Foto: Stefan Schneeweihs; ein wieder angebundener Seitenarm der Donau mit natürlichen Strukturen wie Totholz, Kiesbänken uns steilen Uferanrissen
Im Nationalpark Donau-Auen treffen wir auf die charakteristische, dynamische Flusslandschaft, deren Erhaltungszustand dort noch natürlich bis naturnahe ist. In Österreich ist der natürliche Erhaltungszustand von Flussökosystemen aufgrund von intensiven Flussregulierungen in der Vergangenheit, selten geworden. In den vergangenen Jahrzehnten haben flussbauliche Maßnahmen zur Revitalisierung und Renaturierung zugenommen. Besonders in den Donau-Auen finden aktuelle Projekte zur Sohlstabilisierung, Gewässervernetzung und Uferrückbaumaßnahmen statt, die dem Verlust bestimmter Lebensräume und Lebensgemeinschaften entgegenwirken. Im Nationalpark kann man den Erfolg dieser Maßnahmen in natura beobachten.
Über Renaturierungsprojekte an der Donau hat das bioskop mit Mag. Stefan Schneeweihs, aus dem Team der Nationalpark Verwaltung, gesprochen. Mag. Schneeweihs gibt uns einen Einblick in aktuelle Projekte und die Auswirkungen, die flussbauliche Renaturierungsmaßnahmen haben können.
Im Nationalpark Donau-Auen ist unser Gesprächspartner in alle aktuellen, wasserbaulichen Projekte involviert. Die Projekte werden von verschiedenen Organisationen gemeinsam getragen. Allen voran die viadonau, aber auch der WWF und auch Universitäten können daran beteiligt sein. In jedem Fall gehört zur Planung und Ausführung ein ganzes Team.

Mag. Stefan Schneeweihs
Als Bestandteil des Teams der Nationalparkverwaltung des Nationalpark Donau-Auen, ist Mag. Stefan Schneeweihs sowohl ausgebildeter Park-Ranger, als auch für die wasserbaulichen Projekte des Nationalparks zuständig.
Gibt es ein Projekt, das dir persönlich am meisten am Herzen liegt?
Alles Projekte liegen mir sehr am Herzen, weil jedes für sich ein wichtiger Schritt ist, um das Ziel des Nationalparks zu erfüllen, das der Gesamtheit der Lebensraumtypen und Lebensgemeinschaften Platz bieten soll. Jedes der Projekte erfüllt mich mit Vorfreude auf die Umsetzung. Auch die Entwicklung währenddessen und die Erfolge zu sehen, bereitet mir Freude.
War das auch schon früher dein Ziel?
Das hat sich erst ergeben. Als Biologiestudent kam ich erst bei meiner Abschlussarbeit in Kontakt mit den Donauauen und habe meine Felderhebungen im Nationalpark getätigt. Diese standen auch thematisch im Zusammenhang mit den Flussrenaturierungen. Erst ein paar Jahre später wurde wieder für die Betreuung solcher Projekte jemand gesucht und dabei hat sich meine Beschäftigung im Nationalpark ergeben. Diese Gelegenheit hat damals meine Begeisterung entfacht.
Ziele des Nationalparks
Grundsätzliches Ziel des Nationalparks ist es, ausreichend Platz und Lebensräume für die typischen Vegetationsstadien und die damit zusammenhängende, typische Tierwelt bereitzustellen. Das gesamte Flusssystem hängt in seiner ursprünglichen Form von der hohen Flussdynamik ab. Ein unregulierter Fluss stellt immer wieder einen ursprünglichen Zustand her – das kann eine Schotterbank sein oder ein unbewachsener sandiger oder lehmiger Bereich. Auf diesen ursprünglichen Bereichen kann sich der neue Vegetationszyklus wieder entwickeln.
Im Zentrum steht also der wiederkehrende Neubeginn der Auenlandschaft und die natürlichen Prozesse, die wieder in Gang gebracht werden sollen. Prozessschutz ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Begriff.
Der Prozessschutz hat zum Ziel „Funktionen und Prozesse in Lebensgemeinschaften und Ökosystemen unter möglichst natürlichen Bedingungen sicherzustellen“ (Schaefer, 2012). Das beinhaltet auch die natürliche Sukzession von Lebensräumen.
