Titelbild: via pixabay

Weltweit sind die Bemühungen der Politik, den Klimawandel und seine schlimmsten Auswirkungen noch rechtzeitig zu verhindern, eines der beherrschenden Themen in der öffentlichen Debatte. Die überwältigende Mehrheit der WissenschaftlerInnen ist sich einig, dass die aktuelle Erwärmung der Erde von Treibhausgasen verursacht wird, welche die Menschheit seit der industriellen Revolution in Form von fossilen Brennstoffen in die Atmosphäre einbringt.

Mit dem Inkrafttreten des Pariser Klimaabkommens im November 2016 gipfelte jene Debatte in einem historischen Übereinkommen, in dessen Rahmen sich beinahe alle Staaten der Erde das gemeinsame Ziel setzten, die Erderwärmung unter 2°C zu halten. Auch Österreich emittiert nach wie vor große Mengen an Treibhausgasen und ist aktuell von den in Paris gesteckten Zielen noch weit entfernt. Was tat sich also in der Österreichischen Klimapolitik seit dem Beitritt der EU zum Klimavertrag und was bedeutet er für Österreichs Energiezukunft?

Der Pariser Klimavertrag und seine Eckpunkte

Das Übereinkommen von Paris wurde im Dezember 2015 im Rahmen der UN-Klimakonferenz von den 195 Mitgliedsstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) verabschiedet und ist nach dem Kyoto-Protokoll, dessen finale Phase 2020 ausläuft, die zweite internationale Vereinbarung der UNFCCC. Damit es in Kraft tritt, mussten mindestens 55 Nationen, die zudem für mindestens 55 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sind, das Übereinkommen ratifiziert haben. Dies wurde durch die Beitritte von Kanada, der EU sowie Nepals im Oktober 2016 ermöglicht; somit trat das Übereinkommen im darauffolgenden Monat in Kraft.

Nach den Beitritten Syriens und Nicaraguas sind die USA das einzige Land, das nicht am Pariser Abkommen teilnehmen will. Außerdem stellt die Türkei unter Regierungschef Erdogan die Ratifizierung des Abkommen nach wie vor in Frage.

Das Übereinkommen umfasst die folgenden drei Ziele:
a) Den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten
b) Die Anpassungsfähigkeit an die nachteiligen Auswirkungen der Klimaveränderung zu erhöhen und eine emissionsarme Entwicklung zu fördern, ohne die Nahrungsmittelproduktion zu gefährden
c) Finanzmittelflüsse zugunsten einer emissionsarmen und gegenüber Klimaveränderungen widerstandsfähigen Entwicklung zu beeinflussen

Die Umsetzung soll unter Berücksichtigung der jeweiligen nationalen Gegebenheiten und Möglichkeiten als gemeinsame Bemühung stattfinden. Entwicklungsländer sollen bei der wirksamen Durchführung besonders unterstützt und entlastet, Industrienationen dafür umso stärker in die Pflicht genommen werden.

Der grobe Zeitrahmen des Vertrags gestaltet sich wie folgt: so bald wie möglich den „global peacking of greenhouse gas emissions“ erreichen und die weltweiten Nettoemissionen spätestens mit Beginn der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts auf null bringen. Das soll einerseits durch eine Emissionsreduktion, als auch durch die vermehrte Speicherung von atmosphärischem Kohlenstoff (z.B. Wiederaufforstung) erreicht werden. Man nimmt an, dass sich die Konzentrationen der Treibhausgase ohne anthropogene Emissionen langfristig wieder in Richtung des präindustriellen Niveaus entwickeln werden. Besonderes Augenmerk legt der Vertrag dabei zudem auf die Bekämpfung der Armut und eine nachhaltige Entwicklung. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse sollen laufend verstärkt berücksichtigt und in die konkrete Planung miteinbezogen werden.

