Gebirge sind häufig Hotspots der Biodiversität. Gleichzeitig sind sie aber aufgrund ihres Arten- und Endemiten-Reichtums und den speziellen klimatischen Gegebenheiten durch den Klimawandel besonders gefährdet. Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten beschäftigen sich Forscherteams in der ganzen Welt mit den möglichen Folgen für die alpine Flora. Die Idee dazu entstand in Österreich.

Die internationale Ausrichtung spürt man nicht sofort, wenn man das GLORIA-Büro im 19. Bezirk/Wien betritt. Es ist eine lichtdurchflutete Altbauwohnung in einer ruhigen Lage, umgeben von schicken Häusern und Grünflächen vor den hohen Fenstern. Doch tatsächlich ist GLORIA mittlerweile eine der wenigen langfristigen internationalen Forschungsinitiativen mit Sitz in Österreich.

GLORIA (Global Observation Research Initiative in Alpine Environments)
Ist eine Initiative, die ein internationales Monitoring-Netzwerk für Langzeitbeobachtungen alpiner Pflanzengesellschaften betreibt. Die vergleichenden Studien (sowohl nationaler als auch internationaler Art) zielen vor allem darauf ab, Biodiversitätsmuster zu erfassen und die Auswirkung des Klimawandels auf die Hochgebirgsvegetation festzustellen.

Als Anfang der Neunziger der Klimawandel zu einem Begriff und langsam auch zu einem Thema der öffentlichen Medien wurde, gab es noch sehr wenige Initiativen, die sich mit Langzeitveränderungen durch die globale Erwärmung befassten. „Zu der Zeit war ich Diplomand bei Georg Grabherr und in meiner Dissertation wollten wir die Veränderung in der alpinen Flora untersuchen“, erzählt Harald Pauli, der mittlerweile der Kopf des GLORIA Teams ist. Die Idee war, Gipfel, wie die Hochwilde in den Ötztaler Alpen, von denen es historisch vollständige Artenlisten gab, erneut zu besuchen und ein aktuelles Arteninventar zu erstellen. „Natürlich war nur ein geringer Teil der historischen Daten für einen Vergleich geeignet, doch es ließ sich dennoch ohne Zweifel feststellen, dass nun viel mehr Arten auf den Gipfeln vorkamen“, erinnert sich Pauli an die Resultate der Arbeit, die ihn und seinen Kollegen Michael Gottfried zwei Sommer lang beschäftigte. Die zweite Publikation zu den Ergebnissen schaffte es dann überraschend in der Zeitschrift Nature. „Damit war klar, dass wir in diese Richtung weitermachen müssen“, so Pauli.

Von einer Publikation zu einem weltweiten Netzwerk

Die Motivation, das Projekt fortzuführen war gegeben, allerdings gab es kaum Vergleichsdaten auf nationaler und internationaler Ebene, vor allem aber außerhalb Europas. Meist waren nur mehr oder weniger unvollständige Artenlisten vorhanden, was die Auswertungsmöglichkeiten einschränkte.

„Wir brauchten Genaueres“, schildert Pauli die Situation, die schließlich zu dem mittlerweile internationalen GLORIA-Netzwerk führte. Anfang des Jahrtausends tastete das Team um Georg Grabherr das Interesse der internationalen Forschungsgemeinschaft zu den Forschungsbestrebungen ab und erntete sogleich positive Reaktionen. Das erste EU-Projekt wurde daraufhin eingereicht. Das Netzwerk, das mit 18 Gebieten begann, umfasst mittlerweile 130 Gebiete verteilt auf sechs Kontinente.

Abb.1: Europäische Gebirgsregionen mit GLORIA-Erhebungsflächen. Diejenigen 17 Regionen, die in die erste Erhebung 2001-2008 eingebunden waren sind mit schwarz umrandeten gelben Punkten gekennzeichnet. Quelle: Harald Pauli
Abb.1: Europäische Gebirgsregionen mit GLORIA-Erhebungsflächen. Diejenigen 17 Regionen, die in die erste Erhebung 2001-2008 eingebunden waren sind mit schwarz umrandeten gelben Punkten gekennzeichnet. Quelle: Harald Pauli

Erste Ergebnisse

Im Jahr 2001 erfolgte die erste Erhebung der Gefäßpflanzengemeinschaften auf den Dauerflächen der 66 Gipfel in den 17 europäischen Regionen. Nach der Wiederholungskartierung 2008, lagen die ersten Vergleichsdaten vor. Dabei war ein Höhersteigen der Arten auf fast allen Gipfeln erkennbar. Im Schnitt verschoben sich die Artengrenzen um 2,7 Meter nach oben. Die Artenvielfalt stieg ebenfalls um durchschnittlich acht Prozent an. Dies bedeutet, dass die Pflanzen nicht nur ihre Obergrenzen ausweiten, sondern auch Pflanzen von unten nachdrängen. Dies könnte zu Problemen vor allem bei jenen Pflanzen führen, die bereits am Limit ihrer oberen Verbreitungsgrenze wachsen und nicht mehr weiter ausweichen können. Der Gletscher-Hahnenfuß kann sich beispielsweise gar nicht an höhere Temperaturen anpassen. Er würde, bei Fehlen geeigneter kühlerer Habitate, schnell seine physiologischen Reserven aufbrauchen. Im schlimmsten Fall würde dies lokale Aussterbeereignisse nach sich ziehen. „Ein Aussterben ist aber natürlich schwer festzustellen. Wir können nur einen Rückgang in der Bedeckung oder eine Verdrängung durch andere Pflanzen festhalten und daraus mögliche Schlüsse ziehen“, erklärt Pauli.

