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In Österreich gibt es 50 verschiedene Gelsenarten (Stechmücken). Auch wenn diese sehr unterschiedliche ökologische Nischen besetzen, kann man kann sie grob in Lebensformtypen unterscheiden: Hausgelsen, Überschwemmungsgelsen, Frühjahrsgelsen und die Baumhöhlenbrüter. In den letzten Jahren wurden in Europa auch gebietsfremde Arten (Neobiota) eingeschleppt, wie z.B. die Asiatische Tigermücke.

Weltweit gibt es über 3500 Gelsenarten (=Stechmücken, Culicidae), und alle sind unterschiedlich. Sie unterscheiden sich in Aussehen und Genetik, bewohnen verschiedene Kontinente, haben unterschiedliche Vorlieben bezüglich Lebensraum und Brutgewässer. Manche Gelsenweibchen stechen am liebsten Säugetiere, andere haben es auf Amphibien abgesehen. Es gibt Generalisten (weniger anspruchsvoll) und Spezialisten, verschiedene Paarungssysteme und unterschiedliche Strategien um den Winter zu überstehen. Bevor man das nächste Mal über „die Gelsen“ schimpft, sollte man sich also genau ansehen, wen man da eigentlich vor sich hat.

In Österreich kann man 50 verschiedene Gelsenarten (aus 8 Gattungen) finden [1]. Nach ihren Präferenzen kann man diese grob in verschiedene Lebensraumtypen unterscheiden: Hausgelsen, Überschwemmungsgelsen, Frühjahrsgelsen und die Baumhöhlenbrüter.

Hausgelsen

Hausgelsen (hauptsächlich Arten der Gattung Culex; Abb. 1) sind vor allem im urbanen Raum zu finden. Der häufigste Vertreter dieser Gruppe ist in Österreich, sowie in vielen anderen Teilen Mitteleuropas, die Gemeine Stechmücke (Culex pipiens) [2]. Die Weibchen überwintern in der Natur in hohlen Bäumen und Erdlöchern, im Siedlungsbereich in Kellern, Dachböden oder anderen frostfreien Räumen. Im Frühjahr reichen kleinste Wasseransammlungen (in der Nähe ihres Winterschlafplatzes) für die Eiablage aus. Da diese Gelsen in unseren Behausungen überwintern, sind sie es auch, die uns im Frühling als erstes und im Spätherbst als letztes stechen wollen. Die Hausgelsen-Weibchen suchen ihre Opfer für die nächste Blutmahlzeit meist in der Dämmerung oder Nacht. Waren sie bei der Suche nach einem Wirtstier erfolgreich, nutzen sie nun das Protein aus der Blutmahlzeit, um daraus Eier zu entwickeln. Die Eier werden dann in Paketen – sogenannten Eischiffchen – auf der Wasseroberfläche abgelegt. Als Eiablageplatz eignen sich die Uferbereiche von Teichen und stehenden Wassergräben aber auch Regentonnen, Blumentopfuntersetzer oder Vogeltränken. Ein Weibchen legt etwa 150 - 250 Eier, aus denen sich dann mehrere Generationen pro Jahr entwickeln können [3]. Somit können Hausgelsen abhängig von den herrschenden Klimabedingungen (Niederschlag, Temperatur etc.) mehrere Generationen im Jahr hervorbringen. Je nach Witterung kann ein solches Weibchen bis zum Ende der Saison theoretisch mehrere Millionen Nachkommen haben.

Hausgelsen-Weibchen legt gerade ein Eischiffchen auf der Wasseroberfläche ab.
Abb. 1 Ein Hausgelsen-Weibchen legt gerade ein Eischiffchen auf der Wasseroberfläche ab. (Bild: flickr/Sean McCann, CC BY-NC-SA 2.0)

Frühjahrsgelsen

Im Gegensatz dazu haben Frühjahrsgelsen (diese stammen meist aus der Gattung Aedes, zB. Ae. cantans, Ae. communis, Ae. rusticus; aber auch Culiseta, zB. Cs. morsitans) nur eine Brut pro Jahr. Bei den Frühjahrsgelsen überwintern die Eier oder die Larven. Die Larven entwickeln sich bereits bei geringer Wassertemperatur (10 °C), sodass die ersten adulten Tiere bereits ab April zu finden sind.

Überschwemmungsgelsen

Überschwemmungsgelsen (eine Vielzahl der Aedes-Arten) sind aufgrund ihrer Eilegestrategie stark von der Dynamik der Auwälder abhängig. Die Weibchen legen ihre Eier in trockenliegende Überschwemmungsgebiete, wo diese oft über mehrere Jahre ohne Wasser überdauern können. Wenn nach einem Hochwasserereignis die Eier überflutet werden, kommt es zu einem Massenschlupf der Larven. Überschwemmungsgelsen verbleiben normalerweise in der Nähe ihres Brutplatzes, können aber passiv durch starken Wind weit vertragen werden. Im Gegensatz zur Hausgelse überleben die adulten Überschwemmungsgelsen meist nur bis zum nächsten Wetterumschwung und sterben spätestens im Herbst ab, und nur die Eier überwintern.

