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Auch 2020 besteht – trotz Corona – noch Hoffnung auf einen Meeresurlaub. Die folgenden Beobachtungen von Gerhard Medicus mögen den meeresbiologischen Forschungsgeist der Leserinnen und Leser wecken! Leider werden nicht alle heuer die Möglichkeit haben, ans Meer zu fahren. Vielleicht dient dieser Beitrag auch als Inspiration, um eigene Beobachtungen als Bericht festzuhalten? Wir danken Gerhard Medicus für die Zusendung!

Naturbeobachtung fasziniert mich seit meiner Kindheit und Jugend und so habe ich diese Leidenschaft auch mit meinen Kindern ausgelebt. Besonders anziehend war die für mich fremde marine Welt. Einige Beobachtungen waren so eindrucksvoll, dass ich mich entschlossen habe, sie zu veröffentlichen – als Anregung für den Sommerurlaub von Leserinnen und Lesern des bioskop. Möglicherweise handelt es sich bei den an erster, dritter und vierter Stelle platzierten Berichten um Erstbeschreibungen. Die dritte und vierte Beobachtung verdanke ich der vorbehaltlosen Neugier meines Sohnes Thomas. Ein Teil der Beobachtungen erfolgten in einem Feldaquarium, das ich für die Kinder auch auf Fernreisen mitgenommen habe. Es ließ sich, in einer Kühlbox geschützt, bequem transportieren. Schnell schwimmende kleine Tiere habe ich mit einem Kescher gefangen (im Mittelmeer z.B. Rochen, Muränen, Schollen, Knurrhahn, Tintenfische usw.) und nach der Beobachtung wieder freigelassen.

1. Alonissos 1993: Tintenmimikry bei einem Cephalopoden

Als Schnorchler im Mittelmeer kann man frei schwimmenden Tintenfischen der Art Sepia officinalis immer wieder relativ gut folgen, bis sie sich im Sand eingraben und dann mit dem Kescher leicht zu fangen sind. Trotzdem verschwinden einige Individuen selbst bei guter Sicht schon vorher auf scheinbar unerklärliche Weise, und zwar stets nach dem Ausstoßen einiger Tintenwolken, auch dann, wenn der Meeresgrund mit seinen Versteckmöglichkeiten immer noch einige Meter weit entfernt ist.

Eine Hypothese dafür, wie die Tintenfische den Verfolger abschütteln, erhielt ich durch eine Aquarienbeobachtung: Ein Tintenfisch, der sich ruhig am Sandboden aufhielt, hat sich durch eine Bewegung von mir plötzlich bedroht gefühlt: während er mit  maximaler Geschwindigkeit gegen die Scheibe angeschwommen ist, hat er drei bis vier Tintenwolken ausgestoßen und sich dann plötzlich, wie auf Knopfdruck, für etwa eine halbe Sekunde selbst schwarz wie Tinte verfärbt, dann aber schlagartig wieder die hellere Umgebungsfärbung angenommen. Diese kurze Dunkelfärbung des Tintenfisches folgte dem drei- bis vierfachen „Tintenstakkato“ so, als handele es sich um eine letzte Tintenwolke.

Wenn man im Meer diesen letzten vermeintlichen Tintenausstoß nicht bewusst fixiert und zwischen echten und unechten Tintenwolken auch nur kurz vergleichend hin- und herschaut, hat man den fliehenden Tintenfisch schon aus den Augen verloren und sieht nur mehr die auffälligen echten Tintenwölkchen. Ich hatte den Eindruck, dass die Tintenfische unmittelbar nach dem Täuschungsmanöver nach Zufallsprinzip die Richtung ändern. Damit hat der Tintenfisch das Wahrnehmungsvermögen seines Verfolgers überlistet. Dieses Fluchtverhalten ist wohl als ein instinktives Programm angeboren, auch wenn die Tiere nicht immer dieses Täuschungsmanöver ausführen.

Anm.: Diese Beobachtung wurde auch in der Zeitschrift DATZ beschrieben: Medicus, G. (1995). Tintenmimikry bei einem Cephalopoden. DATZ, 48(3), 140.