Abb.2: Der Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis) ist gut an das raue alpine Klima angepasst. Unter wärmeren Bedingungen sind seine physiologischen Grenzen schnell erreicht. Quelle: Harald Pauli
Abb.2: Der Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis) ist gut an das raue alpine Klima angepasst. Unter wärmeren Bedingungen sind seine physiologischen Grenzen schnell erreicht. Quelle: Harald Pauli

Die Zunahme der Artenzahlen vollzieht sich jedoch nicht in allen europäischen Regionen gleichermaßen. In mediterranen Gebieten zeigt sich gar eine Abnahme der Artenzahlen. Dies könnte auf einen kombinierten Effekt von Klimaerwärmung und abnehmender Niederschlagsmenge zurückzuführen sein. „Weniger Regen führt zu Trockenstress, den nur wenige Pflanzen aushalten“, folgert Pauli. Diese Ergebnisse seien vor allem deshalb besorgniserregend, führt er weiter aus, da „gerade in den mediterranen Gebieten, die verfügbaren Hochgebirgsflächen sehr klein sind und ein hoher Grad an Endemismus besteht“. Diese endemischen Pflanzen haben wenig Möglichkeiten, ihre Verbreitung den klimatischen Gegebenheiten anzupassen. Bereits nach den ersten sieben Jahren wurden 31 Prozent der 2001 aufgenommenen Endemiten nicht erneut gefunden (Pauli et al., 2012).

Außerdem konnte eine zunehmende Thermophilisierung der alpinen Flora festgestellt werden. Das bedeutet, dass in den untersuchten Regionen, die Bedeckung jener Pflanzen zunimmt, die an höhere Temperaturen angepasst sind. Diese Pflanzen, die normalerweise weiter unten (in der montanen oder subalpinen Zone) wachsen und größer als die meist klein- und langsam-wüchsigen alpinen Arten werden, wandern nach oben und konkurrieren mit den alpinen Arten um Licht. Im Schnitt konnte festgestellt werden, dass sich die Höhenstufen in sieben Jahren um fünf Prozent nach oben verschoben. Dies führt zu einem Schrumpfen der Hochgebirgszonen mit genügend niedrigen Temperaturen für an Kälte angepasste Hochgebirgsarten (Gottfried et al., 2012).

Abb.3: Der Indikator für die Thermophilisierung (D) ist signifikant positiv auf europäischer Ebene. Der rote Strich repräsentiert die mittlere Thermophilisierung in Europa, der grüne Bereich ist das 95% Konfidenzintervall. Orange Punkte und horizontale Balken stehen für den Mittelwert D pro Region sowie die dazugehörigen 95% Konfidenzintervalle. Quelle: Gottfried et al., (2012)
Abb.3: Der Indikator für die Thermophilisierung (D) ist signifikant positiv auf europäischer Ebene. Der rote Strich repräsentiert die mittlere Thermophilisierung in Europa, der grüne Bereich ist das 95% Konfidenzintervall. Orange Punkte und horizontale Balken stehen für den Mittelwert D pro Region sowie die dazugehörigen 95% Konfidenzintervalle. Quelle: Gottfried et al., (2012)

Ausblick in die Zukunft

„Unser Schwerpunkt in den nächsten Jahren wird es sein, vermehrt funktionelle Merkmale gemeinsam mit den anderen Monitoring-Daten aufzunehmen.“, beantwortet Pauli die Frage nach der Zukunft von GLORIA. Damit werden die Interpretationsmöglichkeiten und die Aussagekraft der Daten erheblich verbessert. Funktionelle Merkmale können eine mögliche Thermophilisierung anzeigen oder auf den Rückgang von Niederschlägen hindeuten (skleromorphe Pflanzen). In den mediterranen Gebieten ist der Rückgang der Niederschlagsmenge (siehe „Erste Ergebnisse“) derweil nur eine mögliche Erklärung für den Artenrückgang. Da es weder möglich noch praktikabel wäre überall Wetterstationen zu bauen, kann die Hypothese durch die Untersuchung funktioneller Merkmale geklärt werden.

Allerdings gibt es keine einheitliche Literatur zu diesen Merkmalen, die einen Vergleich über Ländergrenzen hinweg zuließe. Deshalb ist eines der nächsten Ziele des GLORIA-Teams einen vollständigen Datensatz mit diesen Zusatzinformationen, zumindest einmal für Europa, zu erstellen.

Außerdem müssen die Daten, die 2015 im dritten Durchgang des Projekts erhoben wurden, noch analysiert werden. Anhand dieser könnte nun bereits ein Trend in den Entwicklungen prognostiziert werden.

Hürden eines internationalen Langzeitprojekts

Langzeitmonitoring-Initiativen wie GLORIA stoßen aber auch auf viele Probleme, die gleichzeitig als Kritik am Forschungsalltag gesehen werden können, der in den meisten Wissenschaften nun eingekehrt ist. Pauli erklärt die Schwierigkeiten so: „Monitoring-Daten, die nur alle fünf bis zehn Jahre erhoben werden, fallen nicht unter die Kriterien der meisten Fördertöpfe. Aber in Bezug auf den Biodiversitäts- und Klimawandel sind nur solche Projekte wirklich sinnvoll“.

Europaweit gibt es kaum Fördergelder für Projekte, die über mehr als fünf Jahre laufen. Langfristige Finanzierungskonzepte sind nicht en vogue. Deshalb müssen immer neue Projektanträge geschrieben werden, „obwohl sich an der grundsätzlichen Fragestellung nichts ändert und ein Projektdurchgang vielleicht auch gar nicht genug ist, um sie zu beantworten“, so Pauli. Um ein Bestehen der Initiative zu sichern, müsse das Team vermehrt Strategien entwickeln, wie das Monitoring langfristig finanziert werden kann, „weil die Daten ja auch mit jedem Durchgang interessanter und wertvoller werden“.

Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, neue Dauerbeobachtungsflächen außerhalb Europas zu schaffen. Gerade in Afrika und Asien gibt es wenige Monitoring-Flächen. Dies liegt einerseits an der weniger ausgeprägten Tradition zur Feldbiologie und andererseits an der teils fehlenden oder unvollständigen Bestimmungsliteratur. Auch politisch ist die Kooperation zwischen manchen Ländern kaum möglich und Sprachbarrieren erschweren die Zusammenarbeit weiter.