Fiebergelsen

Fiebergelsen (Gattung Anopheles) verdanken ihren Namen der Tatsache, dass sie Hauptüberträger der Malaria-Erreger sind. Sie sind vom Lebensformtyp ähnlich den Hausgelsen. Sie sind nachtaktiv und stechen am liebsten Säugetiere (v.a. Rinder, aber auch Menschen). Man findet sie in menschlichen Bauten aber noch häufiger in feuchten Räumen und Tierställen, in denen sie auch überwintern. Als Brutgewässer nutzen sie meist saubere natürliche Gewässer, wie grasige oder verkrautete Ufer von Seen oder Tümpeln.

Baumhöhlenbrüter

Die Baumhöhlenbrüter (hauptsächlich Vertreter der Gattung Aedes) waren bis vor ca. 30 Jahren eine recht wenig beachtete Gruppe. In dieser Gruppe legen Weibchen ihre Eier am Rand kleinster Wassermengen – wie eben in Baumhöhlen – ab. Kulturfolgende Vertreter dieser Gruppe finden im städtischen Raum eine Vielzahl an möglichen Brutgewässern. Regentonnen, Blumentopfuntersetzer, stehengelassener Müll, Spielzeug oder Werkzeug. Alle Gefäße, in denen sich Wasser sammeln kann, sind mögliche Brutgewässer für diese Arten – weshalb sie auch Container-Brüter genannt werden.

Gebietsfremde Arten

Gerade diese Container-brütenden Gelsen sind es, die in den letzten Jahrzehnten vermehrt in Europa eingeschleppt wurden. Hierbei gilt zu beachten, dass diese oft aus weit entfernten Gebieten (meist asiatischer Raum) stammenden, gebietsfremden Arten (Neobiota) nicht mit dem in den Medien gerne verwendeten Begriff „invasive Arten“ gleichzusetzen sind. Nach der Definition der IUCN (International Union for Conservation of Nature) gelten als invasive Arten nur solche, die nachweislich zu Veränderungen in der Struktur und Zusammensetzung von Ökosystemen führen, sich nachteilig auf die Ökosystemleistungen, die menschliche Wirtschaft und das Wohlbefinden auswirken [4]. Dies entspricht neben der Etablierung in einem neuen Gebiet auch der Verdrängung einheimischer Arten. Erst wenn dies zutrifft handelt es sich um invasive Arten.

Eine gebietsfremde Art konnte sich in Österreich bereits etablieren: die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus). Diese Art ist ursprünglich in Korea, Japan, Taiwan, sowie im Süden von China und Südosten von Russland heimisch und wurde in Europa vermutlich durch den Gebrauchtreifen-Handel eingeschleppt [5]. In Europa wurde sie erstmals im Jahr 2000 in der Normandie (Orne), im Norden Frankreichs, nachgewiesen. Seit 2002 gibt es Belege dieser Art in Belgien, in der Schweiz seit 2008 und seit 2011 in Deutschland. In Österreich wurde die Asiatische Buschmücke ebenfalls erstmals 2011 in der Steiermark ermittelt [6], inzwischen ist sie jedoch in allen Bundesländern nachgewiesen worden. Sie ist mammalophil/anthropophil (sticht daher gerne Menschen) und im Gegensatz zu den meisten heimischen Arten auch tagaktiv.

Im Gegensatz dazu konnte sich die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus; Abb. 2) in Österreich bisher noch nicht etablieren. Die Asiatische Tigermücke stammt ursprünglich aus den tropischen Wäldern Südost-Asiens und wurde nach Europa vor allem mit Gütertransporten (insbesondere mit Gebrauchtreifen und Glücksbambus) eingeschleppt [5]. Vor ungefähr 30 Jahren wurde sie erstmals in Albanien und später in Italien nachgewiesen und konnte sich von dort rasch in Südeuropa ausbreiten. Durch den passiven Transport adulter Tiere in Autos und Lastwägen wurde sie auch weiter in nördliche Gebiete verschleppt [7]. So erfolgten in Deutschland und der
Schweiz Nachweise dieser Gelsenart besonders entlang Autobahnrouten aus Südeuropa [8], [9]. Die Asiatische Tigermücke hat sich in den letzten Jahren rapide in Europa ausgebreitet [5], [10] und wurde bereits in allen österreichischen Nachbarländern gefunden. In Italien, der Schweiz und Slowenien bestehen bereits etablierte Populationen.

