Titelbild: Der Wolf – Räuber, Jäger und Nachbar? Quelle: via pixabay

Die Wölfe in Deutschland zählen zur mitteleuropäischen Flachlandpopulation. Diese ist eine von zehn Wolfspopulationen in Europa. Zurzeit erholen sich die verschiedenen Populationen und die Wölfe breiten sich in den verschiedenen Ländern Europas wieder aus. Aus biologischer Sicht, und für die Tierart Wolf, wäre es wichtig, dass die verschiedenen Populationen wieder miteinander in Verbindung treten. Im ersten Interview dieser Reihe spricht Helene Möslinger über die Wolfspopulation in Deutschland und den Umgang mit der Tierart.

Abb.1: Helene Möslinger – Biologin und Wolfsexpertin. Quelle: Helene Möslinger.

Helene Möslinger ist seit Mai 2017 Vollzeit beim LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung tätig und arbeitet zudem seit sechs Jahren im Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ in Rietschen.

Worin besteht die Aufgabe des Kontaktbüros?

Das Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ ist die zentrale Ansprechstelle für Behörden, PressevertreterInnen und die Bevölkerung. Unsere Aufgabe ist es, die Bevölkerung objektiv, offensiv, ehrlich und zeitnah über den Wolf, dessen Rückkehr und das Zusammenleben mit ihm zu informieren. Das Wissen über diese Tierart zu erhöhen, um unter anderem, Vorurteile und Ängste abzubauen, ist unser Ziel. Die Arbeit beinhaltet die Beantwortung von allgemeinen bis speziellen Fragen über Wölfe; sei es per E-Mail, Telefon oder in einem persönlichen Gespräch. Wolfshinweise werden entgegengenommen und an das LUPUS Institut, welches das Monitoring in Sachsen koordiniert, weitergegeben. Wir nehmen uns den Ängsten und Sorgen der Bevölkerung an und wirken ihnen entgegen. Die Wissensvermittlung über den Wolf soll in Zukunft ein möglichst konfliktarmes Miteinander ermöglichen.

Wie viele Wölfe gibt es zurzeit in Deutschland?

Im Jahr 2016/17 (1. Mai 2016 bis 30. April 2017) wurden in Deutschland 60 Rudel, 13 Paare und drei territoriale Einzeltiere nachgewiesen. Die Entwicklung über die Jahre und weitere Informationen zur Ausbreitung in Deutschland finden sich auf der Seite der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (www.dbb-wolf.de).

Seit wann sind Wölfe in Deutschland wieder heimisch?

Im Jahr 2000 wurde die erste Reproduktion freilebender Wölfe nach etwa 150 Jahren in Deutschland wieder nachgewiesen. Bereits Ende der 90er Jahre hat sich ein Paar im Bereich der Muskauer Heide (Sachsen) eingefunden, welche im Jahr 2000 Welpen großgezogen hat. Nach dem zweiten Weltkrieg wanderten immer wieder einzelne Wölfe in die damalige DDR, diese durften damals erlegt werden. Aus dieser Zeit sind mehrere Nachweise bekannt. Nach der Wiedervereinigung wurde der Wolf 1990 in ganz Deutschland unter Schutz gestellt. Weitere Infos unter www.wolf-sachsen.de und www.dbb-wolf.de.

Wie sieht es mit der Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber dem Wolf aus?

Der Wolf ist weder ein Kuscheltier noch ist er eine Bestie. Wölfe sind Wildtiere, die in der Kulturlandschaft neben uns Menschen leben können. Das Thema Wolf polarisiert. Es gibt extreme Gegner und extreme Befürworter. Eine Umfrage im Jahr 2006 (pdf) von Petra Kaczensky (Universität Freiburg & Wien) im Auftrag des BMU zeigte, dass der Großteil der Bevölkerung dem Wolf eher indifferent gegenübersteht. Ein wichtiger Faktor neben Informationen über die Tierart Wolf ist die Zeit, in der Erfahrungen mit dem Wolf zu leben gesammelt werden können.

Wie, glaubst du, sieht die Zukunft der deutschen Wölfe aus?

Die Wölfe in Deutschland zählen zur mitteleuropäischen Flachlandpopulation. Diese ist eine von zehn Wolfspopulationen in Europa. Zurzeit erholen sich die verschiedenen Populationen und die Wölfe breiten sich in den verschiedenen Ländern Europas wieder aus. Aus biologischer Sicht, und für die Tierart Wolf, wäre es wichtig, dass die verschiedenen Populationen wieder miteinander in Verbindung treten. Ich denke die Frage muss heißen: Wie sieht die Zukunft der Wölfe in Europa aus? Wollen wir mit einem großen Beutegreifer als Nachbar leben und können wir manche Verhaltensweisen ändern (z.B. Anwendung von Herdenschutzmaßnahmen)? Dass ein Zusammenleben möglich ist, zeigt über 15 Jahre Erfahrung in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern. In wie weit wir uns darauf einstellen können, dass wir einem Wolf am Tage und auch in Ortsnähe begegnen können und dass Nutztiere wie vor allem Schafe und Ziegen ordnungsgemäß geschützt werden sollen, um die Schäden gering zu halten, hängt von uns ab.

Was ändert sich?

Da der Wolf in Mitteleuropa weitestgehend ausgerottet war, sind wir es nicht mehr gewohnt mit ihm zu leben. Die Unkenntnis über das Tier, Ängste, Unsicherheit kommen zum Vorschein. Kehrt er nun aber zurück, müssen wir uns mit unseren Vorstellungen, Unerfahrenheit und Ängsten auseinandersetzen.

Wenn ich in einem Gebiet lebe, wo auch Wölfe leben, kann man Hinweise auf den Wolf finden (Kot, Spuren), man kann das Tier sehen, ihn hören. Wir müssen erst wieder lernen mit dem Wolf zu leben. Wie verhält sich der Wolf, wenn er mich sieht? Wie, wenn er einem Auto begegnet?

Ändert sich das Verhalten des Wildes? Mit dem Wolf ist ein stets präsenter Jäger auf der Fläche, der Gewohnheiten rasch mitbekommt. So ist es besser, als Reh flexibler und unberechenbarer zu werden. Dies wiederum kann jedoch die Jagd des menschlichen Jägers erschweren oder zumindest verändern.

Auch die Nutztierhaltung, vor allem von Schafen und Ziegen, kann sich verändern. Wie muss ich die Tiere halten, damit der Wolf nicht einfach an sie herankommt? Trotz allen Überlegungen und Sorgen: Im Grunde kommt aber hier eine Tierart zurück und das in einer Zeit, in der viele Tier- und Pflanzenarten verschwinden. Umso wichtiger erscheint es, jenen Tieren, die auch in der stark durch den Menschen genutzten und veränderten Landschaft leben können, eine Chance zu geben.

Vielen Dank für diesen Einblick in die Wolfssituation in Deutschland!

Wie steht es um den Wolf? – die aktuelle Interviewreihe im bioskop wirft einen Blick auf die Wolfspopulation in Europa. Neben dem Interview mit Helene Möslinger aus Deutschland, folgen Kurzinterviews mit ForscherInnen aus Italien, Kroatien, Polen und Estland).

Titelbild: Quelle: via pixabay.

Der Boden bebt, das Wasser im Glas auch – diese Szene aus dem Film „Jurassic Park“ kennt wohl jeder. Auch die Dinosaurier, die ihre Beute anbrüllten, bevor sie nach ihr schnappten. Aber konnten Tyrannosaurus rex und die Velociraptoren so jemals Beute machen? Bernhard Kegel geht in seinem Buch „Ausgestorben, um zu bleiben“ diesen Fragen nach, beleuchtet die Anfänge der Paläontologie und untersucht die Herkunft der Federn am Dinosaurier.

Bernhard Kegel “Ausgestorben um zu bleiben” (Dumont Verlag)

Warum Bernhard Kegel ein Buch für große Dinosaurierfreunde geschrieben hat? Das erklärt er schon im Vorwort: „(…) die Echsen der Urzeit sind aber in jeder Beziehung zu groß, um sie allein den Kindern zu überlassen“, ist sich Bernhard Kegel sicher. Dass es für Erwachsene kaum aktuelle Bücher über Dinosaurier in deutscher Sprache gibt, beklagt der studierte Biologe und Chemiker.
Was liegt also näher, als die Leserschaft mit auf eine Zeitreise zu nehmen? Einmal ins Mesozoikum und zurück – und unterwegs besuchen LeserInnen weniger bekannte Charaktere, die für die Paläobiologie eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Mary Anning, Fossiliensucherin – geboren 1799 – beispielsweise. Die Tochter eines britischen Tischlers wurde von der Royal Society als eine der zehn bedeutendsten Frauen des Landes genannt, die die Wissenschaftsgeschichte nachhaltig beeinflussten. Wie es Mary Anning so weit schaffte, beleuchtet Kegel ebenso wie den Einfluss der Popkultur auf die gesellschaftliche Vorstellung von Aussehen und Lebensweisen der prähistorischen Flora und Fauna.