Trotz dieser Hürden ist mit GLORIA etwas gelungen, was bisher kaum denkbar war: In allen Klimaregionen der Erde verteilt auf sechs Kontinente, gibt es WissenschafterInnen, die in gemeinsamer Anstrengung an einer Fragestellung zum möglicherweise brisantesten Problem unserer Zeit arbeiten – den Auswirkungen des Klimawandels.

Harald Pauli

Harald Pauli
Die Berge begleiten den Hochgebirgsökologen bereits in seiner gesamten Laufbahn. Harald Pauli studierte Biologie mit dem Schwerpunkt Botanik an der Universität Wien und arbeitete dann lange Zeit in der Forschungsgruppe um Georg Grabherr zu klimawandel-induzierten Veränderungen von Gefäßpflanzen in der alpinen und nivalen Zone. Mittlerweile ist er Leiter des internationalen GLORIA Netzwerkes und Monitoringprogramms an der BOKU und der ÖAW sowie Vizedirektor des Instituts für Interdisziplinäre Gebirgsforschung, IGF, an der ÖAW.

Titelbild: Urknall. Quelle: Dorthe Landschulz. Aus: Wissenschaftliche Cartoons. Holzbaum-Verlag

Der Titel ist Programm, die Bilder aber lustiger als er erschließen lässt.

Was kann Wissenschaft heutzutage? Menschen Dinge erzählen, die sie dann eh nicht glauben? Oder vielleicht Wissen produzieren, das in der Menge „alternativer Wahrheiten“ untergeht?

Weiterlesen

Vor etwa 65 Millionen Jahren ereignete sich das fünfte Massensterben auf unserem Planeten. In ihrem Buch „Das 6. Sterben: Wie der Mensch Naturgeschichte schreibt“ geht die Journalistin Elizabeth Kolbert dem momentanen Artensterben auf den Grund. An ihre Seite hat sie sich hierfür BotanikerInnen, ZoologInnen und GeologInnen geholt.

Elizabeth Kolbert, Jahrgang 1961, schreibt seit 1999 für die Zeitung The New Yorker. Ihr Buch „Das 6. Sterben“ (Originaltitel: „The Sixth Extinction. An Unnatural History“) ist mit „wie der Mensch Naturgeschichte schreibt“ untertitelt und wurde 2015 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. Im deutschsprachigen Raum wird das Buch von Suhrkamp verlegt.

„Einer (Anm.: ein Wissenschafter) erzählte mir, dass Frösche seine Ehe ruiniert hatten.“ – auf ihren Reisen rund um die Welt sammelte Elizabeth Kolbert nicht nur Informationen über das momentan stattfindende sechste Massensterben. Sie nähert sich dem Thema beim Schreiben auch mit einer gehörigen Portion Galgenhumor.

Kolbert, eigentlich eine Publizistin mit einem Hintergrund in Literaturwissenschaften, erzählt in ihrem Buch die Geschichte von dreizehn Arten, denen die Extinktion droht oder die sogar mittlerweile, zumindest in der freien Wildbahn, komplett ausgestorben sind. Sie selbst hat die Arten und die Menschen, die sie erforschen, besucht und schildert die Gegebenheiten vor Ort indem sie Anekdoten und wissenschaftliche Fakten zu insgesamt dreizehn spannenden Geschichten verwebt, die beispielsweise den Zusammenhang zwischen dem Froschsterben im Regenwald und einer gescheiterten Ehe illustrieren und dadurch nicht nur LaiInnen zum Staunen, Lachen und Grübeln anregen, sondern auch BiologInnen durchaus noch in ihren Bann ziehen können. Vor allem aber machen sie eines begreifbar: Unser Planet befindet sich mittlerweile mitten im sechsten Massensterben und diesmal war kein Himmelskörper nötig, um eine solche Reaktion in Gang zu setzen – dieses Mal ist es unsere Art, der Homo sapiens, der die anderen Tier- und Pflanzenarten auslöscht.

Unser Fazit: Lesenswert für BiologInnen und LaiInnen gleichermaßen. Eine Leseprobe findet sich auf der Seite des Suhrkamp Verlags.

Elizabeth Kolbert und Jon Stewart sprachen auch in „The Daily Show“ über das Buch.

Titelbild: Quelle: Katharina Rogenhofer

Österreich ist im mitteleuropäischen Vergleich eines der artenreichsten Länder. Dies lässt sich vor allem auf die landschaftliche und klimatische Vielfalt zurückführen, zu welcher wiederum das Höhenprofil der Alpen maßgeblich beiträgt. Viele Tiere und Pflanzen sind jedoch, vor allem durch den Klimawandel sowie land- und forstwirtschaftliche Nutzung, gefährdet.

Welche Rolle spielen die Alpen in Österreich?

Die Alpen nehmen rund 60 Prozent der Gesamtfläche Österreichs ein und sind für die Landschafts- und Biotopvielfalt in Österreich von unmittelbarer Bedeutung. Sie sind Lebensraum für eine große Zahl an Tier- und Pflanzenarten. Durch das Höhenprofil und die sich dadurch ergebenden unterschiedlichen Klimabedingungen findet man auf kleinem Raum viele verschiedene Biotope.

filter_hdr

Gefahren für die Alpen

Lokale Ebene:
Urbanisierung, Tourismus, Land- und Viehwirtschaft, Habitat-Fragmentierung, Einbringung allochthoner Arten, Verkehr, Wasserverbrauch und Wasserverschmutzung.
Globale Ebene:
Klimaveränderungen, Luftverschmutzung, Stickstoffdüngung

Der Mensch und die Alpen

Menschlicher Einfluss war in der Geschichte der Alpen wesentlich für die Prägung der Landschaft. Ein nicht unbedeutender Teil der Biodiversität in den Alpen ist daher eng mit traditioneller Land- und Forstwirtschaft verzahnt. Die Nutzung der Alpen hat sich in den letzten Jahrzehnten jedoch rasch geändert. Tourismus und neue landwirtschaftliche Methoden führen zu intensiverer Nutzung und Ausbeutung einiger Gebiete. Andere Flächen werden aufgegeben, was eine Verringerung der Landschaftsdiversität zur Folge hat. Grasländer werden daraufhin durch die Ausbreitung von Busch- und Waldgesellschaften verdrängt und es kommt so zu einem Verlust der Artenvielfalt.

