Titelbild: Der Wolf – Räuber, Jäger und Nachbar? Quelle: via pixabay

Die Wölfe in Deutschland zählen zur mitteleuropäischen Flachlandpopulation. Diese ist eine von zehn Wolfspopulationen in Europa. Zurzeit erholen sich die verschiedenen Populationen und die Wölfe breiten sich in den verschiedenen Ländern Europas wieder aus. Aus biologischer Sicht, und für die Tierart Wolf, wäre es wichtig, dass die verschiedenen Populationen wieder miteinander in Verbindung treten. Im ersten Interview dieser Reihe spricht Helene Möslinger über die Wolfspopulation in Deutschland und den Umgang mit der Tierart.

Abb.1: Helene Möslinger – Biologin und Wolfsexpertin. Quelle: Helene Möslinger.

Helene Möslinger ist seit Mai 2017 Vollzeit beim LUPUS Institut für Wolfsmonitoring und -forschung tätig und arbeitet zudem seit sechs Jahren im Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ in Rietschen.

Worin besteht die Aufgabe des Kontaktbüros?

Das Kontaktbüro „Wölfe in Sachsen“ ist die zentrale Ansprechstelle für Behörden, PressevertreterInnen und die Bevölkerung. Unsere Aufgabe ist es, die Bevölkerung objektiv, offensiv, ehrlich und zeitnah über den Wolf, dessen Rückkehr und das Zusammenleben mit ihm zu informieren. Das Wissen über diese Tierart zu erhöhen, um unter anderem, Vorurteile und Ängste abzubauen, ist unser Ziel. Die Arbeit beinhaltet die Beantwortung von allgemeinen bis speziellen Fragen über Wölfe; sei es per E-Mail, Telefon oder in einem persönlichen Gespräch. Wolfshinweise werden entgegengenommen und an das LUPUS Institut, welches das Monitoring in Sachsen koordiniert, weitergegeben. Wir nehmen uns den Ängsten und Sorgen der Bevölkerung an und wirken ihnen entgegen. Die Wissensvermittlung über den Wolf soll in Zukunft ein möglichst konfliktarmes Miteinander ermöglichen.

Wie viele Wölfe gibt es zurzeit in Deutschland?

Im Jahr 2016/17 (1. Mai 2016 bis 30. April 2017) wurden in Deutschland 60 Rudel, 13 Paare und drei territoriale Einzeltiere nachgewiesen. Die Entwicklung über die Jahre und weitere Informationen zur Ausbreitung in Deutschland finden sich auf der Seite der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (www.dbb-wolf.de).

Seit wann sind Wölfe in Deutschland wieder heimisch?

Im Jahr 2000 wurde die erste Reproduktion freilebender Wölfe nach etwa 150 Jahren in Deutschland wieder nachgewiesen. Bereits Ende der 90er Jahre hat sich ein Paar im Bereich der Muskauer Heide (Sachsen) eingefunden, welche im Jahr 2000 Welpen großgezogen hat. Nach dem zweiten Weltkrieg wanderten immer wieder einzelne Wölfe in die damalige DDR, diese durften damals erlegt werden. Aus dieser Zeit sind mehrere Nachweise bekannt. Nach der Wiedervereinigung wurde der Wolf 1990 in ganz Deutschland unter Schutz gestellt. Weitere Infos unter www.wolf-sachsen.de und www.dbb-wolf.de.

Wie sieht es mit der Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber dem Wolf aus?

Der Wolf ist weder ein Kuscheltier noch ist er eine Bestie. Wölfe sind Wildtiere, die in der Kulturlandschaft neben uns Menschen leben können. Das Thema Wolf polarisiert. Es gibt extreme Gegner und extreme Befürworter. Eine Umfrage im Jahr 2006 (pdf) von Petra Kaczensky (Universität Freiburg & Wien) im Auftrag des BMU zeigte, dass der Großteil der Bevölkerung dem Wolf eher indifferent gegenübersteht. Ein wichtiger Faktor neben Informationen über die Tierart Wolf ist die Zeit, in der Erfahrungen mit dem Wolf zu leben gesammelt werden können.

Wie, glaubst du, sieht die Zukunft der deutschen Wölfe aus?

Die Wölfe in Deutschland zählen zur mitteleuropäischen Flachlandpopulation. Diese ist eine von zehn Wolfspopulationen in Europa. Zurzeit erholen sich die verschiedenen Populationen und die Wölfe breiten sich in den verschiedenen Ländern Europas wieder aus. Aus biologischer Sicht, und für die Tierart Wolf, wäre es wichtig, dass die verschiedenen Populationen wieder miteinander in Verbindung treten. Ich denke die Frage muss heißen: Wie sieht die Zukunft der Wölfe in Europa aus? Wollen wir mit einem großen Beutegreifer als Nachbar leben und können wir manche Verhaltensweisen ändern (z.B. Anwendung von Herdenschutzmaßnahmen)? Dass ein Zusammenleben möglich ist, zeigt über 15 Jahre Erfahrung in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern. In wie weit wir uns darauf einstellen können, dass wir einem Wolf am Tage und auch in Ortsnähe begegnen können und dass Nutztiere wie vor allem Schafe und Ziegen ordnungsgemäß geschützt werden sollen, um die Schäden gering zu halten, hängt von uns ab.

Was ändert sich?

Da der Wolf in Mitteleuropa weitestgehend ausgerottet war, sind wir es nicht mehr gewohnt mit ihm zu leben. Die Unkenntnis über das Tier, Ängste, Unsicherheit kommen zum Vorschein. Kehrt er nun aber zurück, müssen wir uns mit unseren Vorstellungen, Unerfahrenheit und Ängsten auseinandersetzen.

