Titelbild: Wurzelknöllchen an Erbse. Foto: Rainhard Turetschek

Genau wie eine gesunde Darmflora beim Menschen, kann bei Hülsenfrüchten eine spezialisierte Wurzelflora die Immunabwehr stärken. Für die Landwirtschaft bietet das eine anwendbare Methode um bei häufigeren Trockenstressperioden den Ertragsausfall von Hülsenfrüchten zu minimieren.

2016 wurde von den UN das internationale Jahr der Hülsenfrüchte (International Year of Pulses) ausgerufen. www.fao.org/pulses-2016

Die molekulare Sprache der Pflanzen bei Stress

Pflanzen können bei Trockenheit und erhöhten Temperaturen naturgemäß nicht in den Schatten flüchten oder in einen Pool hüpfen. Daher haben sie ein besonders vielfältiges Repertoire zum Schutz vor Stress entwickelt. Neben morphologischen Anpassungen verfügen Pflanzen über ein ganzes Arsenal an molekularen Möglichkeiten zum generellen und spezifischen Schutz vor Umweltattacken. Diese können, neben abiotischen Faktoren wie Wassermangel, auch durch Pathogene wie Bakterien und Pilze erfolgen. Wegen der den Pflanzen eigenen Fähigkeit zur Bildung einer Vielzahl von sekundären Produkten des Stoffwechsels wie Flavonoiden und essentiellen Vitaminen, werden sie nur selten krank. Abhängig von Stressart und -intensität, kann es in der Landwirtschaft aber dennoch zu großen Ernteverlusten kommen.

Symbiose mit Bodenbewohnern

Bei Hülsenfrüchten gibt es besonders interessante Symbiosen mit Mikroorganismen, die die Nahrungsaufnahme und das Wachstum der Pflanzen verbessern. Am bekanntesten sind die Wurzelpilze und -bakterien der Gattungen Glomeromycota und Rhizobium. Letztere bewirken an den Wurzeln der Hülsenfrüchte die Bildung neuer Pflanzenorgane, den Wurzelknöllchen. In diesen kommt es zum Nährstoffaustausch. Die Pflanze erhält Stickstoff im Austausch gegen Zucker und Sulfat. Dadurch können diese Pflanzen auch auf nährstoffarmen Böden sehr gut wachsen.

Bisher zeigt eine Fülle von Untersuchungen, dass die Interaktion mit symbiotischen Bodenpilzen auch zu einer verbesserten Stressabwehr bei Pflanzen führen kann. Über den Einfluss von Bodenbakterien auf das Immunsystem bei Pflanzen weiß man allerdings noch sehr wenig.

„Bleibgrün“-Effekt bei Trockengestress durch Rhizobium

Die Forschungsgruppe Wienkoop an der Universität Wien hat nun gezeigt, dass durch die Wurzelbakterien neben der verbesserten Stickstoffaufnahme bei Nähstoffmangel auch das Immunsystem der Pflanzen bei Trockenheit positiv beeinflusst wird [1, 2]. Sie konnte zeigen, dass bei starkem Wassermangel die meisten Blätter der Hülsenfrüchte-Modellpflanze Medicago truncatula (Schneckenklee) in Symbiose mit verschiedenen Rhizobium-Stämmen grün blieben und gleichzeitig kaum Blätter verloren gingen. Dies steht in deutlichem Gegensatz zu Pflanzen, die nicht symbiotisch leben und bei Trockenheit entsprechend schnell ihre Blätter verlieren. Auch regenerieren sich die symbiotischen Hülsenfrüchte viel schneller und zeigen sich daher in ihrem weiteren Wachstum wesentlich weniger eingeschränkt. Das Forschungsprojekt [P23441-B20] wurde vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gefördert.

Was bedeutet das für die Landwirtschaft?

Für die Landwirtschaft bedeutet dies, dass trotz verlängerter Trockenperioden durch Einbringung von geeigneten Rhizobium-Stämmen Wachstums- und Ertragsverluste von Hülsenfrüchten einfach und günstig verringert werden könnten. Dabei sollte allerdings auf zusätzliche Stickstoffdüngung verzichtet werden, da die Symbiose nur bei geringem Bodenstickstoffgehalt möglich ist.

Die Untersuchungen gehen weiter …

Zwar handelt es sich hier um die Untersuchung einer Hülsenfrüchte-spezifischen Symbiose, doch wurden ähnliche Beobachtungen auch schon in Verbindung mit Wurzelpilzen gezeigt. In diesem Zusammenhang sind weitere Erkenntnisse des Forschungsteams von Bedeutung: So erwies sich beispielsweise der durch Bakterien verursachte „Bleibgrün“-Effekt der Pflanzen ganz unabhängig von der Ergiebigkeit der bakteriellen Stickstoffbindung. Obwohl diese Bindung einer der wesentlichen Gründe für die Symbiose ist, könnte sich nun herausstellen, dass der Vorgang der Stickstoffbindung an sich für den „Bleibgrün“-Effekt keine Rolle spielt. Es wäre somit theoretisch auch bei Nicht-Hülsenfrüchten möglich, im Verbund mit anderen Wurzelbakterien einen „Bleibgrün“-Effekt auszulösen. Die genaue Rolle der Stickstoffbindung und anderer möglicher Mechanismen zur Auslösung des „Bleibgrün“-Effekts werden von dem Forschungsteam noch genauer untersucht.

Literatur
[1] C. Staudinger, V. Mehmeti, R. Turetschek, D. Lyon, V. Egelhofer, Possible role of nutritional priming for early salt and drought stress responses in Medicago truncatula. Front. Plant Sci. 3 (2012) 285. doi:10.3389/fpls.2012.00285.
[2] C. Staudinger, V. Mehmeti, E. Gil-Quintana, E. M. Gonzalez, F. Hofhansl, G. Bachmann S. Wienkoop, Evidence for a rhizobia-induced drought stress response strategy in Medicago truncatula. J. Proteomics (2016), in press

Weitere Infos zum Projekt: http://homepage.univie.ac.at/stefanie.wienkoop/fwf23441.html

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