Fazit: Ein kurzweiliges, unterhaltsames, aber auch gehaltvolles Buch, das auf etwas mehr als 256 Seiten plus weiterführenden Literaturtipps Lust auf Paläontologie macht. Mit fundiertem Wissen wird das innere Kind wiedererweckt, das alle „Dinonamen“ auswendig wusste und mit FreundInnen am liebsten Dinosaurier-Quartett spielte.

Über das Buch
AUSGESTORBEN, UM ZU BLEIBEN – Dinosaurier und ihre Nachfahren
Bernhard Kegel
2018, Dumont Verlag
270 Seiten, Hardcover

Titelbild: Seeigel und Schnecken im Roten Meer. Quelle: Andreas Kroh

Andreas Kroh

Seit 2005 Forscher und Kurator an der geologisch-paläontologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums in Wien. Zu seinen Aufgaben zählen neben der Forschung auch Sammlungsbetreuung und Ausstellungsgestaltung, sowie die Pflege und Weiterentwicklung der Inventardatenbanken. Seit 2006 ist er auch der Chefredakteur der Annalen des Naturhistorischen Museums, Serie A, einer der wissenschaftlichen Zeitschriften des NHM. Im Jahr 2018 übernahm er zusätzlich zu seinen anderen Aufgaben die Gesamtleitung des Verlages des NHM Wien und ist in diesem Rahmen für die Planung, Produktion und den Vertrieb der vom NHM Wien herausgegebenen Bücher verantwortlich, darunter eine Fülle von Büchern mit biologischen Inhalten, wie die Naturführer des NHM.

1) Beschreibe bitte kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Meine Aufgaben am NHM Wien sind äußerst vielfältig: neben meiner Forschung und der Betreuung eines Teils der paläontologischen Sammlung des Museums kümmere ich mich vor allem um redaktionelle und technische Belange. So sorge ich dafür, dass die interaktiven Stationen im Bereich unserer geologischen und paläontologischen Ausstellung immer einsatzbereit sind und helfe GastforscherInnen wie KollegInnen beim Umgang mit unserer Inventardatenbank. Im Rahmen meiner Tätigkeit als Redakteur der Annalen und Leiter des Verlags des NHM Wien betreue ich diverse Zeitschriften und Bücher des Museums von der ersten Idee bis zum fertig gedruckten Werk. International bin ich auch stark in WoRMS, dem World Register of Marine Species, involviert. Dort bin ich für die Taxonomie, Nomenklatur und Systematik der Seeigel zuständig und derzeit Vice-Chair des WoRMS Steering Committee.

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Durch die große Fülle an verschiedenen Aufgaben ist mein Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich und ich arbeite mit vielen verschiedenen Menschen zusammen – sowohl international, im Rahmen meiner Forschungen, wie auch national und abteilungsübergreifend innerhalb des Museums bei der Produktion von Büchern und Gestaltung von Ausstellungen. Ich liebe neue Herausforderungen und die Vielfalt an unterschiedlichen Tätigkeiten, die meine Arbeit am Museum mit sich bringt. In einem tollen Team, wie dem des Museums, zu arbeiten macht viel Freude. Viele nationale, aber auch internationale KollegInnen wurden über die Jahre zu FreundInnen und es macht Spaß, diese bei Konferenzen wieder zu treffen oder gemeinsam im Gelände oder in Sammlungen zu forschen.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Am schwierigsten ist es, alle verschiedenen Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen und in allen Teilbereichen meiner Tätigkeit einen konstanten Fortschritt zu erzielen. Im „Endspurt“ eines Ausstellungs- oder Buchprojekts kann es durchaus vorkommen, dass es erforderlich ist, sich mehrere Tage ausschließlich auf das jeweilige Projekt zu konzentrieren und andere Tätigkeiten kurzfristig zurückzustellen. Eine weitere große Herausforderung ist die immer schwieriger werdende gesetzliche Situation bei der Geländearbeit, sei es im geologisch-paläontologischen Bereich oder im Bereich von DNA-Proben rezenter Organismen. Die Fülle lokaler Regelungen, nationaler und internationaler Gesetze ist für den/die einzelne/n ForscherIn kaum durchschaubar, AnsprechpartnerInnen bzw. zuständige Genehmigungsstellen sind nicht immer klar definiert oder nicht erreichbar. Materialbezogene Forschung, die Proben aus verschiedensten Ländern benötigt, ist daher meiner Erfahrung nach wesentlich schwieriger und aufwändiger in der Umsetzung geworden.

4) Wie bist Du auf diesen Job aufmerksam geworden?

Ich arbeitete schon während meiner Diplomarbeit und Dissertation wissenschaftlich mit einzelnen MitarbeiterInnen des NHM Wien zusammen und hatte bereits lange bevor ich zu studieren begann den Wunsch, hier zu arbeiten. Meine erste Bekanntschaft mit WissenschafterInnen des NHM Wien war während meiner Jugend, als ich mich an einen meiner Vorgänger, Ortwin Schultz, wandte, um Hilfe bei der Bestimmung von fossilen Haifischzähnen zu erhalten.

5) Welche Qualifikationen sind für Deine Tätigkeit besonders wichtig?

Flexibilität, der Wille neue Techniken und Fähigkeiten zu erlernen, sich und seine Ergebnisse präsentieren zu können und fähig zu sein, im Team zusammenzuarbeiten sind entscheidend in meinem Beruf. Eine sehr gute Kenntnis der englischen Sprache ist heute eine weitere Grundvoraussetzung für NaturwissenschafterInnen.

6) War es schon immer Dein Wunsch eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Bereits als kleines Kind grub ich in einem von meinen Eltern gepachteten Garten nach Mammutknochen (ohne natürlich welche zu finden). Anfangs unterschied ich nicht zwischen der Tätigkeit von ArchäologInnen und der von PaläontologInnen, später jedoch zog es mich immer mehr zu den Fossilien hin. Unterstützt von meinen Eltern (an dieser Stelle sei ihnen herzlichen Dank dafür ausgesprochen!), konnte ich dem Hobby Fossiliensammeln in meiner Jugend intensiv nachgehen und viele Urlaubsziele wurden wegen der Möglichkeit, dort Fossilien zu finden, ausgewählt. Auch mein Biologielehrer in der Oberstufe, Herr Gerhard Deimel, unterstützte mein Interesse tatkräftig. Kurzfristig erwog ich auch ein Chemie-Studium, denn mein Chemielehrer, Herr Ralf Becker, konnte im Rahmen der Chemie-Olympiade meine Begeisterung für dieses Fach wecken. Letztlich gab aber ein Besuch beider Institute und ein Treffen mit Norbert Vavra, der damals am Institut für Paläontologie tätig war, den Ausschlag, dass ich meinem ursprünglichen Wunsch folgend Paläontologie studierte.

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für BiologInnen?

Wie in vielen Bereichen der Grundlagenforschung ist es im Bereich der Biowissenschaften nicht einfach eine Anstellung zu finden. Nicht, weil es nicht genug Arbeit und Fragestellungen gäbe, sondern vor allem, weil die öffentlichen Mittel für die Grundlagenforschung leider sehr begrenzt sind. Wer aufgrund finanzieller Erwartungen in die Wissenschaft geht, wird wohl enttäuscht werden. Wer jedoch mit Begeisterung und Überzeugung an die Sache herangeht, wird automatisch bessere Leistungen erbringen, sich und seine Tätigkeit besser „verkaufen“ können und höchstwahrscheinlich erfolgreicher sein. Oft ist dafür allerdings ein „langer Atem“ und ein gehöriges Maß an Mobilität und Flexibilität nötig, was für die Familienplanung eine Herausforderung sein kann.

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Nein, da ich nicht als Biologe, sondern als Paläontologe angestellt bin, auch wenn sich ein großer Teil meiner Forschung derzeit im Bereich der Evolutionsforschung, Phylogenetik und -genomik abspielt. Ein naturwissenschaftliches Studium im generellen hingegen, ist entscheidend und bildet die Grundlage für eine wissenschaftliche Karriere in diesem Bereich.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Am wesentlichsten sind hier wohl die generellen Grundkenntnisse über die Fülle an Organismen, ihre Morphologie, Diversität, Ökologie usw., die mir im Rahmen meines Paläontologiestudiums vermittelt wurden. Ebenso entscheidend für das Verständnis von Evolution und der Veränderung des Planeten Erde durch die Zeit waren die Grundlagen der Geologie, Sedimentologie und Stratigraphie – da diese ein ganz anderes Verständnis der „Deep Time“ ermöglicht haben, als wenn ich ein Biologiestudium absolviert hätte. Darüber hinaus habe ich einen Großteil der Fähigkeiten, die ich tagtäglich in meinem Beruf benötige, erst später im Berufsalltag erlernt. Und das Lernen hört nicht auf, denn ständig werden neue Methoden und Programme entwickelt, die für meine Forschung wesentlich sind, oder neue Sachverhalte entdeckt, die früher erhobene Daten in neuem Licht erscheinen lassen.