Wenn ich in einem Gebiet lebe, wo auch Wölfe leben, kann man Hinweise auf den Wolf finden (Kot, Spuren), man kann das Tier sehen, ihn hören. Wir müssen erst wieder lernen mit dem Wolf zu leben. Wie verhält sich der Wolf, wenn er mich sieht? Wie, wenn er einem Auto begegnet?

Ändert sich das Verhalten des Wildes? Mit dem Wolf ist ein stets präsenter Jäger auf der Fläche, der Gewohnheiten rasch mitbekommt. So ist es besser, als Reh flexibler und unberechenbarer zu werden. Dies wiederum kann jedoch die Jagd des menschlichen Jägers erschweren oder zumindest verändern.

Auch die Nutztierhaltung, vor allem von Schafen und Ziegen, kann sich verändern. Wie muss ich die Tiere halten, damit der Wolf nicht einfach an sie herankommt? Trotz allen Überlegungen und Sorgen: Im Grunde kommt aber hier eine Tierart zurück und das in einer Zeit, in der viele Tier- und Pflanzenarten verschwinden. Umso wichtiger erscheint es, jenen Tieren, die auch in der stark durch den Menschen genutzten und veränderten Landschaft leben können, eine Chance zu geben.

Vielen Dank für diesen Einblick in die Wolfssituation in Deutschland!

Wie steht es um den Wolf? – die aktuelle Interviewreihe im bioskop wirft einen Blick auf die Wolfspopulation in Europa. Neben dem Interview mit Helene Möslinger aus Deutschland, folgen Kurzinterviews mit ForscherInnen aus Italien, Kroatien, Polen und Estland).

Titelbild: via pixabay

Weltweit sind die Bemühungen der Politik, den Klimawandel und seine schlimmsten Auswirkungen noch rechtzeitig zu verhindern, eines der beherrschenden Themen in der öffentlichen Debatte. Die überwältigende Mehrheit der WissenschaftlerInnen ist sich einig, dass die aktuelle Erwärmung der Erde von Treibhausgasen verursacht wird, welche die Menschheit seit der industriellen Revolution in Form von fossilen Brennstoffen in die Atmosphäre einbringt.

Mit dem Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens im November 2016 gipfelte jene Debatte in einem historischen Übereinkommen, in dessen Rahmen sich beinahe alle Staaten der Erde das gemeinsame Ziel setzten, die Erderwärmung unter 2°C zu halten. Auch Österreich emittiert nach wie vor große Mengen an Treibhausgasen und ist aktuell von den in Paris gesteckten Zielen noch weit entfernt. Was tat sich also in der Österreichischen Klimapolitik seit dem Beitritt der EU zum Klimavertrag und was bedeutet er für Österreichs Energiezukunft?

Der Pariser Klimavertrag und seine Eckpunkte

Das Übereinkommen von Paris wurde im Dezember 2015 im Rahmen der UN-Klimakonferenz von den 195 Mitgliedsstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) verabschiedet und ist nach dem Kyoto-Protokoll, dessen finale Phase 2020 ausläuft, die zweite internationale Vereinbarung der UNFCCC. Damit es in Kraft tritt, mussten mindestens 55 Nationen, die zudem für mindestens 55 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind, das Übereinkommen ratifiziert haben. Dies wurde durch die Beitritte von Kanada, der EU sowie Nepals im Oktober 2016 ermöglicht; somit trat das Übereinkommen im darauffolgenden Monat in Kraft.

Nach den Beitritten Syriens und Nicaraguas sind die USA das einzige Land, das nicht am Pariser Abkommen teilnehmen will. Außerdem stellt die Türkei unter Regierungschef Erdogan die Ratifizierung des Abkommen nach wie vor in Frage.

Das Übereinkommen umfasst die folgenden drei Ziele:
a) Den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten
b) Die Anpassungsfähigkeit an die nachteiligen Auswirkungen der Klimaveränderung zu erhöhen und eine emissionsarme Entwicklung zu fördern, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu gefährden
c) Finanzmittelflüsse zugunsten einer emissionsarmen und gegenüber Klimaveränderungen widerstandsfähigen Entwicklung zu beeinflussen

Die Umsetzung soll unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Gegebenheiten und Möglichkeiten als gemeinsame Bemühung stattfinden. Entwicklungsländer sollen bei der wirksamen Durchführung besonders unterstützt und entlastet, Industrienationen dafür umso stärker in die Pflicht genommen werden.

Der grobe Zeitrahmen des Vertrags gestaltet sich wie folgt: so bald wie möglich den „global peacking of greenhouse gas emissions“ erreichen und die weltweiten Nettoemissionen spätestens mit Beginn der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts auf null bringen. Das soll einerseits durch eine Emissionsreduktion, als auch durch die vermehrte Speicherung von atmosphärischem Kohlenstoff (z.B. Wiederaufforstung) erreicht werden. Man nimmt an, dass sich die Konzentrationen der Treibhausgase ohne anthropogene Emissionen langfristig wieder in Richtung des präindustriellen Niveaus entwickeln werden. Besonderes Augenmerk legt der Vertrag dabei zudem auf die Bekämpfung der Armut und eine nachhaltige Entwicklung. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sollen laufend verstärkt berücksichtigt und in die konkrete Planung miteinbezogen werden.

