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Titelbild: Elektronenmikroskopische Aufnahme von Klebsiella pneumoniae; ca. 3 µm lang. (Foto: Janice Carr / CDC – CDC, Atlanta, USA, Wikipedia)

Extrem Frühgeborene haben ein hohes Risiko für Hirnschäden. Wiener Forscher*innen haben Ansatzpunkte für die frühzeitige Behandlung solcher Schäden außerhalb des Gehirns gefunden: Bakterien im Darm der Frühgeborenen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Das Forschungsteam fand heraus, dass die Überwucherung des Magen-Darm-Trakts mit Klebsiella-Bakterien mit einem erhöhten Vorkommen bestimmter Immunzellen und der Entwicklung neurologischer Schäden bei frühgeborenen Babys verbunden ist.

Komplexes Zusammenspiel: Die Darm-Immunsystem-Gehirn-Achse

Die frühkindliche Entwicklung des Darms, des Gehirns und des Immunsystems hängen eng zusammen. Die Forschung spricht von einer Darm-Immunsystem-Gehirn-Achse. Dabei kooperieren Bakterien im Darm mit dem Immunsystem, welches die Darmmikroben im Blick behält und passende Reaktionen darauf entwickelt. Mit dem Gehirn steht der Darm wiederum über den Vagusnerv, aber auch vermittelt über das Immunsystem, in Kontakt. “Wir haben untersucht, welche Rolle diese Achse für die Gehirnentwicklung extremer Frühchen spielt”, sagt der Erstautor der Studie David Seki. “Die Mikroorganismen des Darmmikrobioms – das ist eine lebenswichtige Ansammlung hunderter Arten von Bakterien, Pilzen, Viren und anderen Mikroben im Darm – befinden sich bei gesunden Menschen in einem Gleichgewicht. Gerade bei Frühgeborenen, deren Immunsystem und Mikrobiom sich nicht vollständig ausbilden konnten, sind hier aber Verschiebungen wahrscheinlich, die dann auch negative Auswirkungen auf das Gehirn haben können”, erzählt der Mikrobiologe und Immunologe.

Muster im Mikrobiom geben Hinweise auf Hirnschädigungen


“Tatsächlich konnten wir bestimmte Muster im Mikrobiom und in der Immunantwort identifizieren, die eindeutig mit dem Fortschreiten und der Schwere von Hirnverletzungen zusammenhängen”, ergänzt David Berry, Mikrobiologe und Leiter der Forschungsgruppe am Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien, sowie Leiter der Joint Microbiome Facility – einem wissenschaftlichen Verbund zwischen Universität Wien und Medizinischer Universität Wien. “Entscheidend ist nun, dass sich solche Muster oft noch vor den Veränderungen im Gehirn zeigen. Damit öffnet sich ein kritisches Zeitfenster, in dem man Hirnschäden extremer Frühchen vermeiden oder aber eine Verschlimmerung verhindern kann.”

Umfassende Untersuchung der Entwicklung extrem frühgeborener Säuglinge


Ausgangspunkte für die Entwicklung entsprechender Therapien bieten die Biomarker, die das intersiziplinäre Team identifizieren konnte. “Unsere Daten zeigen, dass ein übermäßiges Wachstum des Bakteriums Klebsiella und die damit verbundenen erhöhten γδ-T-Zellwerte Hirnschädigungen offensichtlich verschlimmern können”, erläutert Lukas Wisgrill, Neonatologe an der Abteilung für Neonatalogie, Pädiatrische Intensivmedizin und Neuropädiatrie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Wien. “Diesen Mustern konnten wir auf die Spur kommen, weil wir für eine sehr spezifische Gruppe von Neugeborenen erstmals detailliert erforscht haben, wie sich das Darmmikrobiom, das Immunsystem und das Gehirn entwickeln und wie sie dabei interagieren”, fügt er hinzu. Die Studie begleitete insgesamt 60 extrem Frühgeborene, die vor der 28. Schwangerschaftswoche und mit einem Gewicht von weniger als 1 Kilogramm geboren wurden, über mehrere Wochen, teilweise Monate. Mit hochmodernen Verfahren analysierten die Forscher*innen das Mikrobiom, Immunzellen, Hirnstrommessungen (z.B. aEEG) und MRT-Aufnahmen des Gehirns der Säuglinge.