Endemiten

Die Alpen sind ein Hotspot für Endemiten – d.h. Spezies, die auf ein bestimmtes Areal (in diesem Fall Österreich) beschränkt sind. Klimatische Fluktuationen im Pleistozän führten zur Vergletscherung weiter Gebiete der Alpen und somit zur Migration und Restriktion von vielen Arten auf bestimmte Areale. Heutige Gebiete mit besonders hoher Anzahl an endemischen Arten befinden sich oft in solchen eiszeitlich wenig bis nicht vergletscherten Teilen der Alpen und stehen vermutlich in engem Zusammenhang mit eiszeitlichen Refugialgebieten (Schönswetter et al., 2005; Tribsch & Schönswetter, 2003). Diese Endemiten-Hotspots findet man dabei in den nordöstlichen Kalkalpen zwischen Schneeberg und westlichem Toten Gebirge, in Teilen der östlichen Zentralalpen zwischen den Eisenerzer Alpen und den westlichen Hohen Tauern sowie in den Südalpen (Abb.1).

Abb. 1: Raster-Summenkarte aller endemischen Tiere (575 Taxa) und Pflanzen (150 Gefäßpflanzen, 16 Flechten) in Österreich. Quelle: Rabitsch, W. & Essl, F. (2008).

Endemiten erreichen ihre maximale Artenzahl in deutlich höheren Gebieten als alle anderen Tier- und Pflanzenarten (Abb.2). Sie sind überwiegend auf kleine Areale beschränkt – so auch in den Alpen (45 Taxa der Gefäßpflanzen sind auf Areale unter 700 km2 angewiesen). Kleine ökologische Nischen, sehr spezifische Anforderungen und die geringe Artenzahl der Endemiten machen sie besonders vulnerabel und aufgrund der Höhenlage sind sie weitaus sensibler gegenüber klimatischen Schwankungen. Schon kleine Änderungen können dazu führen, dass die jetzigen Verbreitungsgebiete als Lebensräume nicht mehr geeignet sind, was zu einer starken Gefährdung endemischer Arten führt – besonders jener, die nicht in höhere Lagen ausweichen können.

Abb.2: Höhenverbreitung der endemischen Gefäßpflanzen (ohne Apomikten und Autogame) und Tiere Österreichs. Dargestellt in 100m Höhenintervallen. Quelle: Rabitsch, W. & Essl, F. (2008).

Endemiten und Schutzgebiete

Ein großer Teil der Endemiten-Hotspots sind durch das österreichische Schutzgebietsnetz erfasst. Schutzgebiete umfassen 59 Prozent aller endemischen Gefäßpflanzen. Bei endemischen Tierarten sind 55 Prozent aller besiedelten Quadranten durch Schutzgebiete abgedeckt. Allerdings sind einige der am stärksten gefährdeten Arten durch Schutzgebiete nur ungenügend erfasst.
Die Mehrheit der Endemiten Österreichs besiedelt naturnahe Standorte. Deshalb müssen Schutzmaßnahmen vor allem darin bestehen, Störungseinflüsse zu verringern und den Lebensraum in seiner charakteristischen Ausprägung zu erhalten.

Klimawandel und die Alpen

Allgemein nimmt die Temperatur mit zunehmender Höhe ab. Dieses Phänomen führt dazu, dass sich Höhenstufen ergeben, die durch eine besondere Vegetation und bestimmte klimatische Verhältnisse gekennzeichnet sind. Durch den Klimawandel wird sich die Verteilung der Lebensräume in den Alpen jedoch dramatisch ändern. Die Erwärmung bedingt eine Verschiebung der Baumgrenze nach oben, was eine der größten Gefahren für die, auf wenige Gebiete beschränkten, alpinen Arten darstellt. Die Erwärmung alleine ist für die meisten Arten noch kein Gefährdungsfaktor. Es wurde gar gezeigt, dass sehr viele Pflanzen die erhöhten Temperaturen aushalten würden. Doch mit der Erwärmung kommt es zu erhöhter Konkurrenz, da Pflanzenarten aus tieferen Lagen immer weiter hinaufwandern. Die sich verschiebende Baumgrenze führt zum Schrumpfen der möglichen Besiedelungsgebiete vieler Arten. Dirnböck et al. (2011) zeigen, dass Endemiten fünf taxonomischer Gruppen (Gefäßpflanzen, Schnecken, Spinnen, Schmetterlinge und Käfer) bis 2100 ca. 77 Prozent ihrer bevorzugten Lebensräume verlieren werden, selbst wenn man von den konservativsten Klimaszenarien ausgeht. Dabei sind die Auswirkungen auf Spinnen und Schmetterlinge am geringsten, da diese sich schneller und effektiver auf andere Habitate ausbreiten können (fliegen, ballooning). Die Gefahr auszusterben ist daher sehr stark mit der Fähigkeit verbunden, andere Lebensräume besiedeln zu können.
Engler et al. (2011) sagen ähnliche Habitatverluste voraus. Es führt aber nicht nur die Erwärmung alleine zu dramatischen Veränderungen. Auch die vorausgesagten Veränderungen der Niederschlagsmengen werden zu einem Verlust passender Habitate führen.
Gerade für die alpine Stufe (den Bereich oberhalb der Waldgrenze) werden gravierende Auswirkungen erwartet. Hier werden Organismen immer weiter nach oben verdrängt, bis ihnen keine Ausweichmöglichkeit mehr zur Verfügung steht. All dies birgt Grund zu Sorge, da alpine Ökosysteme unverzichtbare Ressourcen zur Verfügung stellen – auch in Form von Ökosystemleistungen.