In der Praxis sieht der Vertrag vor, dass diese Ziele über nationale Klimaaktionspläne und freiwillige Kooperationen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten mit über den Vertrag hinausgehenden Ambitionen die Basis für die Reduktion der Emissionen bilden. Diese Klimaaktionspläne (INDC’s bzw. NDC‘s – (Intended) National Determined Contributions) sollen alle fünf Jahre einer Revision unterzogen werden, damit die Ziele des Abkommens im angestrebten, knappen Zeitrahmen erreicht werden können. Die erste Revision ist auf Druck einer Lobby von besonders betroffenen Nationen hin bereits für 2018 angesetzt. Dies verdeutlicht den politischen Druck den das Abkommen auf die Vertragspartner ausübt.

Was bedeutet das konkret für Österreich?

Bereits im Oktober 2014 hat die EU das rechtlich bindende Klima- und Energiepaket 2030 formuliert – unabhängig vom Inkrafttreten des Übereinkommens von Paris. Die EU beabsichtigt, ihre NDC in einer gemeinsamen europäischen Bemühung zu erfüllen. Mit dem zeitlich deutlich vor Paris angesetzten Beschluss versuchte die EU ein klares Signal für Klimaschutz und den möglichst zeitnahen Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu setzen. Die Eckpunkte sehen eine Reduktion der Binnenemissionen um 20 Prozent bis 2020 bzw. 40 Prozent bis 2030, den Ausbau von erneuerbaren Energieträgern und der Energieeffizienz um jeweils 27 Prozent, sowie die Integration von nachhaltiger, klimaschonender Landnutzung und den weiteren Ausbau des EU-Emissionshandels vor.

Die EU hat dabei ihren Emissionspeak bereits erreicht und konnte seine Gesamtemissionen um 19 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 reduzieren, bei einer gleichzeitigen Steigerung des EU-weiten BIP um über 44 Prozent im selben Zeitraum. Ein weiterer für die EU relevanter Kernpunkt des Pariser Abkommens ist die Entwicklungszusammenarbeit oder konkreter: „Capacity Building“ und Technologietransfer. Hierbei sollen Best-Practice Mitgliedsstaaten (wie z.B. Österreich im Sektor Stromerzeugung und Biotechnologie) ihr technologisches Know-How verstärkt an Entwicklungsländer weitergeben. Besonderes Augenmerk legt der Vertrag auf REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation), also den Erhalt und die Wiederaufforstung von Wäldern, damit diese ihrer Funktion als Kohlenstoffsenker nachkommen können. Laut einer Untersuchung des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) von 2007 stammen über 17 Prozent der globalen Emissionen aus dem Forstsektor. Abholzung und Walddegradation können über REDD+ Maßnahmen gezielt mittels finanzieller Anreize für den Erhalt von Wäldern bekämpft werden.

Österreichische Strategie für eine kohlenstoffarme Entwicklung fehlt bis Dato

Als Grundlage für die Umsetzung der Österreichischen Klimaschutzziele erarbeiteten Infrastrukturministerium, Wirtschaftsministerium, Sozialministerium und Umweltministerium gemeinsam das sogenannte „Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie“. Zum Stand der Veröffentlichung (2016) deckte Österreich bereits 70 Prozent seiner Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und bringt daher im internationalen Vergleich viel Know-how und Kompetenz in relevanten Bereichen mit. Dennoch ist die Aufgabe, eine klare Klimastrategie (mittelfristig bis 2030, langfristig bis 2050) zu erstellen, keine leichte. Die zuständigen Ministerien äußern sich im Grünbuch diese Herausforderung betreffend wie folgt:

„Die zukünftige Energie- und Klimastrategie soll am Zielquartett der Energiepolitik festhalten. Dies bedeutet, dass neben der Nachhaltigkeit auch die Gewährleistung von Versorgungssicherheit, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft und die leistbare und faire Verteilung der Kosten des Energiesystems gleichrangige energie- und klimapolitische Ziele darstellen. Dabei ist klar, dass diese Ziele zumindest teilweise in einem Spannungsfeld zueinander stehen und einen Interessenausgleich erfordern.“

Das Grünbuch stellt den Versuch einer Bestandsaufnahme des Österreichischen Status Quo in Punkto Klimaschutz und Nachhaltigkeit dar, und soll einen intensiven fachlichen Austausch mit allen beteiligten AkteurInnen anstoßen. Konkret war ein Konsultationsprozess am Laufen, der von Juli bis September 2016 allen interessierten Personen und Institutionen die Möglichkeit bot, über einen 60 Fragen umfassenden Katalog ihre Meinung und Fachkompetenz einzubringen. Die meisten davon sind jedoch fachlich komplex und für nicht fachkundige Personen kaum sinnvoll zu beantworten.

Es wird versucht, mit dem Grünbuch neben der Erfassung der Treibhausgasemissionen auch alle anderen Aspekte der Energiepolitik (Kosten, Versorgungssicherheit, Forschung) abzudecken und zu analysieren. Es wurden außerdem Bemühungen unternommen – wenig konkret und umfassend, gesamteuropäische als auch globale Entwicklungen zu erkennen und deren Einfluss in eine Österreichische Energie- und Klimastrategie zu integrieren.

Der umfangreichste und am besten gelungene Abschnitt beschäftigt sich mit Studien und Szenarien zur zukünftigen Entwicklung des Österreichischen Energiesystems, um Potentiale zu erkennen und daraus gezielte Maßnahmen ableiten zu können. Abschließend wird ein erster holpriger Versuch, die Analysen zu konkretisieren und die grobe Richtung für eine künftige Energie- und Klimastrategie vorzugeben unternommen.