In der Praxis sieht der Vertrag vor, dass diese Ziele über nationale Klimaaktionspläne und freiwillige Kooperationen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten mit über den Vertrag hinausgehenden Ambitionen die Basis für die Reduktion der Emissionen bilden. Diese Klimaaktionspläne (INDC’s bzw. NDC‘s – (Intended) National Determined Contributions) sollen alle fünf Jahre einer Revision unterzogen werden, damit die Ziele des Abkommens im angestrebten, knappen Zeitrahmen erreicht werden können. Die erste Revision ist auf Druck einer Lobby von besonders betroffenen Nationen hin bereits für 2018 angesetzt. Dies verdeutlicht den politischen Druck den das Abkommen auf die Vertragspartner ausübt.

Was bedeutet das konkret für Österreich?

Bereits im Oktober 2014 hat die EU das rechtlich bindende Klima- und Energiepaket 2030 formuliert – unabhängig vom Inkrafttreten des Übereinkommens von Paris. Die EU beabsichtigt, ihre NDC in einer gemeinsamen europäischen Bemühung zu erfüllen. Mit dem zeitlich deutlich vor Paris angesetzten Beschluss versuchte die EU ein klares Signal für Klimaschutz und den möglichst zeitnahen Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu setzen. Die Eckpunkte sehen eine Reduktion der Binnenemissionen um 20 Prozent bis 2020 bzw. 40 Prozent bis 2030, den Ausbau von erneuerbaren Energieträgern und der Energieeffizienz um jeweils 27 Prozent, sowie die Integration von nachhaltiger, klimaschonender Landnutzung und den weiteren Ausbau des EU-Emissionshandels vor.

Die EU hat dabei ihren Emissionspeak bereits erreicht und konnte seine Gesamtemissionen um 19 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 reduzieren, bei einer gleichzeitigen Steigerung des EU-weiten BIP um über 44 Prozent im selben Zeitraum. Ein weiterer für die EU relevanter Kernpunkt des Pariser Abkommens ist die Entwicklungszusammenarbeit oder konkreter: „Capacity Building“ und Technologietransfer. Hierbei sollen Best-Practice Mitgliedsstaaten (wie z.B. Österreich im Sektor Stromerzeugung und Biotechnologie) ihr technologisches Know-How verstärkt an Entwicklungsländer weitergeben. Besonderes Augenmerk legt der Vertrag auf REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation), also den Erhalt und die Wiederaufforstung von Wäldern, damit diese ihrer Funktion als Kohlenstoffsenker nachkommen können. Laut einer Untersuchung des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) von 2007 stammen über 17 Prozent der globalen Emissionen aus dem Forstsektor. Abholzung und Walddegradation können über REDD+ Maßnahmen gezielt mittels finanzieller Anreize für den Erhalt von Wäldern bekämpft werden.

Österreichische Strategie für eine kohlenstoffarme Entwicklung fehlt bis Dato

Als Grundlage für die Umsetzung der Österreichischen Klimaschutzziele erarbeiteten Infrastrukturministerium, Wirtschaftsministerium, Sozialministerium und Umweltministerium gemeinsam das sogenannte „Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie“. Zum Stand der Veröffentlichung (2016) deckte Österreich bereits 70 Prozent seiner Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und bringt daher im internationalen Vergleich viel Know-how und Kompetenz in relevanten Bereichen mit. Dennoch ist die Aufgabe, eine klare Klimastrategie (mittelfristig bis 2030, langfristig bis 2050) zu erstellen, keine leichte. Die zuständigen Ministerien äußern sich im Grünbuch diese Herausforderung betreffend wie folgt:

„Die zukünftige Energie- und Klimastrategie soll am Zielquartett der Energiepolitik festhalten. Dies bedeutet, dass neben der Nachhaltigkeit auch die Gewährleistung von Versorgungssicherheit, die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft und die leistbare und faire Verteilung der Kosten des Energiesystems gleichrangige energie- und klimapolitische Ziele darstellen. Dabei ist klar, dass diese Ziele zumindest teilweise in einem Spannungsfeld zueinander stehen und einen Interessenausgleich erfordern.“