2. Tauwema / Kaileuna / Trobriand Inseln / Papua Neuguinea 1996: Delfinpirsch in der Südsee

Während meiner drei mehrwöchigen Aufenthalte in Tauwema konnte ich als Schnorchler einmal in relativ großer Entfernung Delfine sehen, die ich wegen der Distanz nur auf Grund der Schwimmbewegungen von Haien unterscheiden konnte. Ich ging an die Grenze dessen, was Lunge und Kreislauf hergaben, um mich ihnen anzunähern, was mir aber zunächst nicht gelungen ist. Die Tiere hielten stets Abstand zu mir. Weil sie nicht einfach wieder verschwunden sind, waren auch sie höchst wahrscheinlich auf mich neugierig. Meine Annäherungsversuche als Schnorchler waren erst erfolgreich, als ich die Idee hatte, mit beiden Füßen parallel zu schlagen, wie mit einer Monoflosse. So kam ich bis auf zwei Delfinlängen an die Grazien des Meeres heran. Einzelne von ihnen „begutachteten“ mich einäugig indem sie sich zur Seite drehten. Mein damals achtjähriger Sohn, der das Schauspiel von der Wasseroberfläche aus verfolgt hat, meinte danach, dass sich die Delfine wohl spaßhalber so benommen hätten, wozu sie aber aus ethologischer Sicht mangels Theory of Mind nicht fähig sind.

3. Kreta, Süd-Küste 2001: Tritonshorn-Angriff auf Seestern

Mein Sohn hat beim Schnorcheln den Zusammenhang zwischen “invaliden” roten Seesternen (Echinaster sepositus) und einem Tritonshorn (Charonia tritonis) erkannt und nicht nur das Tritonshorn mitgenommen, sondern auch einen intakten Seestern. Zurück an der Oberfläche ruft er mir am Strand zu: „Aquarium“. Ich komme ihm mit dem Aquarium entgegen, er legt beide Tiere hinein und wir stellten es auf einem Felsen ab. Nach weniger als einer Minute greift das Tritonshorn den Seestern an, der in etwa innerhalb einer halben Minute proximal von dem Biss den Arm abgeschnürt und abgeworfen hat.

4. Azoren 2001: Delfinbeobachtung

 Delfine findet man in den Weiten des Meeres relativ leicht dort, wo sich viele Möwen über der Wasseroberfläche sammeln und sich ins Wasser stürzen, um Fische zu fangen. So weisen die Möwen den Weg zu einem Fischschwarm, der von Delfinen auf engsten Raum unter der Wasseroberfläche zusammengetrieben worden ist. Hat man den Ort mit einem Motorboot erreicht, kann man diese eleganten und faszinierenden Tiere (Stenella coeruleoalba) bequem aus nächster Nähe beobachten. Mein damals 12-jähriger Sohn machte dann auf Grund seiner Unbefangenheit etwas, worauf ich auf Grund meiner Erwachsenen-Vorurteile nicht gekommen wäre: er versuchte, nach einzelnen Fischen im Makrelenschwarm (Trachurus picturatus) zu greifen, was zunächst ihm und dann auch mir wegen der Erschöpfung und Panik der (unverletzten) Tiere tatsächlich gelang. Die Fische werden praktisch ausweglos, gleichzeitig aus Wasser und Luft gejagt. Um der Gefahr zu entkommen fliehen sie ins Zentrum des Schwarms, wodurch der Schwarm zu einer sich verausgabenden, sich ständig selbst neu formenden kompakten Futterkugel für die Beutegreifer wird. Die sättigende Endhandlung ist also für die Delfine (anthropomorph ausgedrückt) ein entspanntes gemütliches Ereignis und auch für die Möwen ein „leichtes Spiel“. Viele Fische trugen von den Schnabelhieben der Möwen Verletzungen davon, möglicherweise auch deshalb, weil einzelne Fische den Möwen zu groß gewesen sind.

5. Hurghada 2006: “Einladung” zur Koprophagie im Roten Meer

Ein Seekuhbulle, den ich beim Abweiden von Seegras stundenlang beobachten konnte, stellte sich plötzlich im ca. 7 m tiefen Wasser 30-40 Grad schräg zwischen Boden und Oberfläche und verharrte in der Position. Nach wenigen Sekunden schießen zwei Schiffshalter (Echeneis naucrates) zum Anus des Bullen, der in dem Moment mit der Defäkation beginnt und so den Schiffshaltern ermöglicht, direkt von dort die voluminösen Faeces hinunterzuwürgen. Nach getanem Geschäft wälzt sich der Bulle am Boden, um die Schiffshalter abzuschütteln. Koprophagie ist weit verbreitet und auch vom Schiffshalter bekannt (Williams et al. 2003); offensichtlich sind die (vor-) verdauten „Speisereste“ nicht nur für Darmparasiten nahrhaft. Meine Kinder und ich konnten in Namibia Warzenschweine beobachten, die Elefantenkot vertilgt haben. Aus ethologischer Sicht bemerkenswert ist die zwischenartliche Sender-Empfänger-Abstimmung: Was aber ist der Anpassungswert für die Seekuh, die das Putzaufforderungs-Signal (30-40 Grad Schrägstellung) gibt? Es könnte sein, dass damit die Wahrscheinlichkeit einer Re-Infektion mit ihren Darmparasiten vermindert wird, wenn die Parasiten die Darmpassage beim Schiffshalter nicht überleben oder abseits der Weidegründe der Seekuh landen.

