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Titelbild: via pixabay

Es ist wieder so weit. Das Wissenschaftsbuch des Jahres wird gekürt. Bereits im November wurden die Nominierungen für die Shortlists der vier Kategorien festgelegt. Nun liegt die Entscheidung beim Publikum. Um einen Einblick zu geben, haben wir eine kurze Vorstellung der Nominierten in den Kategorien „Medizin-Biologie“ und „Naturwissenschaft und Technik“ für euch.

MEDIZIN/BIOLOGIE – Ein Potpourri der Verhaltensforschung und (Epi-)Genetik.

Homo hapticus.

„Fühlen und tasten ist viel wichtiger für unser Überleben als sehen, hören, riehen und schmecken.“

Der experimentelle Psychologe Martin Grunwald – Gründer des Haptik-Labors der Universität Leipzig – greift auf seine jahrelange Erfahrung in der Erforschung des menschlichen Tastsinns zurück, um zu zeigen welche fundamentale Rolle der Tastsinn für die Lebensweise des Menschen einnimmt. Er streicht hier vor allem die Bedeutung von Berührungen für jede Altersstufe und in jedem Lebensbereich hervor (DUNBAR – wie AnthropologInnen jetzt vielleicht schon Assoziationen hervorbrüllen), und übt zudem Kritik an einer Lebenswelt, die von Touchscreens bestimmt ist.

Homo hapticus. Warum wir ohne Tastsinn nicht leben können.
Autor: Martin Grunwald | ISBN: 978-3-426-27706-5 | Droemer Knaur Verlag

Homo urbanus.

In ihrem aktuellen Buch greift Elisabeth Oberzaucher – bekannt von den Science Busters und ihren Vorlesungen an der Universität Wien – eine zentrale Frage ihrer Wissenschaftskarriere auf: Wie müssen Städte beschaffen sein, damit Menschen sich dort wohlfühlen? Ausgehend von den prägenden evolutionären Bedingungen der physischen und sozialen Umwelt des Menschen und dessen Einfluss auf sein Verhalten, analysiert Oberzaucher die Anforderungen an unseren jetzigen urbanen Lebensraum und liefert Lösungsvorschläge zur Stadtplanung und -gestaltung.

Homo urbanus. Ein evolutionsbiologischer Blick in die Zukunft der Städte.
Autorin: Elisabeth Oberzaucher | ISBN: 978-3-662-53837-1| Springer Verlag

Gewalt und Mitgefühl.

Der Primatologe und Neurowissenschaftler Robert Sapolsky begibt sich in seinem neuen Buchauf die Suche nach dem Ursprung des menschlichen Verhaltens. Manche von euch kennen vielleicht schon frühere Werke von ihm, wie etwa „Warum Zebras keine Migräne kriegen“ (1996) zum Thema Stress. Diesmal analysiert Sapolsky das komplexe Zusammenspiel der biologischen und physiologischen Faktoren, die zu Gewalt und Mitgefühl führen. Bis zur Frage: Was hat die Evolution damit zu tun, dass wir morden?

Gewalt und Mitgefühl. Die Biologie des menschlichen Verhaltens.
Autor: Robert Sapolsky | ISBN: 978-3-446-25672-9 | Hanser Verlag

Der Telomer Effekt.

Sind Telomere der Schlüssel zu lebenslanger Gesundheit? Die Nobelpreisträgerin Elizabeth Blackburn und Ihre Kollegin Elissa Epel ziehen Schlüsse aus der jahrelangen Erforschung von Telomeren – jenen Schutzkappen der Chromosomen, die in Zusammenhang mit Zellalterung und der Entstehung von Krankheiten stehen, und weisen in diesem Buch den möglichen Weg zu einem vitalen Körper.

Die Entschlüsselung des Alterns: Der Telomer-Effekt.
Autorinnen: Elizabeth Blackburn & Elissa Epel |
ISBN: 978-3-442-39288-9 | Mosaik Verlag


Gesundheit ist kein Zufall.

Der Wissenschaftsautor Peter Spork taucht in die Unendlichkeit der Genregulation ein. In seinem Buch veranschaulicht er, wie die Weitergabe von Gesundheit über Generationen hinweg funktioniert und wie man die molekularbiologischen Prozesse dahinter steuern kann. Somit werden bekannte und neue Erkenntnisse der modernen Biologie und Epigenetik aufgegriffen und plakativ besprochen: Gesundheit ist kein Zustand. Gesundheit ist ein andauernder Prozess.