Forschung wird in zwei Studien fortgesetzt


Weitere Erhebungen sollen hier auf gleich zwei Ebenen anknüpfen: Die Studie, die als interuniversitäres Clusterprojekt unter der gemeinsamen Leitung von Angelika Berger (Comprehensive Center for Pediatrics, Medizinische Universität Wien) und David Berry (Universität Wien) umgesetzt wurde, ist Startpunkt für ein Forschungsvorhaben, welches das Mikrobiom und seine Bedeutung für die neurologische Entwicklung frühgeborener Kinder noch eingängiger untersuchen wird. Darüber hinaus möchten die Forscher*innen die Kinder der Ausgangsstudie weiterhin begleiten. “Wie sich die motorischen und kognitiven Fähigkeiten der Kinder entwickeln, zeigt sich letztlich erst über mehrere Jahre hinweg”, erklärt Angelika Berger. “Wir möchten noch besser verstehen, wie sich diese sehr frühe Entwicklung der Darm-Immunsystem-Gehirn-Achse langfristig auswirkt.” Die wichtigsten Kooperationspartner*innen für das Vorhaben sind bereits an Bord: “Die Eltern der Kinder haben uns mit großem Interesse und großer Offenheit in der Studie unterstützt”, erzählt David Seki. “Letztlich konnten wir nur deshalb diese wichtigen Erkenntnisse gewinnen. Dafür sind wir sehr dankbar.”

Abb. 1 Seki et al. haben ein umfassendes Profil der Entwicklung von Mikrobiota, des Immunsystems, sowie der Neurophysiologie bei Frühgeborenen erstellt. Ihre Forschung verknüpfte die Etablierung des Mikrobioms im frühen Leben mit immunologischer und neurologischer Entwicklung, und identifizierte potenzielle Biomarker für perinatale Hirnverletzungen. Zusammenfassend (links) zeigten ihre Ergebnisse, dass eine proinflammatorische T-Zellen-Reaktion mit einer unterdrückten elektrokortikalen Reifung korreliert. γδ T-Zellen nahmen dabei eine zentrale Rolle für die weitere Entstehung schwerer Hirnschäden ein. Darüber hinaus war die Überwucherung von Klebsiella Bakterien im Magen-Darm-Trakt in hohem Maße prädiktiv für Hirnschäden. Rechts sind Manifestationen solcher Hirnverletzungen zu sehen. Die repräsentative Abbildungen zeigen eine intraventrikuläre Hirnblutung (IVH; rechts oben), sowie eine periventrikulären Leukomalazie (PVL; rechts unten), und wurden via bildgebender Schädel-Kernspintomographie aufgenommen. (© Seki et al., 2021)

Publikation in Cell Host & Microbe:
“Aberrant gut microbiota-immune-brain axis development in premature neonates with brain damage.” David Seki, Margareta Mayer, Bela Hausmann, Petra Pjevac, Vito Giordano, Katharina Goeral, Lukas Unterasinger, Katrin Klebermaß-Schrehof, Kim De Paepe, Tom Van de Wiele, Andreas Spittler, Gregor Kasprian, Benedikt Warth, Angelika Berger, David Berry & Lukas Wisgrill. Cell Host & Microbe (2021), DOI: 10.1016/j.chom.2021.08.004

Titelbild: Voralpenseen sind von Cyanobakterien besiedelt, welche bei Überdüngung und Temperaturschichtung der Wassersäule Algenblüten bilden. Quelle: R. Kurmayer

Voralpenseen gelten als Juwelen der Alpenregion. Durch Überdüngung und Klimaerwärmung vermehren sich Problemalgen, die an tiefe Seen der Alpenregion angepasst sind. Welche Rolle für die Besiedlung und Blütenbildung im Ökosystem dabei der Synthese von toxischen Peptiden zukommt, ist unbekannt und wird erforscht.

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Die Beer Buddies und Mikrobiologen Dr. Andreas Weilhartner und Dr. Christian Semper sind seit wenigen Wochen offiziell die Gründer und Betreiber der nachhaltigen Bierbrauerei „The Beer Buddies“ im oberösterreichischen Tragwein.

1) Beschreibt bitte kurz Euren Arbeitsalltag. Was sind Eure Hauptaufgaben?