Abbildung 1: Titelseite des Grünbuchs. Quelle: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Insgesamt entsteht mit dem Näherrücken der ersten Revision der nationalen Aktionspläne der Eindruck, dass die in Paris gesteckten Ziele, insbesondere für Industrienationen wie Österreich, eine enorme politische und wirtschaftliche Herausforderung darstellen. Zunächst sind die Ziele an sich schon sehr ambitioniert. Durch den notwendigerweise straffen Zeithorizont verschärft sich diese Problematik nur noch weiter. Dennoch ist das Inkrafttreten des Pariser Klimavertrags ein historischer Meilenstein, wenngleich sich die Umsetzung deutlich schwieriger und komplexer herausstellt als erhofft, die ersten zaghaften Schritte gehen nur schleppend voran.
In Österreich fehlt bislang eine klare Strategie zur Implementierung des Klimaabkommens von Paris. Die Bildung der neuen Regierung und Ernennung der Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger, gibt noch keine Hoffnung auf Beschleunigung.

Der Klimawandel wartet nicht

Die extremen Wetterereignisse im Sommer 2017 haben die Debatte erneut ins öffentliche Bewusstsein gerückt. In den USA ist nach mehreren Rekord-Hurricanes in der diesjährigen Tropensturmsaison die Debatte über den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen neu entfacht. Österreich erlebte dieses Jahr gleich fünf Hitzewellen mit Temperaturen weit jenseits der 30°C und ungewöhnlich viele Tropennächte. Südostasien hatte dank eines der stärksten Monsunereignisse in der jüngeren Vergangenheit mit einer gewaltigen Flutkatastrophe zu kämpfen. Der Klimawandel ist nicht länger eine Bedrohung für die Zukunft, kein Problem künftiger Generationen. Er ist in der Gegenwart angekommen. Und es wird ihm nur mit raschem, internationalem Handeln beizukommen sein, genau wie es der Pariser Klimavertrag verlangt. Das sich erwärmende Weltklima wird letzten Endes auch vor Europa und Österreich nicht Halt machen. Während der letzten Legislaturperiode wurde dem Klimaschutz von der Bundesregierung bedauerlicher Weise wenig Beachtung geschenkt. Es bleibt zu hoffen, dass die künftige Regierung die Dringlichkeit der Situation und die Notwendigkeit von konkreten gesetzlichen Maßnahmen erkennt. Es ist sprichwörtlich Zeit, seinen Beitrag zu leisten.

Titelbild: © Rodrigo Soldon 2 via Flickr

Wolfram Tertschnig ist derzeit Leiter der Abteilung I/3 Umweltförderpolitik, Nachhaltigkeit, Biodiversität des Bundesministerium für ein lebenswertes Österreich (BMLFUW). Das Doktoratsstudium der Zoologie, mit Nebenfach Psychologie, hat er 1986 mit seiner Dissertation an der damals neu eingerichteten Abteilung für Marinbiologie – Meeresökologie abgeschlossen. Bevor er 1988 als Referent für Chemikalienpolitik im österreichischen Umweltministerium tätig wurde, arbeitete er vor allem an FWF-finanzierten und mit ausländischen Forschungsfinanzierungen dotierten Projekten mit, zum Beispiel im tropischen Atlantik (Bermuda) und in Mittelamerika (Belize).
Nach einem Jahr im Ministerium bekam er bereits die Chance Abteilungsleiter der neuen Abteilung für Technologiepolitik im Umweltbereich zu werden; von da an folgten weitere leitende Funktionen in den Bereichen Umweltförderung, Umweltforschung und Forschungskoordination, Umweltbildung, sowie Planung im Bereich nachhaltige Entwicklung. Tertschnig war maßgeblich an der Entwicklung und Umsetzung des Nationalen Umweltplans und der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie beteiligt.

1) Beschreiben Sie bitte kurz Ihren Arbeitsalltag. Was sind Ihre Hauptaufgaben?

Wolfram Tertschnig – Leiter der Abteilung I/3 Umweltförderpolitik, Nachhaltigkeit, Biodiversität des BMLFUW © BMLFUW

Der Arbeitsalltag besteht im Wesentlichen aus Steuerung und Koordination in meinen Zuständigkeitsbereichen. Dazu gehört ebenso die koordinierende Steuerung im Bereich von umweltschutzrelevanten Förderungen – im betrieblichen Bereich aber auch teilweise privat (zum Beispiel thermische Sanierung), als auch die Lenkung in Bereichen wie Bildung, NGO-Management, Ressourcenpolitik, Corporate Social Responsibility, und so weiter. Zudem bin ich für die Abteilung an sich und für die Führung meiner MitarbeiterInnen verantwortlich – wir sind derzeit 16 Personen in der Abteilung. Personalmanagement und die notwendigen Skills, die man in diesem Bereich braucht, sind also ebenfalls wesentliche und prägende Aufgaben meiner Rolle.

2) Was gefällt Ihnen an Ihrem Job am meisten?

Ich bin in einem Bereich gelandet, in dem ich gestalten und entwickeln, sowie auch politische Prozesse beeinflussen kann. Das war aber nicht mein Motiv, Biologie zu studieren und ist auch nicht der typische Startpunkt im Ministerium. Durch vielfältige Interessen konnte ich mich über die Zeit hinweg für diese Position qualifizieren. So ist es mir nun möglich, in Dingen, die mir wichtig sind einen Beitrag zu leisten, sodass sich Veränderungen zum Positiven ergeben – ob es nun Klimapolitik ist oder die Frage, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen. Ich beschäftige mich mit echten Zukunftsfragen. Diese haben zwar nicht viel mit Detailkenntnissen aus meinem Studium zu tun – aber hier liegt mein spezielles Interesse. In meinem Tätigkeitsbereich ist es sehr von Vorteil, wenn man einen breiten Interessensbereich hat und in der Lage ist, über den Tellerrand zu blicken.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Ihrem Beruf? Was sind für Sie die größten Herausforderungen?