Gesundheit ist kein Zufall. Wie das Leben unsere Gene prägt.
Die neuesten Erkenntnisse der Epigenetik.
Autor: Peter Spork| ISBN: 978-3-421-04750-2 | DVA Verlag

NATURWISSENSCHAFT/TECHNIK – Eine Symbiose von Luft, Wasser und dem Universum.

Die Genies der Lüfte.

Die Wissenschaftsjournalistin Jennifer Ackerman beschäftigt sich in ihrem Buch mit den intelligenten Wesen der Lüfte, die über unseren Köpfen die Welt befliegen und durch ein Netz aus Strömungen navigieren: die Vögel. Sie sind nicht nur technisch begabt, sondern zeigen auch Zeichen ausgeprägter sozialer Intelligenz und manche Arten können, neuen Erkenntnissen zufolge, hinsichtlich ihrer kognitiven Fähigkeiten selbst mit Primaten mithalten. Ackerman vernetzt wissenschaftliche Erkenntnisse und Erzählungen von Zusammentreffen mit OrnithologInnen weltweit mit kurzen persönlichen Anekdoten, die ein buntes Bild der Vogelwelt zeichnen.

Die Genies der Lüfte. Die erstaunlichen Talente der Vögel.
Autorin: Jennifer Ackerman | ISBN: 978-3-498-00098-1 | rowohlt Verlag

Der Zufall, das Universum und du.

Der oberösterreichische Physiker Florian Aigner geht in seinem neuen Buch seiner Berufung zum Wissenschaftserklärer nach und zeigt, dass der Zufall eine prägendere Rolle spielt als wir uns eingestehen. Auf der Suche nach dem nächsten fundamentalen Naturgesetz fällt die Einsicht schwer, dass auch das simple Chaos Gestaltungsmacht besitzt. So finden sich Beispiele für die (un)glücklichen Auswirkungen des Zufalls in der Physik bis zur Biologie und Genetik. Aigner erklärt Zusammenhänge mit Humor und einem erstaunlichen Wissensrepertoire. Am Ende bleibt es dann wohl Zufall, ob ihr die Entscheidung trefft, euch einen Mühlviertler ins Buchregal zu stellen.

Der Zufall, das Universum und du. Die Wissenschaft vom Glück.
Autor: Florian Aigner | ISBN: 978-3-7106-0074-6 | Brandstätter Verlag

Flut.

In „Flut“ taucht der britische Naturwissenschaftler Hugh Aldersey-Wiliams in die faszinierende Welt der Gezeiten ein. Bekannt ist: Die Gezeitenkräfte von Mond und Sonne führen zum Phänomen von Ebbe und Flut, welches Lebensräume für Organismen prägt und in regelmäßigen Abständen Badegäste von Stränden vertreibt. Aldersey-Williams geht in seinem Buch jedoch einen Schritt weiter. Er beschreibt die Einflusskraft der physischen Präsenz der Gezeiten auf den Menschen und erzählt anhand überlieferter Mythen die Geschichte der Gezeiten. Eine Erzählung von Entstehung und Zerstörung.

Flut. Das wilde Leben der Gezeiten.
Autor: Hugh Aldersey-Williams | ISBN: 978-3-446-25497-8 | Hanser Verlag

Symbiosen.

„Es liegt in unserer Verantwortung, die größte und wichtigste aller Symbiosen zukunftstauglich zu gestalten: die Symbiose von Mensch und Natur.“

Niemand ist eine Insel für sich allein. Das stellen Johan Brandstetter und Josef Reichholf ein für alle Mal klar. Gut so. Denn wie wir wissen, ist das Überleben vieler Lebensformen von wechselseitigen Bündnissen mit anderen Lebewesen abhängig. Doch auch, wenn es sich nicht um den reinen Lebenserhalt dreht, sind die gewachsenen Kooperationen zwischen Organismen von Nutzen. „Symbiosen“ macht auch vor dem Menschen nicht halt und zeigt, inwiefern die Anerkennung der Symbiose zwischen Mensch und Natur für den Umgang mit Umweltschutz und Klimawandel relevant ist.

Symbiosen. Das erstaunliche Miteinander in der Natur.
Autoren: Johann Brandstetter & Josef H. Reichholf |
ISBN: 978-3-957-57366-7 | Matthes & Seitz Verlag

Der Geist des Ozeans.