Titelbild: Hans Hass (links) mit dem Verhaltenforscher Irenäus Eibl-Eibesfeld (rechts). Aus dem Privatarchiv Eibl-Eibesfeldt (CC-BY-SA 4.0 über Wikimedia Commons)

Diese Worte stammen von dem österreichischen Tauchpionier Hans Hass. Zusammen mit seiner Frau Lotte Hass schrieb er Geschichte. Sie waren die Ersten, die sich aufmachten um die damals noch unbekannte und unberührte Unterwasserwelt der Meere zu entdeckten. Am 16. Juni vor zwei Jahren verstarb die Forscherlegende im Alter von 94 Jahren.

Der österreichische Tauchpionier Hans Hass

„Da sah ich plötzlich einen Mann, der mit wasserdichten Brillen und einem drei Meter langem Speer dicht unter der Oberfläche schwamm und von Zeit zu Zeit für 3 Minuten lang unter Wasser verschwand.“, schrieb Hass über seine Maturareise im Jahr 1937 an der französischen Rivera.

Hass setzte sich damals auf die Klippen und beobachtete neugierig das Verhalten des Mannes. Er konnte sehen, dass er auf den Meeresgrund tauchte und dort Jagd auf Fische machte. Vor lauter Neugier kam er mit diesem Mann namens Guy Gilpatric, einem Schriftsteller, ins Gespräch. Gilpatric erzählte Hass von der Schönheit der Unterwasserwelt, sodass er sich auf den Weg machte um Ausrüstungsgegenstände für die Unterwasserjagd zu bekommen. So begann Hans Hass die Welt unter der Meeresoberfläche zu entdecken. Dieses Ereignis prägte den jungen Forscher. Was folgte, sind unzählige Expeditionen ins Unbekannte.

 Jagd unter Wasser mit Harpune und Kamera

Bei seiner ersten Expedition im Jahr 1938 zur dalmatischen Küste unternahm Hass zusammen mit sechs Kameraden Abstiege mit einem Taucherhelm in bis zu 20 Meter Tiefe und seine ersten Unterwasseraufnahmen entstanden. Auf Basis der Erlebnisse von dieser Reise schrieb er sein erstes Buch „Jagd unter Wasser mit Harpune und Kamera.“

Ein Jahr später reiste Hass mit zwei Freunden nach Curaçao und machte erste Erfahrungen im Freitauchen und Studien an Haien. Er stellte fest, dass die Gefährlichkeit von Haien bei weitem überschätzt wurde. Heute weiß man, dass Haie für den Menschen keine Gefahr darstellen, wenn man sich in ihrer Gegenwart richtig verhält. Auch erste Unterwasseraufnahmen fertige Hass an, die er 1942 zu seinem ersten Film und gleichzeitig dem ersten Unterwasserfilm namens „Pirsch unter Wasser“ zusammenfasste. 1942 folgte seine „Ägäis-Expedition“.

Expedition ins Wiener Eismeer

Im Jahr 1947 gründete Hass ein Organisationsbüro für Meeresforschung in Wien, für welches er eine Assistentin suchte. Da man wusste, dass Hass bald eine neue Expedition starten wird, bekam er unzählige Bewerbungen. 1948 stellt er die junge Wienerin Lotte Baierl ein, die großes Interesse an der Meeresbiologie und an seinen Expeditionen zeigte. Doch Hans Hass war dagegen, Frauen auf Expeditionen mitzunehmen, da er Spannungen auf einer langen Reise zwischen Männern und Frauen verhindern wollte. Baierl hatte die Hoffnung jedoch noch nicht aufgegeben: Sie borgte sich heimlich seine Unterwasserkamera aus und ging in der alten Donau fotografieren. Die Fotos wurden daraufhin in einer großen Wiener Illustrierten unter dem Titel „Expedition ins Eismeer“ veröffentlicht. Hass änderte seine Meinung jedoch vorerst nicht.