Wenn man im Umweltschutz, der Umweltpolitik, der Umweltverwaltung und nahen Bereichen arbeitet, dann ist man in fast allen Konstellationen mit einer Schwierigkeit konfrontiert: bereichsübergreifend zu denken und arbeiten. Man muss sich bei Herausforderungen bewähren, die ganz wenig mit fachspezifischer Komplexität einer bestimmten Frage zu tun haben, sondern viel mehr mit der Fähigkeit, sich mit Themenbereichen zu vernetzen, in denen man keine Fachkompetenz besitzt. Dies hat viel mit der eigenen Arbeitsweise zu tun: wieweit man in der Lage ist, eigenständig zu arbeiten und zu denken, sowie wie sozialkompetent jemand ist.

Natürlich kann dies von Bereich zu Bereich ein bisschen unterschiedlich sein. Ich bin an eigenständigen und vielseitigen Personen interessiert. In anderen Bereich geht es vielleicht eher um fachspezifische Ausbildungen.

4) Wie sind Sie auf diesen Job aufmerksam geworden?

Eigentlich bin ich zufällig über persönliche Beziehungen im Ministerium gelandet. Ich war nach meinem Studium im Wackel zwischen der Erfüllung meines Lebenstraums im Wasser zu arbeiten und der Notwendigkeit, mit einem sicheren Job in das Berufsleben einzusteigen. Damals gab es das Instrument “Akademikertraining”, wodurch ich verschiedene Möglichkeiten ausprobieren konnte; ich habe auch versucht, im Umweltbundesamt unterzukommen. Dann bekam ich die Chance im Ministerium zu arbeiten und bin hier picken geblieben.

5) Welche Qualifikationen sind für Ihre Tätigkeit besonders wichtig?

Es gibt hierfür keine Einheitsempfehlung, da es vom Anwendungs- und Tätigkeitsbereich abhängt, welche Kombinationen nun gesucht werden. Ich kann nur soviel sagen: Leute, die ich interessant finde, sind jene, die aus dem Regelstudium ausbrechen. Niemand im Ministerium sucht explizit eine/n BiologIn mit Spezialkenntnissen. Es werden Generalisten mit Querschnittserfahrungen, sowohl im Studium als auch studiumsbegleitend, gesucht. Hierzu zählen naturwissenschaftliche, technische, juristische, ökonomische Kenntnisse, sowie Erfahrungen, die auf den ersten Blick vielleicht nicht zentral mit dem gewählten Studium oder der Bachelor-/Masterarbeit zu tun haben. Die Kenntnise müssen nicht auf akademischer Basis gewonnen werden, sondern können auch in (gesellschaftlichem) Engagement Ausdruck finden. Des Weiteren sind auch vielfältige Auslandserfahrungen und Sprachkenntnisse wichtig. Ich war damals einer der wenigen in meinem Studium, die versuchten während der Dissertation und danach Auslandserfahrungen zu sammeln; heute gehören solche Punkte zu einem guten Lebenslauf dazu.

Ein Grundverständnis von Biologie reicht in einem Bereich, in dem es um Generalistentum und sektorübergreifende Arbeit geht, nicht aus. Es braucht auch die Motivation sich mit Bereichen auseinanderzusetzen, die man im Rahmen der Uniausbildung nicht gelernt hat, oder bereits ein fächerübergreifendes Studium zu betreiben.

Tertschnig bei der Green Events Conference 2015 © F.J. Morgenbesser via Flickr

6) War es schon immer Ihr Wunsch eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hatten Sie früher andere Berufswünsche?

Nein, überhaupt nicht. Das Ministerium war für mich vor meiner Anstellung eine unbekannte Welt. Mit zwölf Jahren habe ich gewusst, dass ich im Meer arbeiten möchte. Das war auch der Grund warum ich Biologie studierte: ich war viecherdamisch und wollte etwas mit Meer machen. Ich bin auch lange Zeit jeden zweiten Abend auf der Uni gesessen und habe verbissen versucht, berufsbegleitend zu habilitieren, aber irgendwann ist mir die Puste ausgegangen. Der Traumjob wäre also gewesen in der Meeresforschung bleiben zu können, aber ich habe mich dann für einen anderen Weg entschieden. Die Möglichkeiten für eine universitäre Anstellung waren eben auch damals schon überschaubar.

7) Wie sehen Sie die Arbeitsmarktsituation in Ihrem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für BiologInnen?

Es gibt Chancen für BiologInnen im Ministerium, allerdings sind diese nicht besser, als für Leute, die aus anderen Studienrichtungen kommen. Ein abgeschlossenes Biologiestudium ist noch kein Garant für eine Anstellung im Ministerium. Wir suchen hier vor allem Generalisten, die Kenntnisse und Interesse in drei Bereichen haben: Jus – man sollte mit rechtlichen Fragestellungen konzeptiv und im Vollzug umgehen können; Naturwissenschaften – ein technisch-naturwissenschaftlicher oder biologischer Hintergrund; sowie Kenntnise bezüglich betriebs- und volkswirtschaftlicher Fragestellungen. Auch ein bisschen akademisches Wissen hinsichtlich der Frage, wie Politik zustande kommt kann nicht schaden. Es gibt also keinen Grund anzunehmen, dass NaturwissenschaftlerInnen bessere Karten haben. Zudem sind betriebliche Erfahrungen und Verwaltungspraktika, sowie auch Auslandserfahrungen und eine breite Qualifikation von Vorteil.