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Sei neugierig, folge deinen Interessen und lass dir die Freude an der Wissenschaft nicht nehmen. Denn nur, wenn du begeistert bist und die Forschung aus innerem Antrieb machst, wirst du erfolgreich sein und berufliche Durststrecken überdauern können – denn sehr oft ist in der Forschung Ausdauer gefragt, mal weil sich die erwarteten Ergebnisse nicht einstellen, mal weil ein Antrag oder Manuskript abgelehnt wird, oder es schwierig sein kann, einen Arbeitsplatz zu bekommen.

Vielen Dank für das Interview!

Titelbild: Karte der Paratethys vor 17 bis 13 Mio. Jahren. Quelle: NordNordWest via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 de

Kronenschnecken galten im Weinviertel als echte Rarität: Die letzte wurde vor rund 100 Jahren beschrieben. Hobby-Paläontologen haben nun neue Exemplare entdeckt. Ein Bericht von den Ausgrabungen am Weinviertler Strand der Paratethys.

Die Sonne brennt auf den Weinviertler Acker – oder darauf, was noch vor wenigen Tagen ein Acker war: Ein großes Loch klafft da, wo sonst Zuckerrüben und Mais angebaut werden. Die unterschiedlichen Grau- und Brauntöne der abgelagerten Bodenschichten erinnern vage an ein Stück Lasagne. Kleine, helle Stückchen ragen keck aus der Rändern. Bei genauerer Betrachtung sieht man, dass es sich um die Schalen von Schnecken und Muscheln handelt. Wo Wolfgang Sovis, der Initiator der Fossilienwelt Stetten, und seine Helfer stehen, war vor Jahrmillionen ein Meer – die Paratethys.

Die Schichten, in denen sich die Muscheln und Schnecken heute verstecken, haben sich über die Jahrmillionen angesammelt. Besonders Turmschnecken finden sich häufig. Bild: Theodora Höger

Vom Weinviertel bis ins westliche Russland zog sich vor etwa 17 bis 13 Millionen Jahren die Paratethys, die ungefähr bei Kärnten mit dem Mittelmeer verbunden war. Im subtropischen Klima tummelten sich Fledermäuse, Reptilien und kleine Säugetiere; das warme Wasser war die Heimat von Tigerhaien, aber auch von Krebsen und Schnecken. Besonders die Häuser von Turmschnecken finden sich häufig am ehemaligen Strand der Paratethys.

Vor etwa 17 bis 13 Millionen Jahren hätte man noch einen Badeurlaub im Weinviertel machen können: Hier verlief der Strand der Paratethys. Bild: NordNordWest via Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Die Männer interessieren sich heute aber nicht für die vielen Turmschnecken. Sie sind auf der Suche nach der Kronenschnecke – ein Tier, dessen Vorkommen in dem Gebiet vor 100 Jahren das letzte Mal belegt werden konnte: „Beim Ackern traten letztes Jahr ein paar Stücke von Kronenschnecken zutage“, erklärt Sovis, der im Brotberuf als Unternehmensberater arbeitet, warum die drei Herren heute genau an dieser Stelle etwas außerhalb des verschlafenen Dorfes Weinsteig den Spaten schwingen.

„Das Band, in dem wir bereits bei der Probegrabung wunderbar erhaltene Exemplare gefunden haben, war gerade einmal 20 Zentimeter breit“, erzählt Sovis von der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Die heutige Grabung gestaltet sich recht einfach – vor allem, weil die Fossiliensucher jahrelange Erfahrung mitbringen: Die Grabungsmethode hat Wolfgang Sovis selbst entwickelt und perfektioniert. Die Männer arbeiten sich mit einer Bohrmaschine und einem Spaten vor bis sich ein Erdbrocken löst. Plötzlich: Ein weißer Zacken! Ob das der erhoffte Sensationsfund ist? Aufgeregt legen sie einen Zacken nach dem anderen frei – vorsichtig, mit dem Pinsel – die Schalen sind zerbrechlich und die Tiere selten. Nach wenigen Minuten ist klar: Die Kronenschnecken sind in diesem Teil der Paratethys nachgewiesen – und noch dazu dürfte es sich um eines der größten Exemplare handeln, die jemals in dieser Gegend gefunden wurden.

Wenn sie fertig präpariert sind, sieht man, woher die Kronenschnecken ihren Namen bekommen. Bild: Theodora Höger; Präparat: Wolfgang Sovis

Aus „Biologie in unserer Zeit“ Heft 4, 2018, S 218- 219; Bioskop-Online-Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der BIUZ-Redaktion und des WILEY-VCH Verlages; Titelbild: Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Foto: Christa Sütterlin

Am 2. Juni ist Irenäus Eibl-Eibesfeldt in seinem Haus in Starnberg nach längerer Krankheit gestorben – zwei Wochen vor seinem 90. Geburtstag. Für viele von uns ist er einer der bedeutendsten Biologen des letzten Jahrhunderts.

Er wurde als Sohn eines Botanikers am 15. Juni 1928 in Wien geboren. Der Vater konnte in Irenäus den begnadeten Naturbeobachter wecken: Renki, wie ihn seine Freunde nannten, hat als Jugendlicher viel Zeit in der Natur verbracht, vieles, was kreucht und fleucht zum Beobachten mit nach Hause gebracht und dabei fürs Leben gelernt.
Ab dem 18. Lebensjahr hat er in Wien Zoologie studiert. 1948 begann auf der biologischen Forschungsstation Wilhelminenberg in Wien die Zusammenarbeit mit Konrad Lorenz, die dazu führte, dass Eibl-Eibesfeldt 1951 mit Lorenz an das Max-Planck-Institut Seewiesen übersiedelt ist.
1970 konnte er die Forschungsstelle für Humanethologie gründen, zunächst mit Sitz in Percha bei Starnberg; ab 1978 in Seewiesen und ab 1988 im prächtigen Schloss Erling in Andechs. Seit 2014 arbeitet die Gruppe Humanethologie, geleitet von Wulf Schiefenhövel, wieder in Seewiesen.

Eibl-Eibesfeldt hat seine wissenschaftliche Laufbahn mit bahnbrechenden tierethologischen Experimenten begonnen und dabei unter anderem die Verschränkung von angeborenen und gelernten Bewegungsabläufen beim Nestbau von Ratten analysiert.
Nachdem er 1953 und 1957 von Hans Hass eingeladen wurde, mit dem Forschungssegelschiff Xarifa die Tiere der Weltmeere zu erkunden, machte er wichtige meeresbiologische Entdeckungen: so hat er als erster Putzersymbiosen bei Fischen beschrieben. Auf der ersten Xarifa-Reise hat er die Galapagos-Inseln kennengelernt und gesehen, dass die Inseln infolge zunehmender Globalisierung ökologisch bedroht waren und sind. Er konnte erfolgreich ihren Schutz bei der Unesco sowie den Bau der Darwin-Forschungsstation auf Santa Cruz anregen.

Pionier der Humanethologie

Berühmt wurde Eibl-Eibesfeldt als Begründer der Humanethologie, einer Disziplin, die auf der Grundlage des Tier- Mensch-Vergleichs die Sonderstellungen des Menschen und über den Kulturenvergleich das gemeinsame Erbe aller Menschen herausstreicht. Der weltweit in der nonverbalen Kommunikation eingesetzte Augengruß, also das freundliche kurze Hochziehen der Augenbrauen, ist eine Verhaltensweise, die er erstmals beschrieben hat.
Viel Aufmerksamkeit hat Eibl-Eibesfeldt dem Zusammenhang zwischen Brutpflege und Sozialverhalten geschenkt. So hat er immer wieder betont, dass „Brutpflege eine Sternstunde der Evolution“ gewesen sei, weil durch sie Liebe, Bindung und Freundlichkeit in die Welt gekommen sind und im Laufe der Evolution auch im sozialen Kontext zwischen Adulten Verwendung gefunden haben. Nur wenige Biologen vor ihm haben sich für Seelenaspekte, wie Freundlichkeit und Liebe interessiert.
Hinsichtlich Sozialverhalten war die Soziobiologie für ihn wegen ihres engen Fragenspektrums ein Spezialgebiet der Ethologie. Das ist eine Sicht, die er z.B. im Stichwort Ethologie des Lexikons der Biologie (Spektrum-Verlag) unterstrichen hat.

Abb. 1 Eibl-Eibesfeldt bei der Feldforschung. Das Verhalten von europäisch noch nicht akkulturierten Völkern dokumentierte er auf 300 Kilometern 16 mm-Film. Foto: Christa Sütterlin.