Abenteuer im Roten Meer

Damit sich Hass 1949 seine Expedition nach Port Sudan leisten konnte, beschloss er einen weiteren Unterwasserfilm zu drehen. Als er diesen Kulturfilm einer Filmgesellschaft vorstellte, lehnten diese ihn ab. „Mantas hin, Mantas her, was das Publikum will ist eine hübsche Frau. Warum nehmen Sie nicht eigentlich ihr Fräulein Baierl mit? Das gäbe doch gleich eine ganz andere Attraktion!“, sagte man ihm. So kam es, dass sich der Wunsch von Lotte Baierl erfüllte und sie mitreisen konnte. Der Film „Abenteuer im Roten Meer“ wurde 1950 fertiggestellt, welcher damals beim Publikum gut angekommen ist zählt noch heute zu den bedeutendsten Beiträgen des Unterwasserfilms. Im selben Jahr fand die Hochzeit von Hass und Baierl in Küsnacht am Zürichsee statt.

Unternehmen „Xarifa“

1951 erfüllte sich Hass den Traum eines eigenen Forschungsschiffes und kaufte sich das mehr als dreiundvierzeig Meter lange Segelschiff mit drei Masten (Dreimastschoner) „Xarifa“. Es folgte der Umbau zu einem Forschungsschiff, welches am 23. August 1953 im Hafen von Hamburg zur ersten Forschungsfahrt mit der Xarifa auslief. Die Mannschaft bestand aus zwanzig Männern und einer Frau, nämlich Lotte Hass. Zum ersten Mal filmten sie Pottwale bei den Azoren. Sie bereisten die Karibik und den pazifischen Ozean. Weitere Ziele waren die San-Blaas Inseln und Panama.

1954 erschien sein Film „Unternehmen Xarifa“, der erste Unterwasserfilm in Farbe.

Das Forschungsschiff Xarifa Forschungsschiff XARIFA 2007 im Hafen von Monaco (Gio von Gryneck. CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons).

Eine Fortsetzung der Xarifa Expedition wurde 1954 durchgeführt. Diesmal fokusierten sie sich auf die Galápagosinseln und die Kokos-Insel als Forschungsgebiet. 1957 folgte die zweite und letzte Xarifa-Expedition, während dieser das Forschungsteam im Indischen Ozean segelte. 1958 steuerten sie auf die Nikobaren zu und waren somit wohl das erste Forschungsschiff, das 100 Jahre nach der im Jahr 1858 durchgeführten österreichischen Novara-Expedition diese Inselgruppe untersuchte. 1960 verkaufte Hass die Xarifa und beendete vorerst seine Forschungstätigkeit im Meer. Er widmete sich vergleichender Untersuchung von Grundbegriffen in Biologie und Wirtschaft und baute 1963 seine „Energontheorie“, in der er unter anderem versucht, die Stellung des Menschen in einer neuen Sichtweise der Welt darzustellen, aus.

„Lotte, du kannst dir nicht vorstellen wie fantastisch das jetzt war. Ich habe das wieder gesehen, eben was ich vor Jahrzenten gesehen habe, das habe ich jetzt wieder erlebt.“, sagte Hass nach einem seiner letzen Tauchgänge im Jahr 2007.

Zu seinem 88. Geburtstag reiste Hass mit seiner Frau ein letztes Mal nach Port Sudan ans Rote Meer. Er tauchte dort mit dem Dokumentarfilmer Erich Pröll und besuchte Plätze von früheren Expeditionen.

Hans und Lotte Hass auf der Messe boot 2009. (Foto:Dapaan. CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons)

In memoriam Hans Hass

Hans Hass starb am 16. Juni 2013 in Wien. Seinen Nachlass hat er dem Naturhistorischen Museum Wien vermacht. Am 10. Juni 2015 findet im Winter!Sport!Museum! in Mürzzuschlag eine Veranstaltung des TSC Tauchsportclub Mürztal-Austria zu Ehren der Forscherlegende statt.

In memoriam Hans und Lotte Hass am 10. Juni 2015 in Mürzzuschlag: TSC Tauchsportclub Mürztal-Austria

Darüber hinaus arbeitet der Autor des Artikels, Oliver Bruck, an einem Dokumentarfilmprojekt, dessen Ziel es ist, Berichte von Leuten zu sammeln, die die Tauchpioniere Hans und Lotte Hass gekannt haben. Die Berichte werden in Bild und Ton festgehalten, mit der Intention, diese für die Wiener Wissenschaftsgeschichte wertvollen Erzählungen zu erhalten.