8) Ist ein Biologiestudium für Ihre Position notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Wie ich bereits erwähnt habe: Wer mit einer reinen akademischen Qualifikation als BiologIn im Ministerium unterkommen möchte, muss extremes Glück haben, etwa weil in einer bestimmten Nische gerade Spezialwissen gefragt ist, welches auf hohe politische Nachfrage stößt – da fällt mir im Moment aber nicht direkt etwas ein. Bei uns werden eher Menschen gesucht, die durch ihre Vita nicht nur qualifiziert, sondern auch interessant sind, da sie Qualifikationen im Kernbereiche des Studiums aufweisen, aber auch darüber hinaus. In meiner Abteilung arbeiten zum Beispiel auch Juristen, Landschaftsplaner sowie Wasser- und Kulturtechniker. Eine der Stärken einer thematisch so breit aufgestellten Abteilung, wie ich sie leite ist, dass man Einblicke in vielfältige Bereiche gewinnt. Ich tu mir selber leicht, mich mit möglichst vielen Dingen zu beschäftigen und ich denke, das ist etwas, das Leute auszeichnen sollte, die in diesem Ministerium arbeiten.

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigen Sie in Ihrem Berufsalltag am häufigsten?

Nichts – das Studium war damals anders angelegt. Ich habe durch die oberflächliche Wissensvermittlung nur ein bisschen Grundwissen erhalten. Die Ausbildung in der Biologie war zudem damals sehr politikfremd.

Meine nicht intensiv betreute Dissertation hat hingegen dazu beigetragen Selbstständigkeit zu entwickeln und komplexe Zusammenhänge analytisch betrachten und interpretieren zu lernen. Die relevanten Inhalte für meinen derzeitigen Beruf habe ich mir also mehr oder weniger selber beigebracht, sicherlich nicht im damaligen Betrieb von Vorlesungen und Praktika. Ich hatte auch das Glück zu einer Zeit in den Beruf einzusteigen, in der Learning-on-the-Job noch Praxis und nicht die Ausnahme war.

10) Was würden Sie Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Ich beziehe mich auf meine vorherigen Antworten: Schaut über den Tellerrand! Es bringt viel, wenn man inhaltlich vielfältig und multidisziplinär orientiert ist; in sprachlicher Hinsicht mehr als lediglich Deutsch kann und möglichweise außerhalb des akademischen und universitären Betriebs bereits Erfahrungen gewonnen hat, wie zum Beispiel im verwaltlichen und betrieblichen Bereich.


Vielen Dank!

Titelbild: Schulexkursion Gymnasium Admont. © C. Mairhuber

Mag. Dr. Christian Mairhuber ist seit 2010 Vertragsbediensteter beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung: sog. “Naturschutzbeauftragter” an der Baubezirksleitung des (österreichweit größten) Bezirkes Liezen. Zuvor (2004-2010) war er Biologe bei dem Technischen Büro für Biologie Ökoteam (www.oekoteam.at) in Graz.
Parallel dazu ist er seit 2002 Lehrbeauftragter der Uni Graz.

Christian Mairhuber

1) Christian, beschreibe bitte kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Den überwiegenden Teil (~80-90%) meiner Arbeitszeit beanspruchen Amtssachverständigendienste für diverse Behörden (zB für Bezirkshauptmannschaft/Polit. Expositur, Landesregierung (zB UVP-Verfahren), Agrarbezirksbehörde).
Daneben bleibt aber noch ein wenig Zeit für zB Vertragsnaturschutz, Öffentlichkeitsarbeit (Exkursionen & Vorträge mit/bei Schulen, Kindergärten,verschiedenen Naturschutzorganisationen uvm.), für Projektbegleitung bei Naturschutzprojekten (zB life+) und weiteren landeseigenen Vorhaben (v.a. Wasser- und Straßenbauprojekte).

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Das Spannendste an meinem Beruf ist sicher das sehr breite, äußerst diverse Aufgabenspektrum (von zB Kleintieren wie Insekten über Amphiben, Reptilien, Vögeln bis zu großen Säugetieren; von der Gewässerökologie über Offenland bis zu Wald) bei den verschiedenen Vorhabensbereichen (und somit auch diversen Rechtsgrundlagen) in den unterschiedlichsten Größenausprägungen. So landen bei mir Anfragen zur Entfernung von einzelnen Bäumen oder zu kleinsten Grabenräumungen, über Haus- , Wege- und Straßen- und Kraftwerksbauvorhaben ebenso am Tisch, wie große, UVP-pflichtige Projekte!

Spannend an meinem Beruf ist weiters, täglich mit den unterschiedlichsten Personen (-gruppen) tun zu haben und – trotz teilweise auf beiden Seiten vorhandenen Vorbehalten – immer wieder gute Lösungswege bzw. Kompromisse zu finden.

Schön ist es weiters, bei der täglichen Arbeit durch die Einbindung in die Planungsphase oder spätestens im Verwaltungsverfahren selbst, aktiv Naturschutzbelange einbringen zu können, gegebenenfalls weitere Maßnahmen einzufordern und zu entwickeln und die Ergebnisse einige Zeit später im Zuge der obligaten Überprüfungen zu evaluieren!

Darüber hinaus ist es ein sehr großer Vorteil in einer derart großen Organisation tätig sein zu dürfen, da zu nahezu jedem Rechts- und Fachbereich erfahrene Kollegen existieren, die man jederzeit um Auskunft bitten kann.

