Abb. 1: Katharina Bastl. Quelle: MedUni Wien/F. Matern

Titelbild: Regelmäßige Gänge in die Natur und Beobachtung der Blühfortschritte sind ein wichtiger Bestandteil in der Aerobiologie. Quelle: Katharina Bastl

Katharina Bastl hat Biologie in Wien studiert und danach ihren Doktor im Schwerpunkt Paläontologie absolviert. Seit 2012 ist sie als Universitätsassistentin befristet an der Medizinischen Universität Wien angestellt. Hier arbeitet sie am Institut für Hals-, Nasen- und Ohren-Erkrankungen und ist für den Österreichischen Pollenwarndienst mitverantwortlich.

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1) Beschreibe bitte kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Kern meiner Tätigkeit sind das Erstellen von Pollenflugprognosen und die Aufbereitung von Polleninformation mit allen Services, die beim Österreichischen Pollenwarndienst der MedUni Wien dazugehören. Hinter dem Wort Vorhersage steckt mehr, als man zunächst denken mag: Teil meiner Arbeit sind phänologische Beobachtungen (und damit der regelmäßige Gang in die Natur), die Auswertung von Luftproben, das Sichten von Daten und die Kombination aller vorliegenden Fakten zu einer Einschätzung der Situation – unter anderem zu einem verständlichen Text, der PollenallergikerInnen möglichst gut und treffsicher informieren soll.

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Das Reizvollste für mich ist die Abwechslung. Ich kann sowohl am Mikroskop arbeiten als auch durch die Natur streifen, wenn auch die meiste Zeit am Computer verbracht wird. Ebenso liebe ich, dass Forschung Teil meiner Arbeit ist. Außerdem habe ich das Glück in einem sehr facettenreichen Feld zu arbeiten, das durch die Überschneidung vieler Disziplinen zwar viel Herausforderung, aber eben auch Spannung bringt.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Die größte Herausforderung ist die Verantwortung den PollenallergikerInnen gegenüber. Ein Teil der Bevölkerung, der teils massiv leidet, verlässt sich auch auf meine Arbeit. Dieses Vertrauen nehme ich sehr ernst und es verlangt auch Flexibilität, denn wenn sich eine plötzliche Änderung ergibt, dann stehen wir in der Pflicht diese auch schnellst möglich mitzuteilen.

4) Wie bist Du auf diesen Job aufmerksam geworden?

Über drei Ecken: mein heutiger Chef suchte jemanden für die Auswertung einer Pollenfalle. Ein Informatiker hat das über seine Lebensgefährtin, die Auswerterin ist, erfahren und am Institut für Paläontologie weitergegeben, wo ich noch in meinem Doktorat war. Das war der erste Anstoß, also ziemlich ungeplant und zufällig.

5) Welche Qualifikationen waren besonders entscheidend, dass Du diesen Job bekommen hast?

Ein biologisches Grundverständnis, Beobachtungsgabe, zumindest botanische Affinität, Mikroskopieren und das berühmte Organisationstalent. Man kann die Auswertung der Luftproben erlernen. Zum Einstieg zählt daher vor allem der Wille und das Interesse an diesem speziellen Feld als auch Offenheit gegenüber der Überschneidung von Disziplinen und wissenschaftliches Arbeiten.

6) War es schon immer Dein Wunsch eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Ehrlich? So gern und leidenschaftlich ich heute in meinem Beruf arbeite, so kann ich nicht behaupten, dass es mein exaktes Ziel war. Da ich Paläobiologie studiert habe, wollte ich in diesem besonderen Feld arbeiten – dieser Wunsch bestand in mir von Kindesbeinen an. Zugegeben sind meine beiden Standbeine so genannte „Exoten“-Felder und ich möchte sie beide nicht missen. Auch vom heutigen Standpunkt aus würde ich alles genauso wieder machen. Die breite Fächerung an Wissen, die mir in der Paläobiologie vermittelt wurde, hat mir diese Neuorientierung erst ermöglicht. Auch mein Nebenfach, mit Fokus auf fossilen Pollen, war rückblickend fast wie ein Wink. Grundsätzlich bin ich aber genau dort angekommen, wo ich hinwollte: nämlich in der Wissenschaft.

Die Trommel, die sich in der Pollenfalle befindet, muss regelmäßig gewechselt werden, um den Pollengehalt in der Luft analysieren zu können. Quelle: Katharina Bastl

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für BiologInnen?

Biologinnen und Biologen haben es beruflich schwer. Einige meiner Mitstudierenden sind arbeitssuchend, andere zittern von Projekt zu Projekt oder müssen wieder in ein anderes Land umziehen. Für mich persönlich ist es schwer zu verstehen, wie man viel in gut ausgebildeten Nachwuchs stecken kann und ihn dann im Stich lässt. Ich habe leider schon sehr gute Leute durch diese Unsicherheiten ihren Weg in der Wissenschaft aufgeben sehen. Man sollte sich aber von wirtschaftlichen Überlegungen bei der Wahl des Studiums verabschieden. Eine Garantie gibt es sowieso nicht. Wenn man seinem Herz folgt, wird man es nie bereuen und manchmal öffnen sich an unerwarteter Stelle Türen.

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Ja, ein Biologiestudium ist notwendig – man kann aber auch von anderer Seite, zum Beispiel als Mediziner oder Meteorologe, in das Feld der Aerobiologie stoßen. Es gibt einen Anfänger– und einen Fortgeschrittenenkurs in Europa, der alle zwei Jahre angeboten wird und die Qualität der Auswertung von Luftproben sicherstellt. Diese Kurse sind aber auf die Analyse von Pollendaten fokussiert und keine Voraussetzung für den Einstieg.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Das große Ganze zu sehen, Konzepte erstellen zu können, das Verständnis für entwicklungsgeschichtliche und evolutionäre Prozesse, das Mikroskopieren und natürlich die Fähigkeit wissenschaftlich zu arbeiten.

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Studiert nach Herzenslust, was euch Spaß macht und was euch fesselt! Es gibt nichts, das man nicht nachlernen könnte. Ich selbst habe mich erst viel später zum Beispiel mit dem Bestimmen von Pflanzen beschäftigt. In der Biologie lernt man das Werkzeug handzuhaben, das ist das Entscheidende. Ich lernte meine Augen zu benutzen und zu beobachten und letztendlich ist das Prinzip immer noch das Gleiche: denn ob Zähne fossiler Raubtiere oder Pollen zu bestimmen – man muss bei beidem genau hinsehen.

Vielen Dank!

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