Video „Hans Hass der Taucher mit der Kamera“:

Quellen
Jung, Michael: Hans Hass. Erster in allen Meeren. Verlag Norbert Gierschner: Stuttgart 2003.
Hass, Lotte: Ein Mädchen auf dem Meeresgrund. Ueberreuter: Wien 1970.
Naturhistorisches Museum Wien, Archiv für Wissenschaftsgeschichte, Sign. 6/1/3
Pröll, Erich: Interview, geführt von Oliver Bruck am 29.10.2013.

Verena Wiesbauer Ali

ECO ISLANDERS MALDIVES

Verena Wiesbauer Ali arbeitet selbstständig als freischaffende Meeresbiologin (“consultant”). Im Jahr 2011 gründete sie auf den Malediven die Firma ECO ISLANDERS MALDIVES. Unter anderem führt sie Umweltverträglichkeitsprüfungen und Monitorings zu Land und im Wasser durch, leitet ein Marine Centre, bietet Workshops und Fortbildungen an und engagiert sich für den Schutz und die Sanierung von Korallenriffen.

1) Verena, beschreibe bitte kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Ich bin prinzipiell an 3-4 Tagen in der Woche in zwei verschiedenen Hotelinseln als Meeresbiologin tätig, sowohl als Lektorin, als auch als Managerin eines kleines Marine Centres in einem Hotel. Ich habe sehr viel Kontakt zu Touristen und verbinde im Grunde genommen Meeresbiologie und Tourismus auf den Malediven. An den anderen Tagen der Woche bin flexibel, je nach laufenden Projekten, entweder auf weiteren Inseln tätig oder arbeite ab und zu auch von zu Hause aus an Berichten.

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Dass ich durch mein biologisches Wissen dazu beitragen kann, Touristen, die meist mit Biologie nicht viel zu tun hatten, die Meeresbiologie näher zu bringen und zu sehen, was ich dadurch bewirken kann. Der abwechslungsreiche Arbeitsalltag ist spannend, ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

In meinem Fall ist es eine Herausforderung, biologisches Wissen für alle Nationalitäten verständlich aufzubereiten und alle Hotelgäste zu erreichen. Eine (positive) Herausforderung ist es auch, den Gästen ein unvergessliches Erlebnis zu bereiten. Frustrierend ist, dass man nicht überall gleichzeitig sein kann, und zu sehen, dass es den Einheimischen leider sehr an Liebe zu ihrer Umwelt mangelt.

4) Wie bist Du auf diesen Job aufmerksam geworden?

In diese Art von Job bin ich durch meinen Lektor auf der Universität (Dr. Reinhard Kikinger, Biologie) geraten, der von einer Stelle als Meeresbiologin gehört hat und mich dafür empfohlen hat. Danach habe ich zwei Jahre lang in einer privaten Firma als Umweltverträglichkeitsprüferin gearbeitet. Diese Firma habe ich im Internet gegoogelt und sie einfach angeschrieben. Zufällig suchten sie eine Meeresbiologin. Als ich im Umweltministerium als Prüferin registriert wurde, habe ich mich selbstständig gemacht. Dies ermöglicht mir nun, in verschiedenen Bereichen tätig zu sein, d.h. einerseits als Umweltverträglichkeitsprüferin (ca. 10% meiner Zeit), andererseits als “consultant” auf zwei verschiedenen Inseln. Den Job als Lektorin habe ich bekommen, nachdem ich dem Management den ersten meeresbiologischen Vortrag gratis angeboten habe; der hat ihnen gefallen und jetzt mache ich das seit mehr als zwei Jahren. Die Arbeit als Leiterin eines Marine Centres habe ich durch den Eigentümer angeboten bekommen, der über einige Ecken von mir gehört hatte und gerade nach einer Meeresbiologin gesucht hatte.

5) Welche Qualifikationen waren besonders entscheidend, dass Du diesen Job bekommen hast?

Ein Universitätsabschluss, Flexibilität, Enthusiasmus und Engagement und eine “can-do-attitude”. Entscheidend, diesen Job zu behalten ist, 110% dabei zu sein. Man muss sehr verständnisvoll sein, mit unterschiedlichen Kulturen zusammen arbeiten können und etwaige Engstirnigkeiten komplett ablegen.