Bei der Dokumentation des menschlichen Ausdrucksverhaltens hat Eibl-Eibesfeldt viele der sich bietenden Möglichkeiten ausgeschöpft und so auch gehörlos und blind Geborene studiert und gefilmt. Obwohl diese Kinder die Mimik Anderer nicht nachahmen können, lachen und weinen sie genauso wie Sehende. Schon Darwin hat vermutet, dass die Mimik aller Völker [fast] identisch, also angeboren, ist und zu den kulturunabhängigen Universalien gehört. In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts konnte Eibl-Eibesfeldt dies bestätigen, indem er das Verhalten der letzten noch nicht europäisch akkulturierten Völkern wie die Yanomami, Jäger und Pflanzer in Venezuela, die Himba, Viehzüchter sowie die „Buschleute“, Jäger und Sammler in Namibia, die Eipo, Jäger und Pflanzer sowie die Trobriander, Fischer und Pflanzer in Neuguinea besuchte und mit Hilfe von 300 Kilometern 16 mm-Film dokumentierte (Abbildung 1).
Die Filme sind ein Beitrag zur Völkerverständigung, da man in ihnen das gemeinsame Erbe aller Menschen vor Augen geführt bekommt. So ist zu hoffen, dass das humanethologische Filmarchiv zum Weltkulturerbe erklärt wird.

Interdisziplinarität und Toleranz

Eibl-Eibesfeldt hat für seine Forschungsprojekte andere Biologen und Ethologen, Völkerkundler, Linguisten und Mediziner mit ins Boot geholt, die sich auf jeweils eine Region konzentrierten. Weil ihn nicht nur das ungestellte alltägliche Verhalten der Leute interessierte, sondern auch ihr Denken, Fühlen und Sprechen, also ihr geistig-seelisches Innenleben, hat er sich auf ein Terrain begeben, für das ihm nach dem Selbstverständnis vieler Geisteswissenschaftler die nötige „Disziplinierung“ oder fachliche Qualifikation fehlte. So gesehen ist es verständlich, dass Eibl-Eibesfeldt der Meinungsvielfalt in seinem Institut gelassener gegenüberstand, als es Andere der Humanethologie gegenüber waren. Die Anerkennung der Humanethologie setzt das Begreifen der Bedeutung Darwins voraus: die Evolution hat nicht nur am Leib, sondern auch an der Seele Spuren hinterlassen hat, die es zu lesen gilt.

Eine zentrale Frage hat Eibl-Eibesfeldt immer wieder fokussiert: Wie kommen wir Menschen in einer Umwelt zurecht, an die wir aufgrund der Veränderungen, die wir selbst machen, nicht mehr so gut angepasst sind? Für diese Frage und daraus resultierende Theorien erweisen sich Forschungen bei so genannten Naturvölkern als nützlich und notwendig, weil sie noch unter Bedingungen leben, für die Homo sapiens evolutionsbiologisch gemacht ist. In diesem Kontext ist auch der Tier-Mensch-Vergleich unverzichtbar, zumal wir mit den uns am nächsten verwandten „Tieren“ über 98 % der Gene teilen. So gesehen kann es nicht sein, dass die Welt der Tiere bis zu den Menschenaffen von der Zoologie erforscht wird und des Menschen Psyche und Seele nur von den Geisteswissenschaften. Auch bei der Diskussion, wie der Schimpanse und der Steinzeitmensch in uns in Schach zu halten sind, wo sie im Computerzeitalter schaden, ist ethologisches Wissen nützlich.

Eibl-Eibesfeldt hat viele Bücher geschrieben, die zum Teil in mehrere Sprachen übersetzt und zu Bestsellern geworden sind. Dazu gehören die Fachbücher „Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung“ und „Die Biologie des menschlichen Verhaltens“. In ihnen finden sich Beiträge zur Entwicklungspsychologie, Bindungstheorie, Inzesthemmung, Sexualmedizin, Friedens- und Psychotherapieforschung, den Sozial- und Kommunikationswissenschaften, sowie zu den großen Themen Trauer, Hierarchie, Aggression und Menschenwürde. Die Ethologie als Orientierungswissenschaft liefert darüber hinaus auch Wissen, das der Verständigung zwischen Humanwissenschaften dienlich ist. Wie kann dieses große Vermächtnis genutzt werden? Ein Teil des Wissens ist enzyklopädisch übersichtlich aufbereitet und als Lehrinhalt in Schulen, Fach- und Hochschulen geeignet, darüber hinaus wurde der Großteil der veröffentlichten Filme aus dem humanethologischen Filmarchiv digitalisiert und damit zu einem zeitgemäßen Lehrmittel transformiert.

Titelbild: Myriam Visram taucht mit ihren Lesern in die Leidenschaft und Wissenschaft des Kochens ein. Quelle: Myriam Visram

Myriam Visram_Portrait

Myriam Visram

Bloggerin und Wissenschafterin

… und eine luxemburgische, englische, europäische „mischmasch“-Weltbürgerin. Sie hat einen BSC der Forensik und einen MSC und PhD der Biochemie und molekularen Biomedizin. Anfang letzten Jahres startete Myriam als Ausgleich zu vielen Bewerbungsschreiben einen Foodblog – Milly’s Melting Pot. Neben den Rezepten der Fusionsküche, versucht sie dort ihren Lesern auch die Biochemie des Essens und des Alltags näher zu bringen. Nach wenigen Monaten hat sich aus dem Blog eine wahre Leidenschaft entwickelt, sodass Myriam Visram Ende letzten Jahres ein Einzelunternehmen gründete. So wurde das Hobby zum Hauptberuf. Nun arbeitet sie als „Frau für alles“: Gründerin, Marketingmanagerin, Buchhalterin, Köchin, Wissenschafterin und vieles mehr.

1) Beschreibe kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Zum einen schreibe und suche ich interessanten Content für meinen Blog. Und zum anderen kümmere mich dann um die dazugehörenden sozialen Medien, das Marketing und vieles mehr.
Normalerweise fange ich mit einem 3/6/12 Monatsplan an, um mir der Richtung klar zu sein, in die ich gehen will. Zur Erarbeitung eines Rezeptes gehört auch das Einkaufen, Kochen, Dekorieren, Fotografieren, Fotos bearbeiten, Beitrag schreiben, veröffentlichen, bewerben etc. An einem Beitrag arbeite ich oft 15- 20 Stunden. Da steckt mehr Arbeit dahinter, als man glaubt!

Auf meinem Blog gibt es auch eine eigene Rubrik „The bubbly biochemist“ mit Artikeln, welche die wissenschaftliche Seite von Ernährung und Kochen zeigen. Über die Biochemie des Alltags zu schreiben ist sehr anders. Um jeden Artikel glaubwürdig und wahrheitsgemäß zu schreiben, muss ich gründlich recherchieren – Papers lesen, Informationen sammeln, vergleichen, analysieren. Am Schluss versuche ich einen Artikel zu schreiben, der für jeden verständlich ist. Der Zeitaufwand ist groß, aber es macht enorm viel Spaß! Da es aber so viel Zeit in Anspruch nimmt, schreibe ich nur einmal im Monat (oder weniger) einen Artikel für diese Rubrik. Ich spiele aber jetzt auch mit dem Gedanken, diese Rubrik nur aus Gastartikeln zu gestalten.

Ich versuche auch den Blog durch verschiedene Strategien zu erweitern und bekannter zu machen. Dazu gehört auch viel Fortbildung, da ich selber nicht aus dem Marketing komme. Zum Beispiel versuche ich mich jetzt in den Bereichen „Social Media Marketing“ fortzubilden, da ich dies tagtäglich brauche. Hier kommt mir meine wissenschaftliche Ausbildung sehr zugute, wie zum Beispiel die Fähigkeit viele Informationen schnell und kritisch zu analysieren, zu hinterfragen und dann das Beste herauszufiltern.


Abb. 2: Knoblauchbutter mit Wildblüten: Auf dem Blog gebe ich auch Tipps und Tricks, wie man viele Sachen selber zu Hause machen kann, unter anderem seine eigene Butter oder hausgemachten Naturjoghurt. Quelle: Myriam Visram

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Am meisten gefällt mir, dass ich meine Energie für etwas hergebe, das ich gerne mache und das mich glücklich macht. Besonders gefällt mir die Vielseitigkeit der Tätigkeiten und dass ich mich in so viele andere Richtungen fortbilden und entwickeln kann. Mir gefällt auch, dass bis zu einem gewissen Grad der Erfolg dieses Unternehmens in meinen eigenen Händen liegt, und dass ich tagtäglich aufstehen darf, um das zu tun was ich liebe – kochen!

Ein Herzenswunsch ist aber auch, die Erfolge der Wissenschaft, denen oft mit Skepsis und Angst begegnet wird, einem breiteren Publikum bereitzustellen. Der wissenschaftliche und technologische Fortschritt ist sehr schnell – sogar als Wissenschafterin habe ich manchmal Mühe das ganze Ausmaß des wissenschaftlichen Fortschritts zu verstehen. Die „Science Busters“ machen das zum Beispiel gerade auf wundervolle Art und Weise einem breiten Publikum zugänglich.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Schwierig ist derzeit (wie bei jeder Gründung), dass es Zeit braucht, ein qualitativ hochwertiges Produkt auf den Markt zu bringen, das durch Authentizität die Menschen anspricht und das man dann auch monetarisieren kann. Das Geld ist knapp, die Angst ist groß, aber die Leidenschaft enorm!