Nicht ganz unwesentlich für unsere Berufssparte sind aber vor allem auch der sichere Job samt adäquater Bezahlung bei trotzdem flexiblen/familientauglichen Arbeitszeiten, die Möglichkeit im Zuge von Aussendiensten in der Natur des traumhaften Bezirkes unterwegs sein zu können und – wie in meinem Falle glücklicherweise – wunderbare Arbeitskollegen!

LIFE+ Projekt in Admont: Enns Renaturierung (© C. Mairhuber)

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Aufgrund zeitlicher und finanzieller Ressourcen ist es nicht immer möglich, Grundlageninformationen entsprechender Genauigkeit selbst zu erheben bzw. einzuholen , demnach sind Entscheidungen de facto oftmals bei pessimaler Datenlage zu treffen, was einem – wie man später meist merkt – manchmal besser, manchmal auch schlechter gelingt!

Weiters sind wir in unserem Tun strikt an rechtliche Vorgaben (zB Gesetze, Verordnungen,…) gebunden, deren Inhalt, sowie juristische Auslegung man sich durchaus das ein oder andere mal anders wünschen würde, aber beim Erlassen derartiger Rechtsgrundlagen werden/sind eben nicht ausschließlich “Naturschutz-Belange” heranzuziehen!

4) Wie bist Du auf diesen Job aufmerksam geworden?

Im Gespräch mit Biologen-Kollegen wurde ich auf dieses Stellenangebot aufmerksam gemacht.

5) Welche Qualifikationen waren besonders entscheidend, um zu diesem Job zu kommen?

Grundsätzliche Voraussetzung für diese Stelle ist ein Studium der Biologie (“Freiland-/Feldbiologe”; kein “Laborbiologe”).

Ausschlaggebend für die Vergabe sind aber die Zusatzqualifikationen (technische Ausbildungen, ua. CAD & GIS-Kentnisse; rechtliche Grundkenntnisse; breites naturschutzfachliches Wissen), ausreichend Praxis, sowie entsprechende soziale Kompetenz und Auftreten.

Amphibienschutz an Landesstraßen (© C. Mairhuber)

6) War es schon immer Dein Wunsch eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Einen Beruf inmitten der Natur (zB als Gärtner, Jäger, Fischer, Förster) auszuüben war schon immer mein Herzenswunsch. Dass ich mich genau in diese Richtung entwickelt habe, ist eigentlich mehr oder weniger nur Zufall.

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Gibt es für BiologInnen Arbeitsmöglichkeiten?

Grundsätzlich erscheint mir die Arbeitsmarktsituation für “Freilandbiologen” immerwährend schwierig zu sein, da beständig zahlreiche Studenten diese Richtung wählen und der Bedarf in der Privatwirtschaft, sowie im öffentlichen Dienst (Verwaltung, Museen, Universität,..) jedoch enden wollend ist.

Ich möchte aber keinesfalls jemanden entmutigen, dieses Studium bzw. diese “Fachrichtung” zu wählen, da das Studium selbst höchst spannend ist und sich – nicht zufällig – die begeistertsten, innovativsten und einsatzbereitesten Studenten (die sich zB bei Exkursionen oder auch anderen Lehrveranstaltungen bereits nach wenigen Minuten hervorheben/herauskristallisieren) auch später beruflich fix verankert wieder finden, da genau diese Personen während deren Ausbildung zahlreiche Praktika machen, somit zu vielen Zusatzqualifikationen kommen und im Laufe der Zeit ein breites Netzwerk an Personen aufgebaut haben und dadurch von ua. auch nicht öffentlich ausgeschrieben, internen Stellenangeboten erfahren bzw. sich aufgrund deren besseren Qualifikationen bei Hearings durchsetzen!

Demnach lautet mein Motto für Interessierte “Gas geben und das zu machen bzw. weiter zu verfolgen , was euch Spaß macht, selbst wenn zahlreiche Zurufer von Außen euch dies nicht wirklich empfehlen”!

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Biologiestudium ist obligat, daneben sind sämtliche, der ua. Fähigkeiten von Vorteil (s. Frage 5)

  • Technische Kenntnisse (Pläne lesen, Karten interpretieren, v.a. GIS/CAD, PC-Kenntnisse, Bauaufsichten…)
  • Grundlagenwissen Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei
  • Breites fachliches Wissen ist bevorzugt (Artenkenntnisse bei Tier- und Pflanzenarten, Lebensräume, Gewässerökologie)
  • Rechtliche Grundkenntnisse (EU-Vorgaben, Bundes- & Landesgesetze, weitere Gesetze, Normen, Vorgaben …)
  • Umwelt-/Ökopädagogik
  • Erfahrungen im Formulieren von Gutachten

Außendienste samt Erfahrungen mit Dritten (Landwirten, Projektplanern, Baufirmen usw.)

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Die Erkenntnisse der Verhaltensforschung, darüber hinaus v.a. die Artenkenntnis und die Fähigkeiten, Ergebnisse samt Schlussfolgerungen zu Papier zu bringen.

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

… sich früh genug um ausreichend Praxis zu kümmern, nach dem Studium erst daran zu denken, ist ein bisschen spät!

… auch über den Tellerrand zu schauen, welche relevanten – v.a. fachlich nahen – Belange außer dem Naturschutz auch noch existieren!

… gutes Durchhaltevermögen!

… & zu guter Letzt: ”reich heiraten”!

Vielen Dank für das Interview!

Kontakt und Links zum Thema:
Christian Mairhuber – Verwaltung Land Steiermark
Life+ Projekt: „Flusslandschaft Enns“

Dr. Klaus Atzwanger studierte Zoologie und Anthropologie mit Schwerpunkt Verhaltenswissenschaften an der Universität Wien. Nach der Mitarbeit in diversen wissenschaftlichen Projekten ist er seit 2001 Unternehmensberater und arbeitet in Innovationsprojekten der technischen Industrie in den Bereichen Forschung, Entwicklung, Marketing und Vertrieb.