The Beer Buddies: Dr. Andreas Weilhartner (links) und Dr. Christian Semper (rechts)

Wir haben erst vor kurzem eröffnet, also hat die Routine noch nicht so richtig Einzug gehalten. Momentan brauen wir von Montag bis Mittwoch Bier, am Donnerstag müssen wir das Bier dann abfüllen und dann sind auch organisatorische Tätigkeiten fällig, Freitag und Samstag haben wir einen Ab-Hof-Verkauf und der Sonntag ist meist für die Buchhaltung reserviert.
Zusätzlich zum Brauereibetrieb in einem 400 Jahre alten Hof im oberösterreichischen Tragwein stellen wir Teile des Gebäudes auch als Event-Location zur Verfügung und organisieren auch selbst Events. Das heißt, auch Eventmanagement und PR wollen neben Brauereibetrieb und Content Management unserer Internet- und Social Media-Seiten in unserer 7-Tage-Woche noch untergebracht werden.

2) Was gefällt Euch an Eurem Job am meisten?

Bierbrauen verstehen wir als Kunst. Daher ist es uns immer schon ein Anliegen gewesen, dass wir ein qualitativ hochwertiges, andersartiges Bier auf den Markt bringen können. Die masssenproduzierten Biere geben geschmacklich doch viel zu wenig her! Besonders gut gefällt uns aber auch, dass wir von der Herstellung bis zum Verkauf selbst Einfluss auf das Produkt haben – mit allen Konsequenzen. Außerdem ist es natürlich toll, sein Hobby zum Beruf machen zu können!

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Eurem Beruf? Was sind für Euch die größten Herausforderungen?

Anfänglich war die größte Herausforderung der Weg in die Selbstständigkeit an sich: Es kostet sehr viel Geld, selbstständig zu werden – ganz besonders, wenn eine Produktionsanlage dafür benötigt wird. Die Banken geben aber kaum mehr etwas für Geschäftsideen her. Umso wichtiger ist die Investorensuche – und dafür braucht man einen Businessplan. Außerdem muss man damit rechnen, dass man mindestens das erste halbe Jahr kein Einkommen hat. Im Tagesgeschäft ist die größte Herausforderung eigentlich der Dschungel an Steuergesetzen, mit denen man sich herumschlagen muss. Einen guten Steuerberater an seiner Seite zu haben, hilft hier aber enorm!

4) Was hat Euch dazu bewogen, eine Brauerei aufzumachen?

Wir waren schon seit der Studienzeit leidenschaftliche Biertrinker – Beer Buddies eben! Schon bald hat uns aber die Qualität der Massenware überhaupt nicht mehr vom Hocker gerissen, dann haben wir eben kleinere Brauereien aufgesucht. Auf der Uni hatten wir dann einen Professor, der es uns ermöglichte, an der FH Wels an einem Braukurs teilzunehmen. Das Bier vom Braukurs war total anders – eine richtige Geschmacksexplosion! Und das Tolle daran war: Die waren gerade dabei, ein Heimbrauset zu entwickeln. Dann haben wir uns so eines für 400€ angeschafft, und haben zu Hause weiter an Rezepten gearbeitet. So wurden wir 2012 zu Hobbybrauern. Weil immer mehr Freunden unser Bier geschmeckt hat, mussten wir die Produktion dementsprechend vergrößern.
Nach der Promotion 2014 habe ich (Anm.: Andi) mich entschieden, mich selbstständig zu machen. Also haben Christian und ich beschlossen, wir kaufen uns eine Brauanlage. Neu sind die sehr teuer, aber wir haben dann sehr schnell eine gebrauchte finden und reparieren können. Wir hatten dann nur ein Problem: Wohin eigentlich damit? Die Standortsuche für eine Brauerei ist nämlich gar nicht so einfach: Die Wasserqualität muss schon einmal stimmen. Weich sollte das Wasser sein und frei von Belastungen. Das heißt keinesfalls in der Nähe intensiv bewirtschafteter landwirtschaftlicher Flächen und ein calciumarmes Gestein als Untergrund. Schlussendlich hatten wir nach vielen Wasserprobenahmen in Niederösterreich, Wien und Oberösterreich das Glück, dass mein Nachbar im Mühlviertel, ein Architekt, von meiner Idee so begeistert war, dass er uns unseren heutigen Standort angeboten hat: ein 400 Jahre alter, denkmalgeschützter Hof, der früher eine Schmiede war am Kettenbach. Ein Brunnen und die erhoffte ausgezeichnete Wasserqualität waren auch schon vorhanden und so konnte es gleich mal losgehen! Es ist halt so, wie ich oft sage: „Wenn man wirklich an etwas glaubt, dann ergibt sich das auch!“

5) Welche Qualifikationen sind für Eure Tätigkeit besonders wichtig?