Es sind die Geschichten und Lebensereignisse des Königs aller Weltmeere, die Kurt de Swaaf in seinem Buch gefüllt mit Erzählungen und Kurzfakten aufgreift: Der Pottwal ist bekannt aus Büchern wie Moby Dick, Medienberichten zur Strandung des Wals Physty vor Long Island im Jahr 1981 oder auch aus Vorträgen über Kommunikation über Schall & Echo. Der Biologe de Swaaf führt den Leser durch die erstaunliche Welt dieses Ozeanriesen und seines Feindes – dem Menschen.

Der Geist des Ozeans.
Autor: Kurt de Swaaf | ISBN: 978-3-710-90019-8 | Benevento Verlag

Titelbild: Steinadlermonitoring 2013 © Reinhard Thaller

Mag. Alexander Maringer hat Ökologie mit zoologischem Schwerpunkt an der Universität Salzburg studiert. Nebenbei hat er Ausbildungen für ArcGis sowie diverse außeruniversitäre Projektmanagement- und Medien-Schulungen absolviert. Seit 2011 arbeitet er als Zoologe im Fachbereich Naturraum & Naturschutz in der Nationalpark Gesäuse GmbH.

1) Beschreibe bitte kurz Deinen Arbeitsalltag. Was sind Deine Hauptaufgaben?

Alexander Maringer © Helmut Fröschl

Ich bezeichne meinen Job gerne als „zoologischer Projektmanager“. Ich bin für den zoologischen Teil des Naturraummanagements, des Monitorings und der Forschung im Nationalpark Gesäuse zuständig. Das beginnt beim Luchs und Rothirsch, reicht über Insekten und endet bei kleinsten Gewässerorganismen.

Forschungsfragen, Monitoring usw. werden größtenteils mit Hilfe externer Spezialisten bearbeitet. Ich formuliere den Arbeitsauftrag, begleite die Arbeiten bis hin zum Endbericht und sorge dafür, dass die Erkenntnisse in der Arbeit des Nationalparks auch umgesetzt werden. Neben den sehr spannenden Tagen im Freiland steckt dahinter ein nicht unbeträchtlicher Verwaltungsaufwand und Wissensmanagement am Computer.

2) Was gefällt Dir an Deinem Job am meisten?

Meine Arbeit ist sehr abwechslungsreich. Es ist eine Kombination aus Forschung am Puls der Zeit, Austausch mit internationalen ExpertInnen, Aufbereitung von Informationen für Öffentlichkeit, Presse und Fachpublikum, sowie dem Verschneiden von Ergebnissen für weitere Forschungsfragen. Ich kann dabei meinen eigenen Ideen nachgehen und habe ausreichend finanziellen Spielraum um allen Aufgaben gerecht werden zu können.

3) Was gehört zu den schwierigsten Dingen in Deinem Beruf? Was sind für Dich die größten Herausforderungen?

Es bleibt schwierig, den Grundgedanken eines Nationalparks, den Prozessschutz, in den Köpfen der Menschen zu verankern. Die wirklich ungezähmte Natur löst Urängste des Kontrollverlustes aus und kaum jemand möchte sich darauf einlassen. Dabei kann jede Lawinenrinne bei uns Zeugnis geben, um wieviel artenreicher und diverser ein Ökosystem ist, das von uns Menschen nicht ständig gepflegt und behütet wird.

Letztlich muss man sich auch verteidigen, dass ein Nationalpark der Öffentlichkeit Geld kostet. Ja, er kostet Geld, nämlich jeder Österreicherin und jedem Österreicher genau 25 Cent pro Jahr!

4) Wie bist Du auf diesen Job aufmerksam geworden?

Die Stelle war in einer großen österreichischen Tageszeitung ausgeschrieben. 90% des Profils traf auf meinen Berufswunsch zu und so musste ich mich einfach bewerben, auch wenn des Gesäuse nicht gerade der Nabel der Welt ist.

5) Welche Qualifikationen waren besonders entscheidend, dass Du diesen Job bekommen hast?

Wenn wir über Freilandarbeit sprechen, dann ist Flexibilität gefragt. Das Wetter im Gebirge ist launisch und selbst weitgereiste Spezialisten sind nicht davor gefeit, dass ihre Zielarten sich bei nassem, trockenem, kaltem oder heißem Wetter nicht blicken lassen. Hier vor Ort die Lage für mehrere Teams gleichzeitig einzuschätzen, sie zu betreuen und das Zwischenmenschliche nicht zu kurz kommen zu lassen, ist mir wichtig, kann aber im Frühsommer schon einmal zum Belastungstest werden.