Quelle: Wörterbuch der Ökologie
Zu diesen natürlichen und unvermeidbaren Prozessen gehören auch Hochwasserereignisse unterschiedlicher Stärke. Ein großer Retentionsraum kann die Folgen eines Hochwassers für den Menschen etwas eingrenzen, indem das Wasser dort zurückgehalten wird. Eine natürliche oder wiederhergestellte Auen Landschaft kann diesen Retentionsraum mit ihren unbesiedelten, weitläufigen Flächen bieten.
Als Retentionsraum oder auch Rückhalteraum wird ein Gebiet bezeichnet, „in dem zeitweilig ein Wasser- oder Stoffrückhalt durch natürliche Gegebenheiten oder künstliche Baumaßnahmen erfolgen kann.“
Quellen:
https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/retentionsraum/6681
https://www.donauauen.at/wissen/natur-wissenschaft/die-donau/die-au-nach-dem-hochwasser
Für das Leben in der Au ist das Hochwasser sogar wichtig, da bestimmte Lebensraumtypen nur auf diese Weise wieder erneuert werden können. Viel Vielfalt in der Au ist so auch vom Hochwasser abhängig. Damit diesem Prozess auch der notwendige Raum geboten werden kann, hat die Renaturierung des Lebensraumes und seiner Strukturen große Bedeutung.
Phasen flussbaulicher Projekte
1) Finanzierung: Damit ein Gewässerabschnitt revitalisiert werden kann, ist Finanzierung eines Projekts notwendig, wofür ein Projektantrag verfasst werden muss.
2) Planung: Wenn die Finanzierung sichergestellt ist, findet die Planungsphase statt, in der sich das Team mit der technischen Planung befasst. Diese ist meist ein sehr intensiver Teil eines Projekts und beinhaltet auch die Einbeziehung von externen, technischen Büros. Regelmäßige Abstimmungssitzungen, um gemeinsam zu einem Konsens zu kommen, finden im Zuge dessen statt.
3) Bewilligung: Wenn die Abstimmungen zu einem Ende kommen, wird das Projekt in der nächsten Phase den zuständigen Behörden zur Bewilligung vorgelegt. Ist diese schließlich geregelt, beginnt die Bauphase.
4) Bau: Dazu sucht man eine passende Baufirma, worauf die Umsetzung folgt. Jede Phase bestellt demnach aus unterschiedlichen Aktivitäten.
Stefan Schneeweihs hält besonders die Planungsphase für sehr spannend, weil die Projekte dabei konkret Form annehmen. „Es sind grundsätzlich ökologische Projekte, die zur Verbesserung der naturräumlichen Situation beitragen sollen, müssen aber immer mit Kompromissen mit anderen Nutzungsformen und Gegebenheiten im Gebiet konstruiert werden.“ Kompromisse, die getroffen werden müssen, involvieren vor allem Schifffahrt und Hochwasserschutz.
Die größte, renaturierte Fläche im Bereich der Donau
Im Großraum Hainburg befindet sich der größte zusammenhängende Bereich, in dem Renaturierungsprojekte stattgefunden haben. Interessant ist das vor allem, weil genau dort ursprünglich das Kraftwerk geplant gewesen war. Anstelle des Kraftwerks gibt es dort einen längeren Flussabschnitt, an dem nun bereits das vierte Renaturierungsprojekt mit Uferrückbaumaßnahmen und Gewässervernetzungen stattfindet. Das umfasst auch die Anpassung der Niederwasserregulierung mit dem Umbau von Buhnen.
Die Dauer von flussbaulichen Projekten
Es dauert immer mehrere Jahre von der ersten Konzeptphase bis zum Ende der Umsetzung. Da die Nationalpark Verwaltung und die Partnerorganisationen schon viel Routine haben, dauert die Planungsphase meist um ein Jahr. Die anschließende Bewilligungsphase dauert meist um ein halbes Jahr. Die Bauphase hängt stark von der Projektgröße ab, oftmals sind das ein bis zwei Saisonen. Addiert kann ein solches Rückbauprojekt eine zeitliche Dimension von fünf Jahren haben.
Aktuelle Projekte im Nationalpark Donau-Auen befinden sich in ganz unterschiedlichen Phasen, wobei die technischen Planungen für einige Projekte weitgehend abgeschlossen sind. Beispielsweise betrifft das Uferrückbauprojekte an der Donau, an der das Ufer revitalisiert wird. Mit einem Gewässervernetzungsprojekt ist Stefan Schneeweihs zum Zeitpunkt des Gesprächs im April 2024 sehr beschäftigt. Ein weiteres Projekt, weiter stromabwärts von Hainburg, befindet sich bereits in der Bauumsetzungsphase.