Klaus Atzwanger – Verhaltenswissenschafter und Unternehmensberater

1) Beschreiben Sie bitte kurz Ihren Arbeitsalltag. Was sind Ihre Hauptaufgaben?

Ich arbeite in der Unternehmensberatung. Meine Firma entwickelt Methoden, um abzuschätzen ob Dinge oder Produkte in Zukunft am Markt auf Akzeptanz treffen. Es geht also hauptsächlich um die Begleitung der technischen Industrie bei Innovationseinführungen. Ein Unternehmen hat hunderte Ideen und wir arbeiten heraus, welche dieser Ideen es verfolgen sollte, um in 10 Jahren erfolgreich zu sein.

2) Was gefällt Ihnen an Ihrem Job am meisten?

Wenn ich ein Projekt habe, das ich abwickeln soll, gibt es keine Standardmethode, sondern man muss sich immer individuelle Lösungen für Problemstellungen überlegen. Diese Methodenentwicklung und das Überlegen, wie ein Problem zu knacken ist, ist sicher das spannendste an meinem Beruf. Auch die Präsentation der Projekte gefällt mir sehr gut.

3) Gibt es auch Dinge, die Sie an Ihrem Beruf weniger spannend finden?

Die konkrete Umsetzung der entwickelten Lösungswege ist sozusagen Pflicht, das ist für mich nicht mehr so spannend. Aber das muss ich Gott sei Dank kaum selbst machen, sondern nur kontrollieren, dass es funktioniert und dass es der Kunde auch gut findet.

4) Wie sind Sie auf diesen Job aufmerksam geworden?

Ich habe verschiedene Szenarien durchgespielt, was man als Verhaltensbiologe machen kann. Und so kam ich eben darauf, dass ich mit meinem Wissen über Verhaltensforschung am Menschen gut in die Personalentwicklung, ins Marketing oder in die Beratung gehen kann.

 5) Welche Qualifikationen waren besonders entscheidend, dass Sie diesen Job bekommen haben?

Selbstverständlich sind das Biologiestudium und das Wissen über menschliches Verhalten sehr wichtig für meinen Job. Davon bin ich überzeugt. Aber es spielen natürlich auch andere Faktoren, die nicht direkt mit der Biologie zu tun haben, eine sehr große Rolle. Zum Beispiel ist die Formulierung der Inhalte von großer Bedeutung. Man muss dazu in der Lage sein, komplexe Inhalte einfach und nachvollziehbar, aber trotzdem richtig darzustellen. Dies ist sehr wichtig für meinen Beruf, aber natürlich auch für viele andere Berufe.

6) War es schon immer Ihr Wunsch, eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hatten Sie früher andere Berufswünsche?

Bevor ich in der Unternehmensberatung Fuß fasste, war ich viele Jahre in der Wissenschaft. Nach dem PhD und Post-Doc habe ich einige freie, selbst finanzierte Projekte gemacht. Irgendwann dachte ich mir, ich möchte nicht über 40 werden und immer noch freie Projekte machen. Es gibt nämlich eine sehr harte Konkurrenz mit den fix angestellten Kollegen. Und ich wollte am Ende des Tages nicht zweiter Sieger sein! So habe ich mich dann entschieden, aus der Wissenschaft auszusteigen.

7) Wie sehen Sie die Arbeitsmarktsituation in Ihrem Umfeld? Gibt es für BiologInnen Arbeitsmöglichkeiten?

Es gibt natürlich kaum Stellenanzeigen, in denen steht: „Biologe/Verhaltensforscher gesucht“. Als Biologe muss man sich selbst ein Berufsbild oder eine Nische entwickeln. Man muss sich überlegen, welche Fähigkeiten man hat und wo diese gebraucht werden. Der Weg zum Erfolg ist schwer, weil man sich gegen viele Konkurrenten durchsetzen muss. Aber ganz gleich, welche Studienrichtung man wählt, solange man in seinem Gebiet mit Freude und Energie arbeitet und in seinem Fach ein Spezialist wird, dann findet man einen Job, der einen glücklich macht.

8) Ist ein Biologiestudium für Ihre Position notwendig?

Ohne das Biologiestudium und ohne die lange wissenschaftliche Beschäftigung mit menschlichem Verhalten könne ich meinen Job heute nicht so ausführen, wie ich es tue. Aber die Promotion, also der Doktortitel an sich, ist nicht wirklich ausschlaggebend. Die analytische Denkweise und die Sicht auf die Welt, die ich mir während des Studiums angeeignet habe, jedoch schon.

 9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigen Sie in Ihrem Berufsalltag am häufigsten?

Das Wissen über menschliches Verhalten spielt in meinem Beruf eine zentrale Rolle.

10) Was würden Sie Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Das ist sehr schwierig. Meinen Beruf kann man nicht direkt über eine Ausbildungsschiene erreichen, es geht um die Kombination verschiedener Wissensgebiete. Wenn man zehn Jahre Wissenschaftler ist, bewegt man sich in einer völlig anderen Welt als im Bereich des Managements. Es ist wie eine zweite Welt, eine Parallelwelt. Den Sprung vom einen zum anderen muss man daher wollen. Bei mir hat sich das gut ergeben, aber ich kann den Wechsel nicht jedem empfehlen. Als Biologe muss man sich selbst passende Berufsnischen suchen. Und das ist natürlich von Person zu Person verschieden.