Die Brauerei ist seit kurzem ein freies Gewerbe – das bedeutet, dass man die Lehre zum Braumeister nicht zwingend machen muss, um selbst eine Brauerei zu eröffnen. Mikrobiologe zu sein schadet aber auf gar keinen Fall: man hat ja ein gutes Gespür für Hygiene, versteht sich darauf, mit Hefen zu arbeiten und tut sich auch leicht damit, wissenschaftliche Publikationen zu lesen. Man möchte gar nicht glauben, wie wertvoll es ist, das zu können: an Hopfen- aber auch Hefevariationen wird unglaublich viel geforscht! Mindestens genau so wichtig ist es aber, mit Leuten umgehen zu können. Man muss serviceorientiert sein und auch dann freundlich bleiben können, wenn man schon richtig genervt ist.

Interessant war auch die Ausbildung zum Biersommelier: Da haben wir nicht nur unser Wissen über die Technik erweitern können, sonder auch gelernt, wie man Bierfehler erkennt. Außerdem haben wir auch mehr über Food Pairing, also die idealen Kombinationen von Bier mit Essen, gelernt – das war schon sehr spannend!

6) War es schon immer Euer Wunsch, eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattet Ihr früher andere Berufswünsche?

Eigentlich stand im Raum, beim Wasseramt anzufangen. Ich (Anm.: Andi) hatte ja erst auch Limnologie studiert. Dadurch, dass meine Frau aus Honduras ist, bin ich aber im Zuge von Familienbesuchen mit vielen sozialen Gegensätzen in Kontakt gekommen. Von ihren, teilweise sehr erfolgreichen, Verwandten habe ich dann auch viele Lektüren zum Thema Entrepreneurial Spirit bekommen: Richard Branson, Steve Jobs und Donald Trump sind schon recht interessante Persönlichkeiten – sie hatten, wie ich auch, den Wunsch, etwas Eigenes zu kreieren. Schlussendlich haben sich Christian und ich dann durchaus bewusst dazu entschieden, als Bierbrauer den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Bislang haben wir es noch nicht bereut!

7) Wie seht Ihr die Arbeitsmarktsituation in Eurem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für Biologen?

Momentan sind Craft Beers ein Trend – die Leute wollen andersartiges Bier! Die Craft Beer-Lokale schießen ja gerade wie die Schwammerl aus dem Boden. Blauäugigkeit ist aber nicht angebracht: die Umstände müssen schon passen, um sich selbstständig zu machen. Wir haben zum Beispiel auch das Glück, dass unser Bürgermeister unsere Firma sehr pusht. Er hat uns geholfen, dass die Medien auf uns aufmerksam werden. Berichterstattung ist natürlich sehr wichtig. Wenn Kapital vorhanden ist und das Konzept passt, ist gerade jetzt ein guter Zeitpunkt, um durchzustarten!

8) Ist ein Biologiestudium für Eure Arbeit notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Nötig ist es bestimmt nicht. Im Grunde „reicht“ eine Lehre als Braumeister völlig. Hilfreich sind aber wie gesagt sicherlich viele Kenntnisse, die wir im (Mikro-) Biologiestudium erworben haben. Und auch die Ausbildung zum Biersommellier war von Vorteil. Grundsätzlich gilt aber: Am wichtigsten ist, dass man den „Entrepreneurial Spirit“ auch selbst hat: man muss von seiner Idee überzeugt und auch wirklich bereit sein, deutlich mehr als 40 Stunden pro Woche zu arbeiten.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigt Ihr in Eurem Berufsalltag am häufigsten?