Initiative und Partner
Bei den diversen Projekten ist es genauso unterschiedlich, wer den ersten Schritt für ein Renaturierungsprojekt setzt. Es sind in jedem Fall mehrere Institutionen beteiligt. Enge Zusammenarbeit gibt es allem voran mit der viadonau, die auch in vielen Fällen der Auftraggeber der Bauaufträge ist. Die viadonau besitzt viel Erfahrung und Know-how in der Abwicklung der Aufträge. Die Entwicklung von Projektideen und deren Entwicklung geschieht gemeinsam. Die viadonau ist eine größere Organisation und auch sogenannter Konsenswerber für ein Projekt, der bei den zuständigen Behörden um Bewilligung ansucht.
Im Nationalpark hat man im Gegenzug vertiefte Gebietskenntnis, was den Zustand von Uferstreifen und Gewässer betrifft, sowie die Zugänglichkeit eines bestimmten Gebiets. Es gibt noch Bereiche mit Infrastruktur und menschlicher Nutzung, an denen es nicht einfach ist, einen Uferabschnitt oder Seitenarm zur Verfügung zu stellen.
Neben der viadonau ist aber auch der WWF ein regelmäßiger Partner, da dieser Grundeigentümer im Nationalpark ist. Sind Maßnahmen auf dessen Eigentum geplant, ist der WWF ein bedeutender Abstimmungspartner im Planungsprozess.
Ökologisches Gesamtbild und Wiederherstellung von Lebensräumen
Wie bereits erwähnt wurde, stellt ein natürlicher Fluss immer wieder einen ursprünglichen Zustand her. Die natürliche Sukzession beginnt in den neu geschaffenen offenen Bereichen bei den ersten krautigen Pionieren, über eine junge Weichholzau zur älteren Weichholzau, bis zur Entwicklung einer Hartholzau. Durch den Fluss kann diese Entwicklung immer wieder von verschiedenen Stadien aus zurückgesetzt werden auf ein jüngeres Stadium. Das geschieht durch Hochwasser, bei dem Kies, oder Feinsediment angelandet oder weggespült werden. Das ist auch notwendig, denn der Weichholzauwald kann sich nicht mehr selbst erhalten und verjüngen. Dank der Dynamik des Flusses kann dieser Lebensraumtyp wieder neu entstehen.
Die Sukzession beschreibt die zeitliche Veränderung von Artengemeinschaften, die einander ablösen. Im Sinne der Sukzession kann zwischen Weichholzau und Hartholzau als verschiedene Zonen in einer Au unterschieden werden. Vertreter einer Weichholzau, wie beispielsweise Weiden, besiedeln schnell tiefer gelegene, neu entstandene Standorte. Im Gegensatz dazu siedeln sich Gesellschaften einer Hartholzau in den stabieleren Bereichen an. Das sind meist sehr artenreiche Standorte, die weiter entfernt vom Fließgewässer liegen. Unterschiedliche Arten spiegeln dabei die Überschwemmungshäufigkeit wider.
Quellen:
Auen in Österreich (pp 31-34)
Wörterbuch der Ökologie
Dieser Prozess der Verjüngung wird durch die Flussregulierung unterbunden. Stattdessen wird der Wald immer älter und die Sukzession schreitet immer weiter voran. Als Folge verliert die Au ihren typischen Auencharakter. Genau dort setzen Renaturierungsprojekte an, die versuchen, künstliche Barrieren zu entfernen. Dadurch kann der Fluss wieder in das System eingreifen, kann diese charakteristische Störung einbringen, die für diesen Standort typisch ist.

Arten im Fokus
Es geht bei der Renaturierung nicht um einzelnen Artenschutz, sondern viel mehr um die Gesamtheit an Lebensräumen in einem Gebiet. Besonders Pioniergesellschaften in der Pflanzenwelt spielen dabei eine Rolle. Auf die anfänglichen krautigen Pflanzen folgen, wie oben erwähnt, Strauchweiden und anschließend die Weichholzau. Dabei kann man bestimmte Arten hervorheben, die beispielsweise die Schwarzpappel (Populus nigra), die zu den bedrohten Bäumen in Europa gehört. Sie ist ein typischer Bewohner dynamischer Flusslandschaften und hat durch die Flussregulierung ihren Lebensraum verloren. In einem dichten, dunklen Wald kann sie nicht keimen und ist nicht überlebensfähig. Die Schwarzpappel braucht die störungsintensive Flusslandschaft, besonders die Schotterbänke, die durch Hochwasser oder Erosion entstehen können. In wiederhergestellten Bereichen findet eine Verjüngung der Schwarzpappel statt.