Das Grünbuch stellt den Versuch einer Bestandsaufnahme des Österreichischen Status Quo in Punkto Klimaschutz und Nachhaltigkeit dar, und soll einen intensiven fachlichen Austausch mit allen beteiligten AkteurInnen anstoßen. Konkret war ein Konsultationsprozess am Laufen, der von Juli bis September 2016 allen interessierten Personen und Institutionen die Möglichkeit bot, über einen 60 Fragen umfassenden Katalog ihre Meinung und Fachkompetenz einzubringen. Die meisten davon sind jedoch fachlich komplex und für nicht fachkundige Personen kaum sinnvoll zu beantworten.

Es wird versucht, mit dem Grünbuch neben der Erfassung der Treibhausgasemissionen auch alle anderen Aspekte der Energiepolitik (Kosten, Versorgungssicherheit, Forschung) abzudecken und zu analysieren. Es wurden außerdem Bemühungen unternommen – wenig konkret und umfassend, gesamteuropäische als auch globale Entwicklungen zu erkennen und deren Einfluss in eine Österreichische Energie- und Klimastrategie zu integrieren.

Der umfangreichste und am besten gelungene Abschnitt beschäftigt sich mit Studien und Szenarien zur zukünftigen Entwicklung des Österreichischen Energiesystems, um Potentiale zu erkennen und daraus gezielte Maßnahmen ableiten zu können. Abschließend wird ein erster holpriger Versuch, die Analysen zu konkretisieren und die grobe Richtung für eine künftige Energie- und Klimastrategie vorzugeben unternommen.

Abbildung 1: Titelseite des Grünbuchs. Quelle: Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft

Insgesamt entsteht mit dem Näherrücken der ersten Revision der nationalen Aktionspläne der Eindruck, dass die in Paris gesteckten Ziele, insbesondere für Industrienationen wie Österreich, eine enorme politische und wirtschaftliche Herausforderung darstellen. Zunächst sind die Ziele an sich schon sehr ambitioniert. Durch den notwendigerweise straffen Zeithorizont verschärft sich diese Problematik nur noch weiter. Dennoch ist das Inkrafttreten des Pariser Klimavertrags ein historischer Meilenstein, wenngleich sich die Umsetzung deutlich schwieriger und komplexer herausstellt als erhofft, die ersten zaghaften Schritte gehen nur schleppend voran.
In Österreich fehlt bislang eine klare Strategie zur Implementierung des Klimaabkommens von Paris. Die Bildung der neuen Regierung und Ernennung der Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger, gibt noch keine Hoffnung auf Beschleunigung.

Der Klimawandel wartet nicht

Die extremen Wetterereignisse im Sommer 2017 haben die Debatte erneut ins öffentliche Bewusstsein gerückt. In den USA ist nach mehreren Rekord-Hurricanes in der diesjährigen Tropensturmsaison die Debatte über den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen neu entfacht. Österreich erlebte dieses Jahr gleich fünf Hitzewellen mit Temperaturen weit jenseits der 30°C und ungewöhnlich viele Tropennächte. Südostasien hatte dank eines der stärksten Monsunereignisse in der jüngeren Vergangenheit mit einer gewaltigen Flutkatastrophe zu kämpfen. Der Klimawandel ist nicht länger eine Bedrohung für die Zukunft, kein Problem künftiger Generationen. Er ist in der Gegenwart angekommen. Und es wird ihm nur mit raschem, internationalem Handeln beizukommen sein, genau wie es der Pariser Klimavertrag verlangt. Das sich erwärmende Weltklima wird letzten Endes auch vor Europa und Österreich nicht Halt machen. Während der letzten Legislaturperiode wurde dem Klimaschutz von der Bundesregierung bedauerlicher Weise wenig Beachtung geschenkt. Es bleibt zu hoffen, dass die künftige Regierung die Dringlichkeit der Situation und die Notwendigkeit von konkreten gesetzlichen Maßnahmen erkennt. Es ist sprichwörtlich Zeit, seinen Beitrag zu leisten.