Inhaltlich kommen uns vor allem Kenntnisse im Bereich Fermentation, Hygiene und Mykologie zugute. Ansonsten ist es natürlich auch gut, an den wissenschaftlichen Jargon auf Deutsch und Englisch gewöhnt zu sein, weil einem dadurch nicht die ganzen spannenden Papers zum Thema neue Hefen- und Hopfensorten durch die Lappen gehen! Und was auch hilft, sind die schlechten Berufsaussichten für Biologen: Wären die nicht gewesen, hätten wir vielleicht auf den Weg in die Selbstständigkeit verzichtet.

10) Was würdet Ihr Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Macht das Beste aus der beinharten Realität und wagt einfach den Sprung ins kalte Wasser!

Vielen Dank!

Zur Webseite der Beer Buddies: www.thebeerbuddies.at
Sie haben auch eine Facebook-Seite: http://www.facebook.com/thebeerbuddies

Titelbild: (c) Nathan Reading from Halesowen, UK [CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons

Nach einem Ferialpraktikum 2005 sowie dem Diplompraktikum 2006/07 für ihr Studium an der Fachhochschule Krems, ist die Niederösterreicherin DI(FH) Karin Schöndorfer seit 2007 Vollzeit als Angestellte der Firma Biomin Holding GmbH tätig. Sie konnte in dieser Zeit erst die Forschungsmitarbeit, dann die Projektleitung im Bereich Futtermittelkonservierung einschließlich der Betreuung von Bachelor- und Masterkandidatinnen bei deren Abschlussarbeit und schließlich auch die Produktregistrierung kennenlernen, mit der sie sich hauptberuflich seit etwa zwei Jahren als Regulatory Affairs Manager auseinandersetzt.

Karin Schöndorfer

1) Karin, beschreibe bitte kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Ich bin bei der Firma Biomin Holding GmbH in der Produktregistrierung von Futtermittelzusätzen tätig. Meine Arbeit umfasst das Erstellen von Dossiers, die die Produkte den behördlichen Vorgaben entsprechend möglichst genau beschreiben müssen. Diese Beschreibung erfolgt sowohl im Hinblick auf Charakterisierung der Produkte als auch auf sicherheitstechnische Aspekte und Effizienz der Produkte. Um diese Informationen zu erhalten arbeite ich stark mit meinen Kollegen aus Forschung und Entwicklung zusammen. Auch (fachliche und sprachliche) Korrektur von Forschungsreports, Literaturarbeiten und Networking mit Kollegen aus anderen Ländern stehen gelegentlich auf der Tagesordnung.

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Kein Produkt ist wie das andere und jede aktive Substanz hat eine andere Wirkungsweise und einen anderen Hintergrund. Dies bedeutet, dass man sich mit jedem Produkt im Detail auseinandersetzen muss um verstehen zu können, welche regulatorischen Anforderungen damit verbunden sind. Somit lernt man immer etwas Neues kennen. Außerdem sind auch die Verordnungen und Richtlinien stetigen Änderungen unterworfen. Die Arbeit wird daher nie langweilig, obwohl sie eine (fast) reine Schreibtischarbeit ist.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Der Brückenschlag zwischen den regulatorischen Anforderungen und den praktischen Möglichkeiten diese zu erfüllen, ist manchmal herausfordernd. Man ist oft auf der Suche nach geeigneten Methoden um die erforderlichen Untersuchungen durchführen zu können. Außerdem sind die entsprechenden Richtlinien und Gesetze nicht immer einfach zu verstehen.

4) Wie bist Du auf diesen Job aufmerksam geworden?

Ich habe bereits einige Jahre im gleichen Unternehmen ein kleines Forschungsprojekt im Bereich der Futterkonservierung geleitet. Im Zuge dessen habe ich mir einige nützliche Fähigkeiten für die Registrierungsarbeit angeeignet – genaue Dokumentation, to-the-point Präsentation von Ergebnissen und Mitarbeiterkoordination. Eines Tages ist mir angeboten worden an einem Registrierungsdossier mitzuarbeiten. Ich habe die Herausforderung angenommen und in der Folge meine Tätigkeit in der Abteilung Regulatory Affairs neben meiner Forschungsarbeit aufgenommen. Schließlich hat sich mein Forschungsprojekt weiterentwickelt – seitdem widme ich mich ganz der Produktregistrierung.