Ökosystemleistungen

Ökosystemleistungen sind wirtschaftliche Versorgungsleistungen (Produktion zahlreicher Güter, wie z.B. Trinkwasser, Nahrungsmittel, Energieträger, Baumaterialien oder medizinische Wirkstoffe), regulierende Leistungen (Speicherung von CO2, Schutz vor Lawinen und Hochwasser, Verhinderung von Erosion und Regulierung des Klimas), unterstützende Leistungen (Sauerstoffproduktion, Aufrechterhaltung der Nährstoffkreisläufe und des Wasserkreislaufs) sowie kulturelle Leistungen (Erholungsleistung usw.).
Wenn die Ökosystemleistungen der Alpen berechnet und in monetäre Einheiten übersetzt werden, beläuft sich der Wert der wirtschaftlichen Versorgungsleistungen auf bis zu 1400 €/ha Jahr. Die regulierenden Leistungen machen einen Wert von bis zu 760 €/ha Jahr aus (Paletto et al., 2015).

Die Alpen als Quellgebiete

Auch die Biodiversität in Süßwasserhabitaten ist den Gefahren des Klimawandels ausgesetzt. Zu einem nicht unwesentlichen Teil wird dies durch das Abschmelzen der Gletscher verursacht. Der Rückgang der Gletscher resultiert in einer Reduktion an Schmelzwasser, das wesentlich für einige Flusssysteme ist. Dies verändert die Artenzusammensetzung der von Gletschern gespeisten Flüsse. Jacobsen et al. (2012) zeigen, dass dadurch die Biodiversität sowohl lokal als auch regional abnehmen wird und 11-38 Prozent aller untersuchten Makroinvertebraten (darunter auch Endemiten) aussterben könnten.
Auch die Artenzusammensetzung in Quellgebieten wurde untersucht. Quellen sind zwar kleine Lebensräume, aber es findet sich eine überraschende Diversität an Taxa. Durch den hohen Grad an Spezialisierung und den azonalen Charakter (durch stabile physiochemische Gegebenheiten) sind Tiere die hier leben meist stenök. Das bedeutet, sie können nur eine kleine Schwankungsbreite der überlebenswichtigen Parameter tolerieren. Deshalb gibt es einige Organismen die entweder ausschließlich oder zumindest bevorzugt in Quellen vorkommen.
Durch indirekte oder direkte Einflussnahme auf diese Quellregionen, kommt es zur Gefährdung vieler spezialisierter Moose, Milben, Diptera, Schnecken und Köcherfliegen (Cantonati et al., 2006).

Was kann gegen Artenverluste getan werden?

In Europa sind Naturschutzbemühungen wegen der räumlich und zeitlich intensiven Nutzung durch den Menschen besonders kompliziert durchzusetzen. Einerseits scheint extensive Landwirtschaft wichtig für den Erhalt vieler Arten zu sein, andererseits sind Gebiete, die noch in einem ursprünglichen Zustand erhalten sind (wilderness areas), relativ selten und sehr gefährdet. Der Verlust an Biodiversität und wichtiger Ökosystemleistungen zeigt deshalb, dass ein effektiverer Naturschutz gebraucht wird. Nationale und internationale Abkommen, aber auch die Gründung und Erhaltung von Naturschutzgebieten spielen dabei eine wichtige Rolle.

Weiterführende Literatur

Chemini, C. & Rizzoli, A. (2003). Land use change and biodiversity conservation in the Alps. Journal of Mountain Ecology 7, 1-7.
Malcolm, J.R., Liu, C., Neilson, R.P., Hansen, L. & Hannah, L. (2006). Global warming and extinctions of endemic species from biodiversity hotspots. Conservation Biology 20, 538–548.
Moser, D., Dullinger, S., Englisch, T., Niklfeld, H., Plutzar, C., Sauberer, N., Plutzar, C., Sauberer, N., Zechmeister, H. G. & Grabherr, G. (2005). Environmental determinants of vascular plant species richness in the Austrian Alps. Journal of Biogeography 32, 1117-1127.
Pauli, H., Gottfried, M., Reiter, K., Klettner, C. & Grabherr, G. (2007). Signals of range expansions and contractions of vascular plants in the high Alps: Observations (1994-2004) at the GLORIA master site Schrankogel, Tyrol, Austria. Global Change Biology 13, 147–156.
Pearson, R. G. (2006) Climate change and the migration capacity of species. Trends in Ecology and Evolution 21, 111–113.
Schirpke, U., Leitinger, G., Tasser, E., Schermer, M., Steinbacher, M. & Tappeiner, U. (2013). Multiple ecosystem services of a changing Alpine landscape: past, present and future. International Journal of Biodiversity Science, Ecosystem Services & Management 9, 123-135.
Theurillat, J. & Guisan, A. (2001). Potential Impact of Climate Change on Vegetation in the European Alps: A Review. Climatic Change 50, 77–109.
Wrbka, T., Szerencsits, E., Moser, D., & Reiter, K. (1999). Biodiversity patterns in cultivated landscapes: experiences and first results from a nationwide Austrian survey. Heterogeneity in landscape ecology 3-17.

Titelbild: Im Schulbiologiezentrum – Wandelndes Blatt. Quelle: Lisa Fischinger

Lisa Fischinger arbeitet am Projekt „Bio für Kids & Teens“, das LehrerInnen und Biologie-Interessierten gratis Didaktikmaterialien im Internet zur Verfügung stellt. Sie gehört dem Team der Didaktik der Bio- und Geowissenschaften, School of Education der Universität Salzburg, an. Dort arbeitet Lisa als Studienassistentin und schreibt ihre Diplomarbeit zum Thema „Handlungsorientierter Stationenbetrieb in der Humanbiologie am Beispiel des Herz-Kreislauf-Systems“.