Persönlich ist aber immer noch die größte Herausforderung, an mich selber zu glauben – zu glauben, dass ich es schaffen kann! Damit hadere ich jeden Tag!:) Mittlerweile ignoriere ich aber diese Zweifel und schreite voran! Denn was ist das Schlimmste, das passieren kann?

4) Wie bist Du auf Deinen Job aufmerksam geworden?

Der Blog ist als Hobby entstanden: Ich wollte am Anfang eine Art Tagebuch mit meinen Familienrezepten schreiben. Aber eigentlich wollte ich alles auf Papier niederschreiben – so ganz „old school“. Dann hat mein Freund vorgeschlagen, ich soll alles online machen, um es mit meiner Familie teilen zu können. Von da an ist der Ball ins Rollen gekommen. Der Blog entwickelt sich jeden Tag weiter. In Europa ist die Blogger-Szene gerade enorm am Wachsen und ich wollte daher diese Chance nützen.

5) Welche Qualifikationen sind für Deine Tätigkeit besonders wichtig?

Durch meine Qualifikation als Naturwissenschafterin bin ich sehr organisiert, habe einen guten Überblick und ein gutes analytisches Denkvermögen. Als Biochemikerin habe ich einen ganz anderen Ansatz in der Küche: ich versuche zu verstehen, wie alles funktioniert und wie ich verschiedene chemische und physikalische Prinzipien auch zuhause anwenden kann. Zum Beispiel: Wieso es wichtig ist, die Pasta ohne Öl im Wasser zu kochen! Ich glaube am meisten hilft mir aber gerade meine Fähigkeit als Wissenschafterin schwierige Informationen verständlich aufzubereiten und zu erklären. In diesem Sinne ist auch die Idee eines Kinderbuches geboren worden, das den Kindern einen verständlichen und gesunden Zugang zum Essen erklären soll.
Was mir ein bisschen fehlt, ist das Wissen im Marketing und Grafikdesign. Dafür investiere ich aber gerne in kompetente Hilfe. (Mit der Buchhaltung tue ich mir auch sehr schwer 🙂 .

Abb. 3: Schnelle Tomaten-Knoblauch-Linguine. Quelle: Myriam Visram

Abb. 3: Schnelle Tomaten-Knoblauch-Linguine. Quelle: Myriam Visram

6) War es schon immer Dein Wunsch, eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Früher habe ich eine akademische Karriere in der Forschung angestrebt. Nach dem Abschluss meines Doktorats habe ich aber gemerkt, dass diese Karriere doch nichts für mich ist. Ich habe lange gebraucht, um es mir selber einzugestehen.

Wichtig ist es zu wissen, dass kein Wissen je verloren ist. Und so nutze ich auch mein biochemisches Wissen in der Küche und in meiner Blogrubrik „The bubbly biochemist“. Dort versuche ich, den Lesern alltägliche Wissenschaft näher zu bringen. Zum Beispiel habe ich einen Artikel geschrieben, der die Unterschiede zwischen Homöopathie und Pflanzenheilkunde erklärt.

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für Biologinnen und Biologen?

Als Blogger ist man selbstständig und muss daher sein Business selber aufbauen. Dazu gehört viel Kreativität und Durchhaltevermögen. Die Konkurrenz in der Foodblogszene ist groß und man muss sich von den Mitstreitern klar unterscheiden.

Die Öffentlichkeit hat aber großes Interesse am wissenschaftlichen Fortschritt, deshalb denke ich, dass man als Biologe/Biochemiker in der Wissenschaftskommunikation den Zahn der Zeit treffen kann! Die Menschen wollen wissen, was sie essen und wie es auf sie wirkt. Wie bleibt man gesund? Wie funktioniert mein Körper? Das sind alles Themen, auf die die Menschen sehr positiv und neugierig reagieren.

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig; welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Mein naturwissenschaftliches Studium hilft mir enorm, da man als Wissenschafter oder Wissenschafterin nicht nur Fakten lernt, sondern es wird einem eine ganz spezielle inquisitive und analytische Denkweise mitgegeben. Als Forensikerin habe ich gelernt, wie man sein Umfeld anschaut, analysiert und mit den „unsichtbaren“ Sachen in diesem umgeht. Zum Beispiel wende ich das Prinzip des „Transfers“ jeden Tag an, wenn es um Hygiene in der Küche geht. Wo ist der Schmutz und wie kann ich die Küche reinigen?

Als Biochemikerin habe ich gelernt, wie der Körper funktioniert und auf seine Umwelt reagiert. Das Studium der Biomedizin hat mir auch geholfen zu verstehen, wie der Mensch als Ganzes funktioniert und nicht nur die Summe seiner Teile.

Außerdem hat mir bei der Planung auch der „Business Management“-Kurs geholfen, den ich seitens des AMS machen durfte, als ich arbeitslos war. Ich finde für jede Arbeit sollte man ein gewisses unternehmerisches Grundwissen besitzen, sei es Marketing, soziale Medien, Buchhaltung etc.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Das meiste Wissen, das ich anwende, ist das Wissen über die Biochemie des Essens, des Körpers und des Alltags. Darüber schreibe ich auch sehr viel.
Als leidenschaftliche Köchin kommen mir aber auch manche Labortricks in der Küche zugute. Zum Beispiel kann man die Farbe eines Rotkohls beeinflussen je nachdem, ob er in einer sauren Umgebung ist oder nicht. Auch kann man theoretisch ohne Eismaschine per Hand Eiscreme machen. Dafür stellt man die Schüssel mit der Eiscrememischung in eine andere Schüssel, die mit Eiswürfeln und Salz gefüllt ist. Durch das „Auflösen“ des Salzes wird die kristalline Struktur aufgebrochen, was wiederum Energie braucht. Diese Energie wird aus der „ersten“ Schüssel mit der Eiscreme gewonnen, was die Mixtur abkühlt. Daran arbeite ich aber noch, um eine Technik zu entwickeln, die bei jedem zuhause funktionieren kann. Bis jetzt habe ich erfolgreich Wasser zum Gefrieren gebracht, der nächste Schritt wird die Eiscreme sein. (Eher Physik als Biochemie, aber Wissenschaft ist Wissenschaft .) 🙂
Ich analysiere auch gerne Rezepte, um herauszufinden was den spezifischen Geschmack ausmacht. Zum Beispiel: bei Erdbeereis werde ich nicht aus Kaloriengründen auf die Sahne verzichten, da der Geschmack von ihr getragen wird. Beim Braten eines Steaks ist die Maillard-Reaktion wichtig, um die typischen Röstaromen zu bekommen!

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Egal was du tust, sei authentisch und höre darauf was dein Herz dir sagt. Investiere in dich! Und nur Geduld – nicht aufgeben. 🙂

Ich würde empfehlen, zu tun was man liebt. Denn nur so wird man Erfolg haben. Ich würde jedem raten, das Abenteuer zu wagen und seinen Traum zu verwirklichen, auch wenn es nicht ums Bloggen geht. So lange man alles ordentlich durchkalkuliert und plant, ist das Risiko minimal!

Vielen Dank für das Interview!

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Milly’s Melting Pot

Titelbild: Mark Benecke – der Sherlock Holmes der Kriminalbiologie. Quelle: Christoph Hardt

Mark Benecke ist Kriminalbiologe. Bekannt als „Herr der Maden“, gelobt als „Popstar der Wissenschaft“ und ins Rampenlicht gestellt als der „tätowierte Politiker“ – doch Mark bleibt Mark. Ein Biologe, der „macht wozu er Bock hat und fertig“. Im Interview erzählt Benecke von seinem Weg in die Kriminalbiologie und forensische Entomologie, das Insektensterben und seine Haustiere, die Fauchschaben (Gromphadorhina portentosa).

Mark Benecke ist Deutschlands einziger öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für biologische Spuren. Als solcher wird er zu unterschiedlichen Kriminalfällen berufen und unterstützt die Spurensuche maßgeblich. So wurde Benecke auch zur Untersuchung von Adolf Hitlers vermeintlichem Schädel (Craniumfragment & Zähne) im Moskauer Staatsarchiv und im Archiv des russischen Inlandsgeheimdienstes (FSB) hinzugezogen.

Seit mehr als 25 Jahren ist Benecke international als Kriminalbiologie tätig und spezialisiert sich hier unter anderem auf die forensische Entomologie. Aktuell betreibt er als freiberuflicher Biologe das Institut „BENECKE FORENSIC BIOLOGY – International Forensic Research & Consulting“ in Köln. Studiert hat er zunächst Biologie/Zoologie und Psychologie an der Universität Köln. Erst durch ein Praktikum in der Rechtsmedizin gelangte er dann in die Forensik und promovierte schließlich auch am Institut für Rechtsmedizin der Universität Köln. Benecke erweiterte seinen Fokus zudem durch diverse internationale Ausbildungen im Bereich der Forensik, u.a. absolvierte er ein Training an der FBI Academy. Später war er auch selber als Trainer auf der Body Farm des FBI in Tennessee tätig.