5) Welche Qualifikationen waren besonders entscheidend, um zu diesem Job zu kommen?

Für meine Tätigkeit benötigt man vor allem eine Affinität zum Schreiben, zum Heraussuchen und genauen Lesen und Weitergeben von Informationen. Erfahrungen im Projektmanagement sind ebenfalls hilfreich. Außerdem darf man keine Scheu vor juristischen Texten haben. Die Tatsache, dass man wenig von dem, womit man im nächsten Moment arbeiten muss, zuvor bereits im Detail gelernt hat, darf einen auch nicht abschrecken. Die vollständige Beherrschung der englischen Sprache ist ebenfalls ein Muss. Zuletzt sind ein gewisses Maß an Geduld und gute Kommunikation für die Arbeit sehr praktisch.

6) War es schon immer Dein Wunsch eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Ich habe vor dem Studium die Handelsakademie mit Fremdsprachenschwerpunkt besucht. Mein ursprünglicher Studien- bzw. Berufswunsch war Englisch und Spanisch als Dolmetscherin oder Übersetzerin. Ich habe diesen Wunsch aber aufgegeben da es relativ schwierig ist mit einer solchen Ausbildung (speziell in diesen doch sehr gängigen Sprachen) konkurrenzfähig zu werden. Da naturwissenschaftliches Interesse aber durchaus vorhanden war habe ich als Alternative einen englischsprachigen FH-Studiengang der medizinischen und pharmazeutischen Biotechnologie in Krems besucht, der mir schließlich die Tür zu meiner Tätigkeit geöffnet hat.

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Gibt es für BiologInnen Arbeitsmöglichkeiten?

Ich denke, es kommt sehr darauf an, woran man letztendlich arbeiten möchte. In meiner Firma werden beispielsweise immer wieder Forschungs- bzw. Labormitarbeiter gesucht.

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Für meine Position ist ein Biologiestudium nicht unbedingt erforderlich. Allerdings gehört ein Grundverständnis für naturwissenschaftliche Methoden (zB mikro- und molekularbiologische Methoden, diverse Analytik) schon zu den Voraussetzungen. Andere Ausbildungen, mit denen man in der Produktregistrierung für Futtermittelzusätze landen könnte, sind zum Beispiel diverse biologisch-technische Studiengänge, analytische Studien, Ernährungswissenschaften, Tierernährung oder (Veterinär-)Medizin. Es gibt inzwischen auch Studiengänge die auf die Tätigkeiten in Regulatory Affairs vorbereiten (zum Beispiel auf der Fachhochschule Krems).

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Inhalte aus der Mikro- und Molekularbiologie sowie aus dem Projektmanagement aus meinem Studium kommen mir immer wieder unter. Außerdem war es wichtig wissenschaftliches Schreiben und Statistik gelernt zu haben. Zusätzlich bin ich sehr froh über alles, was ich möglichst früh an wissenschaftlichem Englisch lernen konnte. Und, mit einem halben Augenzwinkern: die Kenntnisse in Maschineschreiben und Microsoft Office aus der Schule bleiben ein Dauerbrenner bei Dossierumfängen von mehreren Hundert Seiten!

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Vorher schon mal ein paar Jahre Laborluft schnuppern! – Das bringt Verständnis für Abläufe, gibt ein Gefühl dafür wie lang Laborexperimente dauern können und macht bereits mit diversen Methoden vertraut. Dies alles hilft um herauszufinden welche Erwartungen man haben kann, wenn man an der anderen Seite des Schreibtisches sitzt und von den Kollegen im Labor Ergebnisse erwartet.
Der zweite Teil ist dran bleiben und Begeisterung zeigen! Das Interesse für juristische Angelegenheiten in Kombination mit biologischen Fakten und hohe Selbstmotivation sowie die Bereitschaft auf Menschen zuzugehen und über allerhand Dinge nachzufragen ist bereits die halbe Miete. Aber das Dranbleiben ist auch für die Tätigkeit selber wichtig um Registrierungsprojekte zeitgerecht einreichen zu können. Wer Registrierung aber nur als Notlösung sieht („Ich wär viel lieber in der Forschung aber da bekomm ich keinen Job“), der sollte es besser bleiben lassen.

Vielen Dank für das Interview!