Pionier- oder auch Initialgesellschaften genannt, treten an dynamischen Standorten, die neu entstehen können, auf. Sie sind geprägt von Arten, die einen Lebensraum als erstes besiedeln. In einer Auenlandschaft ist es vom Fließgewässer abhängig, wo solche offenen Lebensräume entstehen können. Diese Standorte sind keineswegs stabil, da sie von der Fließgewässer Dynamik ständig gestört werden.
Quelle: Auen in Österreich (pp. 17-23)
„Dem Lebensraum folgen seine Bewohner,“ wie Stefan Schneeweihs erklärt, nicht nur Pflanzen, sondern auch Tiere. Typische Arten sind manchmal nicht plakativ und bekannt, aber dennoch wichtig. Das betrifft unter anderem viele wirbellose Tiere, wie Insekten und Spinnen. Wo wir es wenig erwarten, wie auf einer unbewachsenen Schotterbank, bevölkern diese Tiere ihren Lebensraum zahlreich. Wir sehen sie nicht oft, da sie in den Lücken zwischen Steinen leben. Oftmals sind sie so klein und versteckt, dass man sie selten zu Gesicht bekommt.
Am Ufer
Typisch sind bestimmte Laufkäfergemeinschaften oder Kurzflügelkäfer, deren Artenreichtum eine vielseitige Ernährung einnehmen kann. Manche leben räuberisch, andere wiederum ernähren sich von angeschwemmtem Material. Die Flussuferwolfspinne (Arctosa cinerea) jagt in diesen Lebensräumen. Diese Arten sind alle spezialisiert und typisch für offene Lebensräume, aber auch selten und gefährdet, da ihr natürlicher Lebensraum an unregulierten Flüssen ebenso selten geworden ist. Ersatzstandorte sind oft Schottergruben, wo sie ähnliche Bedingungen finden können. „Für solche Artengruppen wollen wir durch Renaturierungsprojekte Platz schaffen“, betont Schneeweihs.
Es gibt auch Vogelarten, die explizit auf bloßem Schotter brüten. Dazu zählt der Flussregenpfeifer (Charadrius dubius), der nicht einmal ein Nest baut, sondern seine Eier nur zwischen die Steine legt. Diese sind so gut auf die Umgebung abgestimmt, dass sie kaum zu erkennen sind. An renaturierten Uferabschnitten kommt der geeignete Lebensraum für diese Vogelart deutlich häufiger vor als in regulierten Abschnitten. Der Flussuferläufer (Actitis hypoleucos), bevorzugt bereits Standorte, an denen die erste krautige Vegetation und kleine holzige Büsche bereits aufkommen. Er hält sich also etwas weiter entfernt von den vollkommen dynamischen Standorten am Wasser auf, sondern braucht eine Übergangssituation. An befestigten Steilufern fühlen sich diese Arten nicht wohl. Flache Schotterbereiche sind nicht die einzigen Lebensräume, die in naturnahen und renaturierten Gebieten auftreten. Auch steile Sedimentufer, in die der Fluss sich hinein gräbt, können entstehen. Dort kann der Eisvogel (Alcedo atthis) und der Bienenfresser (Merops apiaster) ihre Bruthöhlen anlegen
Unter Wasser
In Uferbereichen, in der Flusssohle und im Kies gehören eine unvorstellbare Vielzahl an wirbellosen Tieren zu den Arten, die von Renaturierung profitieren. „Auch diese entziehen sich oft unserer Wahrnehmung, tragen aber wichtige Funktionen im Ökosystem und erbringen für uns auch wichtige Leistungen.“ Dazu gehören wichtige Reinigungsleistungen. Der Kies unter Wasser ist bewohnt von Lebewesen, die permanent das Wasser filtern und damit auch reinigen. Das ist eine wichtige Vorreinigung, da das Wasser später in das Grundwasser ausfiltriert und uns letztendlich auch als Trinkwasser zur Verfügung steht. All diese Funktionen sind in regulierten Flusssystemen eingeschränkt. Dort sind die Flüsse meist eingeengt, was weniger Lebensraum zur Folge hat, die Ufer sind außerdem mit Blocksteinen befestigt, an denen keine Bewegung mehr stattfindet. Das feine Material verklebt sogar die Poren und macht es Tierarten schwer, das Umfeld gleichermaßen zu besiedeln. Es geht sowohl Fläche als auch Volumen verloren und damit auch die für uns positive Wirkungen.