Wie Mark Benecke selbst sagt, ist er eigentlich einfach „ein Ärmel hochkrempelnder Biologe, der dann auch manchmal vor Gericht sitzt“ und so biologisches Wissen mit kriminalistischen Faktenstrukturen verbindet. Nebenbei trägt Benecke durch die Publikation von Sachbüchern und seine Vorträge vor breitem Publikum zur Wissenschaftskommunikation bei. Thematisiert werden vergangene Kriminalfälle und die spannenden Möglichkeiten entomologischer Untersuchungen in der Forensik, Tötungs-Methoden wie Erhängungen und Enthauptungen und, wie könnte es anders sein, der Kreislauf des Lebens. Ein informativer und spannender Abend ist garantiert.

Im Interview mit dem bioskop erzählt Mark von seinem Weg in die Kriminalbiologie und forensische Entomologie, das Insektensterben und seine Haustiere, die Fauchschaben (Gromphadorhina portentosa).

Fangen wir doch einfach ganz von vorne an. Die meisten BiologInnen in meinem Bekanntenkreis haben schon in der Kindheit Heuschrecken im Lupenglas beobachtet und Farbtabletten in Eprouvetten gemischt. Wie bist Du zur Biologie gekommen?

Als Kind wollte ich Koch werden. Aber die Spurensuche und das Experimentieren, vor allem in der Chemie, haben mich auch schon immer interessiert. Damals habe ich Staub auf Tesafilm geklebt und unter einem ganz billigen Mikroskop angeschaut oder auch jahrelang versucht, Schneeflocken mit Lack einzufangen. Ich liebe Tatsachen, Beweisbares und Messbares. Das erfahren wir durch Experimente, sonst nicht. So kam das dann, dass ich Biologie studiert habe.

Und die BiologInnen hatten die besten Partys. Kein Witz.

Fakten und Spurensuche – da bist Du in der Forensik genau richtig. Wie sieht denn Dein Arbeitsalltag als Kriminalbiologe aus?

Das kommt auf den Fall an. Wenn es sich um einen aktiven Tatort handelt und die Zeit da ist, dann gehe ich auf Spurensuche und bin mit der Tatortrekonstruktion beschäftigt. Erstmal wird alles dokumentiert. Wenn es um die Bedeutung der Spuren für den Fall geht, lautet die Regel: Ich glaube erst einmal gar nichts. Niemals das annehmen, was vermeintlich offensichtlich ist – ganz im Gegenteil. Man muss neutral und ohne jede Annahme vorgehen. Ich halte mich da an Sherlock Holmes: “There is nothing more deceptive than an obvious fact.”

Die Aufträge bekommen wir von verschiedenen Leuten. Grundsätzlich kann mein Team und mich jeder beauftragen. Ich arbeite für offizielle Stellen und für Angehörige, wenn sie nicht zu traumatisiert sind und noch Energie für die Fallarbeit haben. Wir kriegen auch oft Akten, und entweder der Angehörige, Staatsanwalt, Polizist oder auch Journalist sagt: Guck mal, hier stimmt etwas nicht.

In einigen Fällen übergibt uns die Polizei die Insekten direkt und wir bestimmen dann erst im Labor die wichtigsten Fakten, wie Art, Lebensraum, Alter, Lebenszeit auf der Leiche und so. Durch solche Details lässt sich schon einiges feststellen, das für die Fallbewertung interessant ist.

Welche Spuren sind an einem Tatort für Dich interessant?

Blutspuren, genetische Fingerabdrücke, Insekten, auch andere Spuren – jedes kleine Detail kann spannend sein oder werden. Sogar Teelichter. Ich wurde einmal zu einem Mordtatort gerufen, an dem noch Teelichter brannten. Ein scheinbar nebensächliches Detail. Ich habe sie dennoch fotografiert und im Nachhinein haben die Fotos bei der zeitlich-räumlichen Rekonstruktion der Tat geholfen.

Insekten sind für das Verständnis auch sehr hilfreich. Ich gucke mir Gliedertiere an, um beispielsweise Hinweise zu bekommen, wie lange die Leiche am Fundort war oder ob sie mit Sicherheit längere Zeit am Fundort gelegen hat und nicht transportiert wurde.

Bei deinen Interviews und Auftritten thematisiert Du auch ein sehr wichtiges Thema: Das Insektensterben. Beeinflusst der Artenverlust auch Deine Arbeit?

Die Untersuchung von Todesfällen wird dadurch schwieriger. Vor dreizehn Jahren ist uns das Insektenproblem zum ersten Mal aufgefallen. Da fielen uns im Sommer die Schmeißfliegen (Calliphoridae) weg, deren Larven wir zur Bestimmung der Leichenliegezeit verwenden. Wir müssen also drumherum arbeiten und uns mehr auf andere Spuren konzentrieren. Ich arbeite ja auch mit Blut, Sperma und so. Es gehen auch manchmal aus anderen Gründen Spuren verloren, so ungewöhnlich ist das also nicht. Wir arbeiten mit dem, was wir haben.

Die Frage ist eher, wie wir Menschen weiterleben können, wenn durch den Verlust anderer Tier- und Pflanzenarten das gesamte Lebensnetzwerk zusammenbricht. Populationszusammenbrüche sind biologisch nichts Besonderes, aber hier wirkt der Mensch mit. Das ist kein Spruch vom Wollsocken-Biolehrer, sondern Realität.

Insekten, Larven, Maden – das sind deine täglichen Wegbegleiter. Hast Du Lieblinge?

Abb.1.: Mark Benecke mit seinen Haustieren – den Fauchschaben. Quelle: Thomas van de Scheck

Eigentlich mag ich ja alle Insekten, denn sie sind großartige, teils uralte Konstruktionen. Aber es ist eine ziemlich einseitige Zuneigung. Insekten interessieren sich nicht für menschliche Gefühle.

Im Berliner Naturkundemuseum bin ich Pate der Markusmücke, auch Markus- oder Märzfliege (Bibio marci) genannt. Die kommen nur einmal im Jahr zum Vorschein. Wenn man eine Markusfliege mit einer Leiche in einen Teppich einwickelt und im See versenkt, kann ich dann anhand der Fliege bestimmen, in welcher Jahreszeit das war. Außerdem sind Markusfliegen ganz schwarz, und ich mag alles, was schwarz ist.

Lustig sind auch Käsefliegenmaden. Die können springen und krümmen sich vorher wie ein Croissant zusammen. Außerdem schreien alle im Labor noch lauter, wenn diese Maden aus einem Leichensack springen.

Siehst Du dich eher als Biologe oder Forensiker?

Eigentlich bin ich einfach ein Ärmel hochkrempelnder Biologe, der manchmal vor Gericht sitzt. Wichtig ist, dass ich im Herzen Biologe bin. Kriminalistik ist einfach eine Anwendung meiner biologischen Tätigkeit.

An der Universität Wien interessieren sich vor allem Studierende der physischen/biologischen Anthropologie für eine Karriere in der Forensik. War deine Karriere ein Glücksfall?

„Karriere“ würde ich es jetzt nicht nennen. Mir macht es einfach Spaß. Meine Frau und ich arbeiten 365 Tage im Jahr und haben keinen Urlaub. Wer spannende, unbekannte Welten im Kleinen erforschen will, hat als freiberufliche/r Forensiker/in einen der vielfältigsten und verantwortungsvollsten Spielplätze im naturwissenschaftlichen Bereich.

Siehst du Bedarf für BiologInnen in der Forensik?

Klar, massenhaft. Es macht nur keiner. Die meisten wollen halt Hubschrauber fliegen, mit Blaulicht herumrasen oder so was. Bei uns geht es aber um Messen, Zählen, Sortieren und Fotografieren. So gesehen trifft unsere Wirklichkeit eigentlich nie die Erwartungen. Wer gerne sehr vertieft und verkauzt rumwurschtelt, extrem ordentlich und sehr ehrlich ist, für den ist das was.

Mein Tipp wäre, auf der Jobsuche auch mal bei der Polizei und bei Routine-Labors reinzuschnuppern. Da herrschen normalere Arbeitsbedingungen.

Gibt es bestimmte Qualifikationen, die man mitbringen sollte?

Ja. Freude an sehr guter, präziser Fotografie, Akribie, Ordnungsliebe, Detailversessenheit und Offenheit für die schrägsten Dinge: Unsere Fälle klingen oft nahezu unmöglich. Wir untersuchen auch Blutwunder, Leichen-Öle, Mumienkeller und dergleichen. Es ist auch zwingend notwendig, jederzeit zu reisen und andere Menschen, Lebensweisen und Kulturen ganz ehrlich und tief zu akzeptieren.

Spaß an Ausrüstung ist auch gut. Ich suche immer neue, noch präzisere Messgeräte, die aber nie digital sein dürfen, weil sie sonst zu schnell kaputt gehen. Ich habe bestimmt schon fünfzig Taschenlampen getestet, und ein großer Testbericht für eine stabile Metall-Tatort-Lampe mit Sperma auf verschiedenen Textilien stammt auch aus unserem Labor.

Hast du noch einen abschließenden Tipp für die Studierenden?

Ja: Arbeiten, nicht reden.