Lisa Fischinger

1) Beschreibe kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Unsere Hauptaufgabe, oder besser gesagt unser Ziel, ist es, durch moderne Unterrichtsmethoden Kinder und Jugendliche für die Biologie zu begeistern. Wenn ich von „uns“ spreche, dann meine ich Ulrike Unterbruner, Initiatorin des Projektes und Leiterin der Abteilung Didaktik der Naturwissenschaften und mich, als ihre Studienassistentin. Die Hauptaufgaben in unserer Tätigkeit bestehen darin, biologische Themen aus bereits evaluierten Diplomarbeiten der Biologiedidaktik auszuwählen und ansprechende Unterrichtsmaterialien, wie PowerPoint-Präsentationen, Arbeitsblätter und Multimedia-Lernprogramme, zu erstellen beziehungsweise zu überarbeiten. Einen besonderen Wert legen wir dabei auf die Handlungs- und Problemorientierung, das heißt, die Materialien so zu gestalten, dass dem aktiven und selbstständigen Lernprozess eine spannende Fragestellung vorausgeht. Sind die Materialien fertiggestellt, werden sie mit einer kurzen Beschreibung von mir auf unsere Webseite geladen.

Zusätzlich bin ich Tutorin für die Lehrveranstaltung „Lebende Organismen im Biologieunterricht“ von Lisa Virtbauer – Leiterin des Schulbiologiezentrums Salzburg der Universität Salzburg. Diese Lehrveranstaltung soll den StudentInnen die Möglichkeit bieten, Unterrichtseinheiten mit lebenden Organismen zu erarbeiten und diese in der Gruppe zu simulieren. Ziel ist es, Erfahrungen zu sammeln um lebende Organismen auch später im praktischen Unterricht einzusetzen. Als Tutorin biete ich den StudentInnen Coachingtermine an, an denen sie im Umgang mit den Tieren geschult und unterstützt werden. Das Verleihangebot richtet sich aber auch an LehrerInnen, die schon im Berufsleben stehen.

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Die Abwechslung ist sehr reizvoll: ich kann meiner Kreativität freien Lauf lassen, mein technisches Know-how als Webmaster einbringen, stets verschiedene biologische Themengebiete erarbeiten und mit lebenden Organismen arbeiten. Die größte Freude für mich ist es jedoch, positives Feedback von LehrerInnen oder SchülerInnen zu bekommen, die mit unseren Materialien arbeiten.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Nicht ganz so einfach ist es manchmal, Dinge aus der Sicht von Kindern und Jugendlichen zu betrachten. Für Erwachsene sind viele Sachverhalte oftmals glasklar; Kinder denken aber kreativer und sind neugieriger – man muss sich in sie hineinversetzen können. Ich frage mich bei der Erarbeitung von Materialien immer: „Was könnte ein Kind interessieren? Wie stellt sich ein Kind dieses oder jenes vor?“. Manchmal stellen mir aber auch Kinder in meiner Umgebung Fragen, die wieder den Anstoß zu neuen Materialien geben – zum Beispiel: „Warum bekomme ich blaue Flecken?“.

Abb. 2: Am Arbeitsplatz. Quelle: Lisa Fischinger

4) Wie bist Du auf Deinen Job aufmerksam geworden?

Das war eigentlich ein schöner Zufall: ich war als Studentin in der Lehrveranstaltung von Frau Virtbauer. Sie war auf der Suche nach einer Tutorin ab Herbst 2015 und ermutigte mich, eine Bewerbung dafür abzuschicken. Das habe ich gemacht und glücklicherweise hat es funktioniert. Über diese Stelle kam ich dann zur Studienassistenz und in das Projekt „Bio für Kids & Teens“.

5) Welche Qualifikationen sind für Deine Tätigkeit besonders wichtig?

Ich denke, dass mein Biologie-Lehramtsstudium, mein Interesse und Engagement dazu beigetragen haben, dass ich diese Jobs bekommen habe. Und wie immer und überall: eine Portion Glück war natürlich auch nötig.

6) War es schon immer Dein Wunsch, eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Am Anfang meines Biologiestudiums hätte ich nicht gedacht, dass ich die Möglichkeit bekommen würde, an der Didaktik der Bio- und Geowissenschaften als Studienassistentin und Tutorin zu arbeiten.
Die Biologie fasziniert mich schon seit ich ein Kind war. Ebenso war für mich immer schon klar, im sozialen Bereich tätig sein zu wollen. Nach der Matura blieb noch die Frage, ein Medizinstudium in Innsbruck zu starten oder in Salzburg Biologie auf Lehramt zu studieren. Ich habe mich für letzteres entschieden und habe diese Entscheidung nie bereut. Die Biologiedidaktik fesselt mich aufgrund meiner Tätigkeiten als Studienassistentin jeden Tag mehr.

Abb. 3: Annam-Stabschrecke (Medauroidea extradentata). Quelle: Lisa Fischinger

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für Biologinnen und Biologen?

Als junge/r BiologielehrerIn ist es bei uns in Salzburg und Umgebung momentan nicht ganz so einfach eine Stelle zu bekommen. Zeigt man Flexibilität und ist man bereit, den Wohnort zu wechseln oder in einem anderen Bundesland zu unterrichten, könnten einem mehr Türen offen stehen.
Aktuell bin ich gerade dabei mein Studium abzuschließen. Es ist und bleibt spannend, wo mich die Zukunft hinführt. Ein kleiner Traum wäre es jedoch, eine Dissertationsstelle an der Didaktik für Naturwissenschaften zu bekommen und ein Doktoratsstudium absolvieren zu können. Träumen darf man ja… und wo ein Wille, da ein Weg.
Man sollte auf jeden Fall studieren, wofür das Herz brennt. Wenn man die Leidenschaft für seinen Beruf und sein Tun ausstrahlt und lebt, dann werden sich auch berufliche Chancen auftun. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass man nicht aufhören darf, in seine eigene Fort- und Weiterbildung zu investieren – vor allem dann, wenn die Arbeitsmarktsituation nicht gerade rosig aussieht. Ich nutze meinen Wissensdrang und absolviere ab Herbst 2016 eine zweijährige Ausbildung zur Sexualpädagogin. Vielleicht sind es gerade auch solche Spezialisierungen, mit denen man sich eigene Nischen schaffen kann.