Auch in Österreich konnte Ae. albopictus bereits nachgewiesen werden: im Jahr 2012 in Tirol und im Burgenland, und seit 2016 an mehreren Standorten in Tirol. Bisher bestehen jedoch keine stabilen, überwinternden Populationen dieser Art in Österreich. Die nachgewiesenen Exemplare der Asiatischen Tigermücke scheinen jedes Jahr aufs Neue aus Nachbarländern importiert worden zu sein. Grund hierfür dürfte vor allem sein, dass diese Art, im Gegensatz zu der Asiatischen Buschmücke, aus tropischen Gebieten stammt. Die nördliche Ausbreitungsgrenze der Asiatischen Tigermücke in Europa wird vor allem durch die vorherrschenden Wintertemperaturen und die jährliche Jahresmitteltemperatur bestimmt [11]. Steigende Temperaturen im Zuge der Klimaerwärmung begünstigen somit die Etablierung von Populationen der Asiatischen Tigermücke in immer nördlicheren Gebieten.

Eine Asiatische Tigermücke (Ae. albopictus)
Abb. 2 Eine Asiatische Tigermücke (Ae. albopictus) erkennt man an dem weißen Streifen am Rückenschild, den weißen Spitzen an den Palpen, sowie den gestreiften Beinen. (Bild: flickr/Sean McCann, CC BY-NC-SA 2.0)
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Ist es eine Tigermücke?

Tigermücken sind sehr kleine Gelsen (passen problemlos auf eine 1-Cent-Münze). Man erkennt sie an ihrem weißen Streifen auf dem schwarzen Rückenschild und den schwarz-weiß gestreiften Hinterbeinen (Abb. 2). Aber Achtung! Die gestreiften Beine alleine sind noch kein eindeutiges Merkmal – auch sehr viele heimische Arten haben diese.
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Literatur

[1] C. Zittra, M. Car, M. Lechthaler, and W. Mohrig, “Diptera: Culicidae,” in Fauna Aquatica Austriaca, 3rd ed., O. Moog and A. Hartmann, Eds. Wien: BMLFUW, 2017, pp. 1–11.
[2] K. Lebl et al., “Mosquitoes (Diptera: Culicidae) and their relevance as disease vectors in the city of Vienna, Austria,” Parasitol. Res., vol. 114, no. 2, 2014.
[3] N. Becker, D. Petric, M. Zgomba, M. Madon, C. Dahl, and A. Kaiser, Mosquitoes and Their Control, 2nd ed. Springer, 2010.
[4] C. Shine, N. Williams, and L. Gründling, Environmental Policy and Law Paper No. 40: A Guide to Designing Legal and Institutional Frameworks on Alien Invasive Species. 2000.
[5] J. M. Medlock et al., “A review of the invasive mosquitoes in Europe: Ecology, public health risks, and control options,” Vector-Borne Zoonotic Dis., vol. 12, no. 6, pp. 435–447, 2012.
[6] B. Seidel, D. Duh, N. Nowotny, and F. Allerberger, “Erstnachweis der Stechmücken Aedes (Ochlerotatus) japonicus japonicus (Theobald, 1901) in Österreich und Slowenien in 2011 und für Aedes (Stegomyia) albopictus (Skuse, 1895) in Österreich 2012 (Diptera: Culicidae),” Entomol. Zeitschrift – Stuttgart, vol. 112, no. 5, pp. 223–226, 2012.
[7] E.-J. Scholte and F. Schaffner, “Waiting for the tiger – establishment and spread of Aedes albopictus mosquito in Europe,” in Emerging pests and vector-borne diseases in Europe. volume 1: Ecology and contro of vector-borne diseases, W. Takken and B. G. J. Knols, Eds. Wageningen Academic, Wageningen, 2007, pp. 241–260.
[8] N. Becker et al., “Repeated introduction of Aedes albopictus into Germany, July to October 2012,” Parasitol. Res., vol. 112, no. 4, pp. 1787–1790, 2013.
[9] E. Flacio, L. Engeler, M. Tonolla, and P. Müller, “Spread and establishment of Aedes albopictus in southern Switzerland between 2003 and 2014: an analysis of oviposition data and weather conditions,” Parasit. Vectors, vol. 9, no. 1, p. 304, 2016.
[10] M. Bonizzoni, G. Gasperi, X. Chen, and A. A. James, “The invasive mosquito species Aedes albopictus: Current knowledge and future perspectives,” Trends Parasitol., vol. 29, no. 9, pp. 460–468, 2013.
[11] D. Roiz, M. Neteler, C. Castellani, D. Arnoldi, and A. Rizzoli, “Climatic factors driving invasion of the tiger mosquito (Aedes albopictus) into new areas of Trentino, Northern Italy,” PLoS One, vol. 6, no. 4, p. e14800, 2011.