Durch Deine Arbeit bist Du ja ziemlich abgeklärt, wenn es um das Thema „Tod“ geht. Es gibt inzwischen viele Möglichkeiten, wie man den menschlichen Körper nach dem biologischen Tod noch verwenden kann. Angefangen von der Nutzung für Forschung und Wissenschaft bis zum Einsatz als Dünger durch Promession. Hast Du Dir schon Gedanken gemacht, was mit Deinem Körper passieren soll?

Mir egal, das können andere entscheiden. Ich bin dann ja tot und kriege nix mehr mit. Fäulnis im Freien finde ich normal, natürlich und energieeffizient, aber da sich viele Menschen davor gruseln, will ich nichts erzwingen, was anderen unangenehm ist.

Danke für das Interview. Und vielleicht sieht man sich ja bei deiner nächsten Vorstellung in Wien.

PROMESSION ist eine neue Bestattungsmethode, die auf der Forschung der schwedischen Biologin Susanne Wiigh-Mäsak beruht. Der Verwesungsvorgang wird hierbei durch vorheriges kryotechnisches Granulieren und Trocknen der Leiche beschleunigt. Anschließend kann das Granulat kompostiert werden. Die Methode erlangte in den letzten Jahren unter dem Schlagwort „Öko-Bestattung“ mediale Aufmerksamkeit.

MARK BENECKE IN WIEN
Termine: 6. Juni 2018 – Hitlers Schädel
               8. Juni 2018 – Bakterien, Gerüche und Leichen
Ort:         Rabenhof Theater
Rabengasse 3, 1030 Wien
Mehr Informationen zu Mark Benecke: http://home.benecke.com/

Titelbild: Hummel Quelle: Flickr User Rabumms

Dave Goulson ist ein bekannter englischer Biologe, Autor mehrerer Bücher und Naturschützer. Sein bekanntestes Buch „Und sie fliegt doch. Eine kurze Geschichte der Hummel“ (2014, Hanser Verlag) wurde mehrmals ausgezeichnet und ist eine sehr spannende und humorvolle Lektüre über Hummeln. Goulson schafft es in seinen Büchern den LeserInnen die faszinierende Welt der etwas kleineren Lebewesen unseres Planeten näher zu bringen und zeigt wie wichtig auch der Schutz dieser Tiere ist.

Derzeit forscht und lehrt Dave Goulson an der Universität Sussex und hat bereits über 200 wissenschaftliche Artikel über die Ökologie von Bienen und anderen Insekten veröffentlicht.

Professor Dave Goulson war so freundlich und gab uns für das bioskop ein kleines Interview über seine Arbeit als Autor und die Rolle der Biologie in der heutigen Zeit:

What was your motivation to start writing popular science books?
I was keen to reach a broader audience. Scientific publications are read by only a handful of other scientists. My research is on wild bee declines, and what we can do to look after these vital creatures. If we are to ensure a future for our wild bees then we need to get lots of people involved in caring for them – that is my goal.

How do you manage to combine your scientific research and your work as an author?
For me, scientific research and writing go hand in hand with writing articles for a popular audience. If a scientist is not doing work of interest to the public, and is unable to explain to them why his work is important and interesting, then perhaps he is in the wrong profession. Of course, finding the time for both types of writing can be a challenge!

The futurologist John Naisbitt once wrote, that the 21st century will be the age of biology, would you agree?
I’m sure that there will be some amazing scientific advances in the biological area this century. However, my fear is that future generations will know the 21st century as the age of mass extinction, the period when most of life on Earth was lost, and when other vital resources such as soil were squandered, leaving our descendants to eke out their lives on a sad, grey, depleted planet.

Do you think, biologists have a special responsibility to save our ecosystem?
Of course, most biologists are painfully aware of the damage we are doing to our planet. Finding the solutions to the problems will certainly also require biologists. In particular, we need to devise ways to grow food that are truly sustainable.

What is your latest book about?
My new book, Bee Quest, is about my search to find and study the world’s most unusual and endangered bees. It tells their stories, but also I think gives some hope, for I finish with giving some examples of how remarkably resilient nature can be if only we give it the chance to recover.

Can we hope, to enjoy more books of you in the future?
I am currently working on a new book about the little creatures that live in our gardens, the insects, spiders, worms, and toads, and how best we can encourage them to thrive. Perhaps gardening can save the planet.

Thank you very much for the interview!

Ebenfalls im Hanser Verlag erschienene Bücher von Dave Goulson:
Wenn der Nagekäfer zweimal klopft. Das geheime Leben der Insekten (2016)
Die seltensten Bienen der Welt. Ein Reisebericht (2017)
Beide uneingeschränkt zu empfehlen.

Titelbild: Untersuchungsfläche am Hochschwab. Quelle: Harald Pauli

Gebirge sind häufig Hotspots der Biodiversität. Gleichzeitig sind sie aber aufgrund ihres Arten- und Endemiten-Reichtums und den speziellen klimatischen Gegebenheiten durch den Klimawandel besonders gefährdet. Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten beschäftigen sich Forscherteams in der ganzen Welt mit den möglichen Folgen für die alpine Flora. Die Idee dazu entstand in Österreich.

Die internationale Ausrichtung spürt man nicht sofort, wenn man das GLORIA-Büro im 19. Bezirk/Wien betritt. Es ist eine lichtdurchflutete Altbauwohnung in einer ruhigen Lage, umgeben von schicken Häusern und Grünflächen vor den hohen Fenstern. Doch tatsächlich ist GLORIA mittlerweile eine der wenigen langfristigen internationalen Forschungsinitiativen mit Sitz in Österreich.

GLORIA (Global Observation Research Initiative in Alpine Environments)
Ist eine Initiative, die ein internationales Monitoring-Netzwerk für Langzeitbeobachtungen alpiner Pflanzengesellschaften betreibt. Die vergleichenden Studien (sowohl nationaler als auch internationaler Art) zielen vor allem darauf ab, Biodiversitätsmuster zu erfassen und die Auswirkung des Klimawandels auf die Hochgebirgsvegetation festzustellen.

Als Anfang der Neunziger der Klimawandel zu einem Begriff und langsam auch zu einem Thema der öffentlichen Medien wurde, gab es noch sehr wenige Initiativen, die sich mit Langzeitveränderungen durch die globale Erwärmung befassten. „Zu der Zeit war ich Diplomand bei Georg Grabherr und in meiner Dissertation wollten wir die Veränderung in der alpinen Flora untersuchen“, erzählt Harald Pauli, der mittlerweile der Kopf des GLORIA Teams ist. Die Idee war, Gipfel, wie die Hochwilde in den Ötztaler Alpen, von denen es historisch vollständige Artenlisten gab, erneut zu besuchen und ein aktuelles Arteninventar zu erstellen. „Natürlich war nur ein geringer Teil der historischen Daten für einen Vergleich geeignet, doch es ließ sich dennoch ohne Zweifel feststellen, dass nun viel mehr Arten auf den Gipfeln vorkamen“, erinnert sich Pauli an die Resultate der Arbeit, die ihn und seinen Kollegen Michael Gottfried zwei Sommer lang beschäftigte. Die zweite Publikation zu den Ergebnissen schaffte es dann überraschend in der Zeitschrift Nature. „Damit war klar, dass wir in diese Richtung weitermachen müssen“, so Pauli.

Von einer Publikation zu einem weltweiten Netzwerk

Die Motivation, das Projekt fortzuführen war gegeben, allerdings gab es kaum Vergleichsdaten auf nationaler und internationaler Ebene, vor allem aber außerhalb Europas. Meist waren nur mehr oder weniger unvollständige Artenlisten vorhanden, was die Auswertungsmöglichkeiten einschränkte.

„Wir brauchten Genaueres“, schildert Pauli die Situation, die schließlich zu dem mittlerweile internationalen GLORIA-Netzwerk führte. Anfang des Jahrtausends tastete das Team um Georg Grabherr das Interesse der internationalen Forschungsgemeinschaft zu den Forschungsbestrebungen ab und erntete sogleich positive Reaktionen. Das erste EU-Projekt wurde daraufhin eingereicht. Das Netzwerk, das mit 18 Gebieten begann, umfasst mittlerweile 130 Gebiete verteilt auf sechs Kontinente.