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig; welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Ja, es ist auf jeden Fall von Vorteil beziehungsweise nötig biologische, pädagogische und didaktische Grundkenntnisse zu haben.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Wie bereits erwähnt, stellt „Bio für Kids & Teens“ Materialien verschiedenster biologischer Themen zur Verfügung: Ökologie – Umwelt, Pflanzen, Mikrobiologie, Tiere, Geologie, Wasser, etc. – die Arbeit ist also thematisch sehr abwechslungsreich.

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Auf jeden Fall dranbleiben – studiert das, wofür euer Herz schlägt! Es gibt nichts, was man nicht lernen kann (solange es auch Freude macht).

Vielen Dank für das Interview!

logos_fischingerartikel

Beitrag: Oliver Bruck, Tobias Vees, Valerie Leduchowski, Ines Fritz, Lukas Haunold, Claudia Puck, Rüdiger Reisenberger, Franz Zehetner

Im Rahmen des Lehrgangs „BOKUdoku – Lehrgang für Filmdokumentation“ der Universität für Bodenkultur Wien sind zwei insgesamt rund 30-minütige Dokumentarfilme entstanden, die sich mit aktuellen Nachhaltigkeitsthemen auseinandersetzen.

„Mist – Abgelaufen – Verführt zum Verschwenden“

In Österreich landen jährlich bis zu 760.000 Tonnen genießbare Lebensmittel – zum Teil noch original verpackt – in der Mülltonne. Gut dreiviertel davon kommen aus dem privaten Haushalt. Trends wie „Dumpstern“ oder „Foodsharing“ behaupten sich dagegen, können aber die Ursache der Ressourcenverschwendung nicht stoppen. Das steigende Angebot an Nahrungsmitteln in den Supermärkten verleitet uns zu viel zu kaufen. Ein kleines Datum auf den Verpackungen entscheidet dann weiter, ob das erworbene Produkt auf den Teller darf oder besser in der Mülltonne landet. Das Mindesthaltbarkeitsdatum garantiert uns – zumindest für einen entsprechenden Zeitraum – höchste Qualität der Ware. Doch ist dieselbe wirklich ungenießbar, sobald das Datum überschritten wird? Brauchen wir dieses große Angebot an Lebensmitteln in unseren Supermärkten? Und welche Rolle spielt dabei der Handel, wenn es um unser Konsumverhalten geht? Der Dokumentarfilm „Mist – Abgelaufen – Verführt zum Verschwenden“ setzt sich mit dieser Thematik kritisch auseinander. (Ein Film von Oliver Bruck, Mona Coeln, Daniel Hackl, Rafiqul Islam, Valeria Ledochowski, Axel Mentler und Tobias Vees).

„Kostbare Kacke – Zurück in den Kreislauf des Phosphors“

Heute zeichnet sich weltweit eine akute Verknappung nicht nur von fossiler Energie ab, auch Nährstoffe sind endlich. Bei Phosphor spricht man bereits – analog zum Öl – von „Peak Phosphor“. Zugleich sind die Reserven an Gesteinsphosphat, der Hauptquelle von mineralischen Phosphordüngern, nicht nur begrenzt, sondern auch global äußerst ungleich verteilt: Nur fünf Länder – darunter Marokko und China – verfügen über mehr als 90 Prozent der Phosphorreserven. Das macht die Abhängigkeit von unvorhersehbaren geo-politischen Ereignissen und spekulationsgetriebenen Rohstoffmärkten offenkundig. Grund genug, sich unseren Phosphorkonsum etwas genauer anzusehen: In Österreich werden jährlich 16.000 Tonnen Phosphor importiert, wovon 11.000 Tonnen in Abfall und Abwasser landen. Sollten die Sekundärrohstoffe schon heute genutzt werden oder sollten wir damit warten, bis wir „Peak Phosphor“ überschritten haben? Wie kostbar ist die Kacke wirklich? Der Dokumentarfilm „Kostbare Kacke – Zurück in den Kreislauf des Phosphors“ beantwortet diese Fragen. (Ein Film von Nina Daubel, Svenja Kleinschmidt, Ines Fritz, Lukas Haunold, Claudia Puck, Rüdiger Reisenberger und Franz Zehetner).

Zwei BOKUdoku-Filme feiern in Wien Premiere

Die Premiere der beiden Dokumentarfilme findet am 24. Juni 2016 um 15 Uhr im Filmcasino, Margaretenstraße 78, 1050 Wien, statt. Der Eintritt ist frei – für Buffet wird gesorgt sein. Das Team von BOKUdoku freut sich auf zahlreiches Erscheinen.

Karten sind unter folgendem Link zu bestellen:

www.bokudoku-filmpremiere.eventbrite.de

Ciliat in Tusche. Diese „Lebenddarstellung“ wird für Bestimmungsliteratur verwendet. Quelle: Michael Gruber

Michael Gruber hat sein Ökologiestudium an der Universität Wien mit Schwerpunkt Meeresbiologie und Elektronenmikroskopie absolviert. Er ist seit 2012 technischer Assistent an der Universität Salzburg und seit 2015 außerdem freischaffender naturwissenschaftlicher Illustrator.

1) Beschreibe kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Abb. 1: Michael Gruber bei der Arbeit: Es erfordert viel Genauigkeit und einen guten Blick fürs Detail, Illustrationen von Organismen anzufertigen. Quelle: Michael Gruber

Hauptberuflich vermesse und zeichne ich Ciliaten (Einzeller) im Zuge eines FWF Projektes zur taxonomischen Bestimmung von Bodeneinzellern aus Venezuela, Galapagos und Australien. Da diese Tiere sehr klein sind, so zwischen 40-200µm, benötigt man ein Mikroskop um sie zu sehen. Mittels eines sogenannten „Zeichenapparates“ (Camera lucida), der seitlich am Mikroskop befestigt ist, fertige ich zuerst Bleistiftzeichnungen an, die dann noch reingezeichnet und zum Schluss in Tusche ausgeführt werden. Die Ciliaten befinden sich fixiert auf Objektträgern und werden mittels Öl-Immersion (1000-fache Vergrößerung) bestimmt.