6) War es schon immer Dein Wunsch eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Ich hatte während meiner Gymnasiumzeit keine konkreten Berufswünsche. Erst gegen Ende erwachte das Interesse an der Biologie. Privat bin ich auf die Malediven gestoßen und dort “hängen” geblieben. Dann hab ich mich entschieden, etwas zu studieren, womit ich hier leben kann. Ich bin also von einem generellen Interesse an Biologie an die Meeresbiologie geraten. Die Verbindung zum Tourismus hat sich mit der Zeit ergeben und sich als “Traum-Kombination” für mich herausgestellt.

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Gibt es für BiologInnen Arbeitsmöglichkeiten?

Es gibt immer wieder freie Stellen als MeeresbiologInnen. Ich betreibe eine Webseite, auf der sich fertige MeeresbiologInnen (BSc, MSc, PhD) registrieren können und die ich im Falle einer freien Stelle kontaktiere, ob sie sich gerne bewerben wollen: http://gimmarine.webs.com.

Ich kann nur den Link zwischen BiologInnen und der Personalabteilung oder dem Management herstellen. Der Service ist für alle Seiten gratis. Es gibt natürlich keinen Überfluss an Stellen… Immerhin 25 MeeresbiologInnen (darunter 6 Österreicherinnen) haben über meine Webseite in den letzten 2 Jahren eine Stelle gefunden. Davon haben einige bereits nach Vertragsende die Malediven verlassen. Die meisten bleiben nicht länger als ein Jahr; selten 2-3 Jahre.

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Ja, ein Biologiestudium ist notwendig, im Speziellen Meeresbiologie. Eine Tauchausbildung ist ebenfalls notwendig. Diese hat man allerdings als MeeresbiologIn sowieso.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Die praktische Arbeit im Korallenriff. Das meeresbiologische Praktikum in Dahab war eines der sinnvollsten meeresbiologischen Kurse. In meinem Fall waren Dr. Kikinger’s Vorlesungen über das Plankton und über die Biodiversität der Malediven, sowie Prof. Velimirov’s “Biologie rezenter Riffe” extrem hilfreich. Prof. Karl Kleemann’s “Kanaeozoische Scleractinia” war hart, aber hat den Grundstein gelegt, sich später weiter in Korallentaxonomie einzulesen. Prof. Stachowitsch Vorlesungen waren alle sehr inspirierend, sein Engagement ist ansteckend und hat mir sehr geholfen. Natürlich sind auch alle einführenden Vorlesungen unheimlich wichtig, um sich ein Grundwissen anzueignen. GIS, Statistik, Präsentationstechniken und wissenschaftliche Schreibtechniken sind ebenfalls sehr wichtig und sollte man als Meeresbiologe nicht unterschätzen.

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

MeeresbiologInnen, die gerne auf den Malediven arbeiten möchten, können sich gerne auf meiner Webseite (gratis) registrieren, allerdings sind die Stellen natürlich limitiert und man darf sich nicht zu viel erwarten. Als Österreicherin kann ich – nur für wirklich enthusiastische KandidatInnen – ein besonders gutes Wort einlegen. Die Entscheidung liegt beim Management und man darf nicht enttäuscht sein, wenn es nicht klappt.

Generelle Empfehlungen: Engstirnigkeit und Sorgen ablegen; offen sein und positiv denken; sich nicht zu viel Stress machen. Arbeitet in verschiedenen verwandten Bereichen; nehmt auch mal eine Volunteer-Position an, wenn es finanziell möglich ist. Macht viele Praktika, lernt von anderen Biologen, reist ins Ausland! Es gibt immer irgendwo Stellen, für die man geeignet ist, besonders in Entwicklungsländern.  Exzellentes Englisch ist von großem Vorteil; eine oder mehrere weitere Fremdsprachen besonders im Hotel ein besonders dickes Plus. In Entwicklungsländern ist wohl die Bezahlung nicht besonders hoch, aber der Lebensstil ist anders und am wichtigsten ist, dass einem die Arbeit Spaß macht. Es eröffnen sich immer weitere Wege. Offenheit und Anpassungsfähigkeit (andere Länder, andere Sitten, andere Arbeitsstile). Als Meeresbiologe hat man häufig bessere Chancen, einen Job zu bekommen, wenn man zusätzlich Dive Master oder Dive Instructor ist. Als Absolvent einer österreichischen Universität hat man in Asien besonders gute Aussichten.Und wer mal die Malediven mit kleinem Budget bereisen und/oder betauchen möchte, darf sich gerne unter ecoislanders@gmail.com melden!

Vielen Dank für das Interview!

Kontakt
Verena Wiesbauer Ali
www.ecoislanders.com
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