Abb.1: Europäische Gebirgsregionen mit GLORIA-Erhebungsflächen. Diejenigen 17 Regionen, die in die erste Erhebung 2001-2008 eingebunden waren sind mit schwarz umrandeten gelben Punkten gekennzeichnet. Quelle: Harald Pauli
Abb.1: Europäische Gebirgsregionen mit GLORIA-Erhebungsflächen. Diejenigen 17 Regionen, die in die erste Erhebung 2001-2008 eingebunden waren sind mit schwarz umrandeten gelben Punkten gekennzeichnet. Quelle: Harald Pauli

Erste Ergebnisse

Im Jahr 2001 erfolgte die erste Erhebung der Gefäßpflanzengemeinschaften auf den Dauerflächen der 66 Gipfel in den 17 europäischen Regionen. Nach der Wiederholungskartierung 2008, lagen die ersten Vergleichsdaten vor. Dabei war ein Höhersteigen der Arten auf fast allen Gipfeln erkennbar. Im Schnitt verschoben sich die Artengrenzen um 2,7 Meter nach oben. Die Artenvielfalt stieg ebenfalls um durchschnittlich acht Prozent an. Dies bedeutet, dass die Pflanzen nicht nur ihre Obergrenzen ausweiten, sondern auch Pflanzen von unten nachdrängen. Dies könnte zu Problemen vor allem bei jenen Pflanzen führen, die bereits am Limit ihrer oberen Verbreitungsgrenze wachsen und nicht mehr weiter ausweichen können. Der Gletscher-Hahnenfuß kann sich beispielsweise gar nicht an höhere Temperaturen anpassen. Er würde, bei Fehlen geeigneter kühlerer Habitate, schnell seine physiologischen Reserven aufbrauchen. Im schlimmsten Fall würde dies lokale Aussterbeereignisse nach sich ziehen. „Ein Aussterben ist aber natürlich schwer festzustellen. Wir können nur einen Rückgang in der Bedeckung oder eine Verdrängung durch andere Pflanzen festhalten und daraus mögliche Schlüsse ziehen“, erklärt Pauli.

Abb.2: Der Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis) ist gut an das raue alpine Klima angepasst. Unter wärmeren Bedingungen sind seine physiologischen Grenzen schnell erreicht. Quelle: Harald Pauli
Abb.2: Der Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus glacialis) ist gut an das raue alpine Klima angepasst. Unter wärmeren Bedingungen sind seine physiologischen Grenzen schnell erreicht. Quelle: Harald Pauli

Die Zunahme der Artenzahlen vollzieht sich jedoch nicht in allen europäischen Regionen gleichermaßen. In mediterranen Gebieten zeigt sich gar eine Abnahme der Artenzahlen. Dies könnte auf einen kombinierten Effekt von Klimaerwärmung und abnehmender Niederschlagsmenge zurückzuführen sein. „Weniger Regen führt zu Trockenstress, den nur wenige Pflanzen aushalten“, folgert Pauli. Diese Ergebnisse seien vor allem deshalb besorgniserregend, führt er weiter aus, da „gerade in den mediterranen Gebieten, die verfügbaren Hochgebirgsflächen sehr klein sind und ein hoher Grad an Endemismus besteht“. Diese endemischen Pflanzen haben wenig Möglichkeiten, ihre Verbreitung den klimatischen Gegebenheiten anzupassen. Bereits nach den ersten sieben Jahren wurden 31 Prozent der 2001 aufgenommenen Endemiten nicht erneut gefunden (Pauli et al., 2012).

Außerdem konnte eine zunehmende Thermophilisierung der alpinen Flora festgestellt werden. Das bedeutet, dass in den untersuchten Regionen, die Bedeckung jener Pflanzen zunimmt, die an höhere Temperaturen angepasst sind. Diese Pflanzen, die normalerweise weiter unten (in der montanen oder subalpinen Zone) wachsen und größer als die meist klein- und langsam-wüchsigen alpinen Arten werden, wandern nach oben und konkurrieren mit den alpinen Arten um Licht. Im Schnitt konnte festgestellt werden, dass sich die Höhenstufen in sieben Jahren um fünf Prozent nach oben verschoben. Dies führt zu einem Schrumpfen der Hochgebirgszonen mit genügend niedrigen Temperaturen für an Kälte angepasste Hochgebirgsarten (Gottfried et al., 2012).

Abb.3: Der Indikator für die Thermophilisierung (D) ist signifikant positiv auf europäischer Ebene. Der rote Strich repräsentiert die mittlere Thermophilisierung in Europa, der grüne Bereich ist das 95% Konfidenzintervall. Orange Punkte und horizontale Balken stehen für den Mittelwert D pro Region sowie die dazugehörigen 95% Konfidenzintervalle. Quelle: Gottfried et al., (2012)
Abb.3: Der Indikator für die Thermophilisierung (D) ist signifikant positiv auf europäischer Ebene. Der rote Strich repräsentiert die mittlere Thermophilisierung in Europa, der grüne Bereich ist das 95% Konfidenzintervall. Orange Punkte und horizontale Balken stehen für den Mittelwert D pro Region sowie die dazugehörigen 95% Konfidenzintervalle. Quelle: Gottfried et al., (2012)

Ausblick in die Zukunft

„Unser Schwerpunkt in den nächsten Jahren wird es sein, vermehrt funktionelle Merkmale gemeinsam mit den anderen Monitoring-Daten aufzunehmen.“, beantwortet Pauli die Frage nach der Zukunft von GLORIA. Damit werden die Interpretationsmöglichkeiten und die Aussagekraft der Daten erheblich verbessert. Funktionelle Merkmale können eine mögliche Thermophilisierung anzeigen oder auf den Rückgang von Niederschlägen hindeuten (skleromorphe Pflanzen). In den mediterranen Gebieten ist der Rückgang der Niederschlagsmenge (siehe „Erste Ergebnisse“) derweil nur eine mögliche Erklärung für den Artenrückgang. Da es weder möglich noch praktikabel wäre überall Wetterstationen zu bauen, kann die Hypothese durch die Untersuchung funktioneller Merkmale geklärt werden.

Allerdings gibt es keine einheitliche Literatur zu diesen Merkmalen, die einen Vergleich über Ländergrenzen hinweg zuließe. Deshalb ist eines der nächsten Ziele des GLORIA-Teams einen vollständigen Datensatz mit diesen Zusatzinformationen, zumindest einmal für Europa, zu erstellen.

Außerdem müssen die Daten, die 2015 im dritten Durchgang des Projekts erhoben wurden, noch analysiert werden. Anhand dieser könnte nun bereits ein Trend in den Entwicklungen prognostiziert werden.

Hürden eines internationalen Langzeitprojekts

Langzeitmonitoring-Initiativen wie GLORIA stoßen aber auch auf viele Probleme, die gleichzeitig als Kritik am Forschungsalltag gesehen werden können, der in den meisten Wissenschaften nun eingekehrt ist. Pauli erklärt die Schwierigkeiten so: „Monitoring-Daten, die nur alle fünf bis zehn Jahre erhoben werden, fallen nicht unter die Kriterien der meisten Fördertöpfe. Aber in Bezug auf den Biodiversitäts- und Klimawandel sind nur solche Projekte wirklich sinnvoll“.

Europaweit gibt es kaum Fördergelder für Projekte, die über mehr als fünf Jahre laufen. Langfristige Finanzierungskonzepte sind nicht en vogue. Deshalb müssen immer neue Projektanträge geschrieben werden, „obwohl sich an der grundsätzlichen Fragestellung nichts ändert und ein Projektdurchgang vielleicht auch gar nicht genug ist, um sie zu beantworten“, so Pauli. Um ein Bestehen der Initiative zu sichern, müsse das Team vermehrt Strategien entwickeln, wie das Monitoring langfristig finanziert werden kann, „weil die Daten ja auch mit jedem Durchgang interessanter und wertvoller werden“.

Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, neue Dauerbeobachtungsflächen außerhalb Europas zu schaffen. Gerade in Afrika und Asien gibt es wenige Monitoring-Flächen. Dies liegt einerseits an der weniger ausgeprägten Tradition zur Feldbiologie und andererseits an der teils fehlenden oder unvollständigen Bestimmungsliteratur. Auch politisch ist die Kooperation zwischen manchen Ländern kaum möglich und Sprachbarrieren erschweren die Zusammenarbeit weiter.

Trotz dieser Hürden ist mit GLORIA etwas gelungen, was bisher kaum denkbar war: In allen Klimaregionen der Erde verteilt auf sechs Kontinente, gibt es WissenschafterInnen, die in gemeinsamer Anstrengung an einer Fragestellung zum möglicherweise brisantesten Problem unserer Zeit arbeiten – den Auswirkungen des Klimawandels.

Harald Pauli

Harald Pauli
Die Berge begleiten den Hochgebirgsökologen bereits in seiner gesamten Laufbahn. Harald Pauli studierte Biologie mit dem Schwerpunkt Botanik an der Universität Wien und arbeitete dann lange Zeit in der Forschungsgruppe um Georg Grabherr zu klimawandel-induzierten Veränderungen von Gefäßpflanzen in der alpinen und nivalen Zone. Mittlerweile ist er Leiter des internationalen GLORIA Netzwerkes und Monitoringprogramms an der BOKU und der ÖAW sowie Vizedirektor des Instituts für Interdisziplinäre Gebirgsforschung, IGF, an der ÖAW.

Titelbild: Urknall. Quelle: Dorthe Landschulz. Aus: Wissenschaftliche Cartoons. Holzbaum-Verlag

Der Titel ist Programm, die Bilder aber lustiger als er erschließen lässt.

Was kann Wissenschaft heutzutage? Menschen Dinge erzählen, die sie dann eh nicht glauben? Oder vielleicht Wissen produzieren, das in der Menge „alternativer Wahrheiten“ untergeht?

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