Nebenberuflich bin ich seit Mitte 2015 als naturwissenschaftlicher Illustrator selbstständig tätig. Hier richtet sich der Arbeitsalltag nach den Aufträgen und Wünschen der Kunden.

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Zuallererst, dass es ein Job ist, den ich von Herzen gerne mache: ich kann meine Kreativität nutzen, um Leute auf Besonderheiten der Natur aufmerksam zu machen. Dieser Job verbindet dadurch meine beiden Lieblingsbereiche: Biologie und Illustration.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Ich bin noch nicht sehr lange als freischaffender Illustrator tätig, aber das Schwierigste ist bislang die Suche nach Kunden gewesen. Die meisten, die per Mail antworten, bedanken sich freundlich, aber haben meist nicht die nötige Finanzierung oder bereits eigene Illustratoren oder Grafiker. Es gibt aber immer wieder sehr nette Kolleginnen und Kollegen, die Einblicke in ihre Sammlung erlauben, um das eigene Portfolio ein bisschen zu vergrößern oder unentgeltlich Zeichnungen in Magazinen veröffentlichen, was als Werbung natürlich auch nicht zu verachten ist.

Abb. 2: Chamäleon: Farbstifte, Tusche und Marker für die Highlights. Quelle: M. Gruber

4) Wie bist Du auf Deinen Job aufmerksam geworden?

Die Stelle an der Universität Salzburg als technischer Assistent war eigentlich als Doktoratsstelle im Internet und in der Zeitung ausgeschrieben. Wir konnten uns aber einigen, mich als technischen Assistenten anzustellen, da mir eine weitere wissenschaftliche Laufbahn aus familiären Gründen nicht zusagte. Dies war ein echter Glücksgriff und gab mir die Chance eine neue Zeichenart für mich zu entdecken: die Mikroskopie-Zeichnung. Viele der Organismen, die wir nicht oder nur sehr schlecht sehen, haben eine beeindruckende Körpersymmetrie und Schönheit wie man sie zum Beispiel in den Darstellungen von Ernst Haeckl findet. Dies sind die Dinge, die mich faszinieren und die ich den Leuten, die mit diesen Lebewesen im Alltag nicht so viel zu tun haben, näherbringen will.

5) Welche Qualifikationen sind für Deine Tätigkeit besonders wichtig?

Genauigkeit, Neugierde und Faszination.

6) War es schon immer Dein Wunsch, eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Eigentlich wollte ich als aktiver Meeresbiologe am Meer leben und forschen. Dieser Gedanke an endlose Freilandarbeit im Wasser, tolle Entdeckungen und viel Spaß waren zwar rückblickend gesehen leicht naiv, aber sehr anspornend. Erst bei meinem 10-jährigen Maturaklassentreffen, da arbeitete ich bereits seit Kurzem als technischer Assistent, sagte meine ehemalige Deutschlehrerin zu mir, dass sie eigentlich früher dachte ich würde einmal Zeichner oder Künstler werden – das hat mir dann letztlich die Augen für diesen Beruf geöffnet.

Abb. 3: Krebs in Punktiertechnik mit Tusche. Quelle: M. Gruber

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für Biologinnen und Biologen?

Die Arbeitsmarktsituation ist meiner Meinung nach nicht sehr gut; speziell in meiner Branche. Auf hochwertige Illustrationen wird leider sehr wenig Wert gelegt. Viele Kunden möchten Qualität – aber am liebsten gratis. Am Stellenmarkt findet man am ehesten etwas in der Pharmabranche und in der Mikrobiologie oder Genetik, aber wenn man etwas Anderes sucht, stößt man bald an seine Grenzen. Trotzdem sollte man die Hoffnung nicht aufgeben: auch wenn man anfänglich nicht den Job macht den man sich gewünscht hat, der richtige kommt bestimmt!

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig; welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Das Biologiestudium ist nicht zwingend notwendig, hilft aber sehr, die komplexen Strukturen und die Anatomie von Tieren und Pflanzen besser zu verstehen. Am besten wäre es, gleich naturwissenschaftliche Illustration zu studieren.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Die diversen anatomischen Zeichenübungen, Zoologie und Systematik.

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Beharrlich seine Ziele zu verfolgen und sich immer weiterzuentwickeln. Jede neue Technik, jede zusätzliche Ausbildung kann nur von Nutzen sein.

Vielen Dank für das Interview!

Abb. 4: Gorillas in Gouache, einer Art Wasserfarbentechnik. Quelle: M. Gruber

Titelbild: Runde vs. runzelige Erbsenform, eines der sieben von Mendel untersuchten Merkmale (Quelle: BOKU Vollmann)

Gregor Mendels berühmte Regeln der Vererbung werden heuer 150 Jahre alt. Auf Initiative der Gregor-Mendel-Gesellschaft Wien und mit Unterstützung der Universität für Bodenkultur sowie der Veterinärmedizinischen Universität Wien wurde dazu ein Symposium an der Akademie der Wissenschaften in Wien abgehalten, das nicht nur Rückblick, sondern auch Einblick in aktuelle Entwicklungen der Genetik bot. Resümee: Die Genetik ist eine Leitdisziplin innerhalb der Biowissenschaften geworden, und die Molekulargenetik nimmt eine zentrale Stellung für Forschung in Landwirtschaft, Humanmedizin und Biologie ein.

Weiterlesen
Abb. 1: Katharina Bastl. Quelle: MedUni Wien/F. Matern

Titelbild: Regelmäßige Gänge in die Natur und Beobachtung der Blühfortschritte sind ein wichtiger Bestandteil in der Aerobiologie. Quelle: Katharina Bastl

Katharina Bastl hat Biologie in Wien studiert und danach ihren Doktor im Schwerpunkt Paläontologie absolviert. Seit 2012 ist sie als Universitätsassistentin befristet an der Medizinischen Universität Wien angestellt. Hier arbeitet sie am Institut für Hals-, Nasen- und Ohren-Erkrankungen und ist für den Österreichischen Pollenwarndienst mitverantwortlich.

Banner_HNO_MUW_EAN_Pollenwarndienst_151203

Weiterlesen