Bekanntere Arten, die durch Renaturierungsprojekte geschützt werden, umfassen unter anderem strömungsliebende Fischarten, die am Beginn der Fortpflanzung und in jungen Entwicklungsstadien auf seichte Schotterbänke angewiesen sind. Diese müssen auch ausreichend gut angeschwemmt sein, damit die Sauerstoffversorgung ausreicht. In Bereichen mit geringerer Strömung können diese Arten ablaichen. Auch die winzigen Larven können sich in starker Strömung nicht behaupten und sind damit auch abhängig von seichten Bereichen und geschützten Buchten, in denen sie von älteren Verwandten nicht gefressen werden können. Wenn sie größer werden, haben sie wiederum andere Ansprüche, was zeigt, dass eine Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen für die Entwicklung dieser Arten notwendig ist. Das können nur natürliche Ufer mit ihrem Strukturreichtum bieten. Nur so können die Populationen langfristig stabil bleiben.
Als Beispiel fällt die Nase, Chondrostoma nasus, in diese Kategorie von Arten. Diese war zu früheren Zeiten ein Fisch, der in Massen auftrat. Mittlerweile kommt sie viel weniger zahlreich vor. Die Barbe, Barbus barbus, ist ein weiteres Beispiel für eine typische Fischart in gut durchströmten Kiesbereichen. Der Huchen, Hucho hucho, als bekannte Fischart, braucht ähnliche Verhältnisse. Das sind Zielarten, die in der Außenwahrnehmung erfolgreicher sind und die von solchen Renaturierungsprojekten profitieren können. Weiters gibt es noch eine Gruppe von Barschartigen, wie Schrätzer, Gymnocephalus schraetser, die eher bodengebunden sind, aber auch typisch für gut durchströmte Bereiche. Im Gegensatz dazu stehen Altarme, die weiter abseits der Donau liegen, an denen kaum Strömung vorhanden ist. So bleibt mehr feines Material am Boden liegen, wodurch es schlammiger wird. Dort fühlen sich wiederum andere Arten wohl.
Ökologische Bauaufsicht
Ein weiterer Zuständigkeitsbereich von Stefan Schneeweihs ist es, als ökologische Bauaufsicht bei anfallenden Bauarbeiten zu wirken. Im weiteren Verlauf geht er auch darauf ein, was die Aufgaben einer ökologischen Bauaufsicht sind. Nicht nur die Aufsicht vor Ort ist von Bedeutung, denn bestimmte Maßnahmen und Rücksichtnahmen sollten bereits im Vorfeld festgelegt werden, unter anderem können diese in der naturschutzfachlichen Bewilligung bereits als Auflage vorhanden sein. Als Beispiel zu nennen sind Brutzeiten von bestimmten Vogelarten. Somit kann es vorkommen, dass es bestimmte Zeiten gibt, zu denen die Bauaktivitäten angepasst werden müssen.
Ein weiteres Beispiel sind sensible Greifvögel, die sich auch erst in der Phase zwischen der Bewilligung und dem Baubeginn ansiedeln können. Umstände, wie diese muss man als ökologische Bauaufsicht im Auge behalten. Manche Schutzgüter sind bereits im Vorfeld vorhanden, andere kommen gegebenenfalls erst im Laufe des Projekts hinzu. Dementsprechend muss darauf reagiert werden.
Auch die Baustelle an sich ist eine Störung für einen eingeschränkten Zeitraum. Diese wird jedoch durch die entsprechend hohen und langfristigen Verbesserungen nach den Bauarbeiten ausgeglichen, die eine bessere Nutzung des Lebensraumes zur Folge haben.
Bei den Revitalisierungsprojekten geht es darum, Hindernisse zu entfernen. Damit der Fluss das Ufer wieder natürlich formen kann, müssen oft große Blocksteine entfernt werden. Auch hierbei muss auf Sorgfalt geachtet werden und überdies ist Gebietskenntnis der Nationalparkverwaltung von Vorteil. Die Bauaufsicht hat den Auftrag der Behörden, einzugreifen, sollte etwas nicht in Ordnung sein und darf dementsprechende Maßnahmen anordnen.