Weiters ist es wichtig, das Geleistete gut darzustellen. Das haben sich alle ExpertInnen verdient, dass ihre Arbeit sichtbar und ihr Wert anerkannt werden. In der heutigen Zeit ist das eine Art Marketing für Forschung. Nur so ist man bei Förderungen erfolgreich und bekommt auch öffentliche Aufmerksamkeit.

Johnsbach (li) und Panorama des Johnsbach mit Hochtorgruppe (re) © Andreas Hollinger

6) War es schon immer Dein Wunsch eine Arbeit dieser Art auszuüben oder hattest Du früher andere Berufswünsche?

Das Biologiestudium war schon immer mein großer Wunsch. In der ersten Klasse Gymnasium hat ein Biologielehrer mein bereits sehr frühes Interesse für Natur und Tiere verstärkt und ich habe „Feuer gefangen“. Ich belegte naturwissenschaftliche Fächer und freute mich über das Fach „Biologie vertiefend“. Nach der Matura kam nichts anderes als ein Biologiestudium in Betracht.

7) Wie siehst Du die Arbeitsmarktsituation in Deinem Umfeld? Wie stehen die Jobaussichten für BiologInnen?

Ich sehe in meinem Umfeld ein breites Spektrum. Von jungen fähigen BiologInnen, die für ihr Alter ein erstaunliches Spezialwissen mitbringen, sich aber unter Wert verkaufen (müssen), über Technische Büros, die den Wert ihrer Arbeit sehr wohl kennen und oft gesuchte Spezialisten stellen können, bis zu emeritierten Persönlichkeiten, die in ihrem Spezialgebiet allein auf weiter Flur geblieben sind.

In manchen Tätigkeitsfeldern ist die Konkurrenz groß und es fällt selbst den fachlich Besten schwer sich zu behaupten, in anderen Feldern bleiben Ausschreibungen ohne Echo, weil es schlicht niemanden gibt, der die Fragestellung bearbeiten kann.

Es gibt Vieles zu tun für BiologInnen, davon bin ich fest überzeugt. Nur das Wissen, das uns vielleicht fehlt, das kann niemand von heute auf Morgen aus dem Ärmel ziehen. Wer aber den Markt beobachtet, seine Interessen konsequent verfolgt und seine Qualifikationen ausbaut, der wird auch erfolgreich sein.

8) Ist ein Biologiestudium für Deine Position notwendig, welche anderen Ausbildungen wären hilfreich?

Ja, ein einschlägiges Studium ist Voraussetzung. Ich habe Ökologie an der Universität Salzburg studiert und mich auf zoologische Themen spezialisiert. Daneben habe ich Ausbildungen für das Geografischen Informationssystem ArcGIS und diverse außeruniversitäre Projektmanagement- und Medien-Schulungen gemacht.

Notwendig wäre es meines Erachtens schon während des Studiums mehr über die rechtlichen Aspekte der Naturschutzarbeit zu lernen. Darüber hinaus sollte man auf praktische Dinge, wie Projektanträge, Werkverträge und ähnliches vorbereitet werden. All dem steht man ja völlig hilflos gegenüber, wenn man das erste Mal damit konfrontiert wird.

Alexander bei der Arbeit: links © Birgit Falter, rechts © Reinhard Thaller

9) Welche Inhalte des Biologiestudiums benötigst Du in Deinem Berufsalltag am häufigsten?

Zum einen ist es das Wissen über Ökosystemzusammenhänge, das es mir ermöglicht, täglich Einordnungen vorzunehmen und Entscheidungen zu treffen. Zum anderen ist es die im Studium nicht besonders geliebte Theorie, wie man zu einer belastbaren, wissenschaftlichen Studie kommt und seine Ergebnisse korrekt verfasst. Was nie schadet ist Artenkenntnis, denn wenn einem jemand ein Insekt unter die Nase hält, sollte man zumindest wissen, in welchem Buch (oder auf welcher Internetseite) man zu suchen beginnt.

10) Was würdest Du Biologiestudierenden raten, die sich für einen ähnlichen Job interessieren?

Viele beginnen im Nationalpark mit einem Projekt und erweitern ihr Aufgabengebiet bis zu einer Fixanstellung. Bei mir war es wohl ein eher ungewöhnlicher Werdegang, denn ich hatte davor noch nie in einem Nationalpark gearbeitet.

Egal was du tust, wenn du es mit Leidenschaft tust, wirst du gut sein und dich von anderen abheben. Es ist aber auch notwendig nach links und rechts zu schauen und von anderen zu lernen.

Vielen Dank!

Weblink: Nationalpark Gesäuse