Schließlich soll das Geschehen auf der Baustelle auch dokumentiert werden, was anhand von Fotodokumentation und einem abschließenden Bericht zusammengefasst und an die zuständigen Behörden übermittelt wird.
Biberbau im Baugebiet
Bei Arbeiten am Ufer muss oftmals auf Biberbauten geachtet werden, die sich im Uferbereich befinden können. Auch diese sollten bereits im Vorfeld schon markiert und den Baufirmen mitgeteilt werden. Sobald sich die Bauarbeiten im Abschnitt eines Bibers befinden, bleibt die ökologische Bauaufsicht durchgehend vor Ort und leitet das Baugeschehen entsprechend an und achtet dabei auf ein sorgfältiges Vorgehen.
Die Dotation der Oberen Lobau
Als ein aktuelles Beispiel hat sich das Bioskop nach den Hintergründen der Dotation der Oberen Lobau erkundigt.
Dotation: In ein isoliertes Gewässersystem wird wieder Wasser eingebracht. Das beinhaltet technische Maßnahmen, bei denen die Wasserzugabe kontrolliert wird.
Die Lobau ist als ehemaliger Teil des Donausystems durch den Hochwasserschutz völlig abgetrennt vom Durchflussgeschehen der Donau. Der Hochwasserschutzdamm zieht sich zwischen Donau und Lobau entlang, wodurch auch kein Donauwasser in die Lobau gelangt. Ursprünglich war die Lobau eine der Hauptverzweigungen der Donau, bevor die systematische Donauregulierung in der zweiten Hälfte des 19. Jh. stattgefunden hat. Die Dotation der oberen Lobau erfolgt momentan über zwei Wege. Einer davon ist die seit mehreren Jahren bestehende Wasserzugabe aus der Alten Donau über das Obere Mühlwasser. Seit 2023 gibt es einen zusätzlichen Weg über die Panozzalacke, ein Projekt der Stadt Wien. Dabei wird Wasser aus der Neuen Donau über ein neu errichtetes Bauwerk in die Panozzalacke eingeleitet und gelangt von dort weiter durch das Gewässersystem der Oberen Lobau.
Nach der Renaturierung
Es gibt Bemühungen, den Erfolg der gesetzten Maßnahmen zu messen. Dabei gibt es unterschiedliche Monitoringansätze, die sich aus den verschiedenen Fördertöpfen ergeben. Wird etwas beispielsweise aus dem LIFE Programm gefördert, muss in Bezug auf gewisse Natura 2000 Güter ein Monitoring durchgeführt werden. Häufig findet eine Erhebung der Fischfauna vor und nach den Maßnahmen statt, weil es eine gute Kenntnis der Arten gibt und die Methodik für den Fang einfacher ist. Oft gibt es also praktische Gründe für die Wahl bestimmter Gruppen für ein Monitoring.
Es wird auch versucht, die Veränderung des Lebensraumtyps zu erfassen. Das betrifft die typischen Vegetationseinheiten für den Lebensraumtyp, die vor den Maßnahmen vorhanden sind im Vergleich dazu, welche einige Zeit nach den Maßnahmen vorhanden sind. Dieser Vergleich macht dann Sinn, wenn der Fluss schon die Zeit hatte, die Landschaft umzuformen durch seine natürliche Dynamik und Vegetation bereits darauf reagieren konnte. Das Gebiet wird daraufhin erneut abgegangen und die Daten entsprechend erhoben.
Bei manchen Förderschienen ist dies jedoch nicht vorgeschrieben, aber es liegt im Interesse und Aufgabenbereich der Nationalpark Verwaltung, die Wirkung von Renaturierungsmaßnahmen aufzunehmen und Monitorings durchzuführen.
Im Namen des bioskop Teams bedanken wir uns herzlichst für das informative und ausführliche Gespräch über die zahlreichen Renaturierungsmaßnahmen im Nationalpark Donau-Auen.
Weiterlesen:
https://www.donauauen.at/wissen/natur-wissenschaft/flussbau-an-der-donau
https://www.austrianbiologist.at/aba/magazin/blog/2023/12/08/renaturierung-wiener-gewasser-am-beispiel-der-liesing-ein-interview-mit-dr-thomas-ofenbock/