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Foto: Stefan Schneeweihs; ein wieder angebundener Seitenarm der Donau mit natürlichen Strukturen wie Totholz, Kiesbänken uns steilen Uferanrissen

Im Nationalpark Donau-Auen treffen wir auf die charakteristische, dynamische Flusslandschaft, deren Erhaltungszustand dort noch natürlich bis naturnahe ist. In Österreich ist der natürliche Erhaltungszustand von Flussökosystemen aufgrund von intensiven Flussregulierungen in der Vergangenheit, selten geworden. In den vergangenen Jahrzehnten haben flussbauliche Maßnahmen zur Revitalisierung und Renaturierung zugenommen. Besonders in den Donau-Auen finden aktuelle Projekte zur Sohlstabilisierung, Gewässervernetzung und Uferrückbaumaßnahmen statt, die dem Verlust bestimmter Lebensräume und Lebensgemeinschaften entgegenwirken. Im Nationalpark kann man den Erfolg dieser Maßnahmen in natura beobachten.

Über Renaturierungsprojekte an der Donau hat das bioskop mit Mag. Stefan Schneeweihs, aus dem Team der Nationalpark Verwaltung, gesprochen. Mag. Schneeweihs gibt uns einen Einblick in aktuelle Projekte und die Auswirkungen, die flussbauliche Renaturierungsmaßnahmen haben können.

Im Nationalpark Donau-Auen ist unser Gesprächspartner in alle aktuellen, wasserbaulichen Projekte involviert. Die Projekte werden von verschiedenen Organisationen gemeinsam getragen. Allen voran die viadonau, aber auch der WWF und auch Universitäten können daran beteiligt sein. In jedem Fall gehört zur Planung und Ausführung ein ganzes Team.

Mag. Stefan Schneeweihs

Als Bestandteil des Teams der Nationalparkverwaltung des Nationalpark Donau-Auen, ist Mag. Stefan Schneeweihs sowohl ausgebildeter Park-Ranger, als auch für die wasserbaulichen Projekte des Nationalparks zuständig.

Gibt es ein Projekt, das dir persönlich am meisten am Herzen liegt?

Alles Projekte liegen mir sehr am Herzen, weil jedes für sich ein wichtiger Schritt ist, um das Ziel des Nationalparks zu erfüllen, das der Gesamtheit der Lebensraumtypen und Lebensgemeinschaften Platz bieten soll. Jedes der Projekte erfüllt mich mit Vorfreude auf die Umsetzung. Auch die Entwicklung währenddessen und die Erfolge zu sehen, bereitet mir Freude.

War das auch schon früher dein Ziel?

Das hat sich erst ergeben. Als Biologiestudent kam ich erst bei meiner Abschlussarbeit in Kontakt mit den Donauauen und habe meine Felderhebungen im Nationalpark getätigt. Diese standen auch thematisch im Zusammenhang mit den Flussrenaturierungen. Erst ein paar Jahre später wurde wieder für die Betreuung solcher Projekte jemand gesucht und dabei hat sich meine Beschäftigung im Nationalpark ergeben. Diese Gelegenheit hat damals meine Begeisterung entfacht.

Ziele des Nationalparks

Grundsätzliches Ziel des Nationalparks ist es, ausreichend Platz und Lebensräume für die typischen Vegetationsstadien und die damit zusammenhängende, typische Tierwelt bereitzustellen. Das gesamte Flusssystem hängt in seiner ursprünglichen Form von der hohen Flussdynamik ab. Ein unregulierter Fluss stellt immer wieder einen ursprünglichen Zustand her – das kann eine Schotterbank sein oder ein unbewachsener sandiger oder lehmiger Bereich. Auf diesen ursprünglichen Bereichen kann sich der neue Vegetationszyklus wieder entwickeln.

Im Zentrum steht also der wiederkehrende Neubeginn der Auenlandschaft und die natürlichen Prozesse, die wieder in Gang gebracht werden sollen. Prozessschutz ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Begriff.

Der Prozessschutz hat zum Ziel „Funktionen und Prozesse in Lebensgemeinschaften und Ökosystemen unter möglichst natürlichen Bedingungen sicherzustellen“ (Schaefer, 2012). Das beinhaltet auch die natürliche Sukzession von Lebensräumen.

Quelle: Wörterbuch der Ökologie

Zu diesen natürlichen und unvermeidbaren Prozessen gehören auch Hochwasserereignisse unterschiedlicher Stärke. Ein großer Retentionsraum kann die Folgen eines Hochwassers für den Menschen etwas eingrenzen, indem das Wasser dort zurückgehalten wird. Eine natürliche oder wiederhergestellte Auen Landschaft kann diesen Retentionsraum mit ihren unbesiedelten, weitläufigen Flächen bieten.

Als Retentionsraum oder auch Rückhalteraum wird ein Gebiet bezeichnet, „in dem zeitweilig ein Wasser- oder Stoffrückhalt durch natürliche Gegebenheiten oder künstliche Baumaßnahmen erfolgen kann.“

Quellen:
https://www.spektrum.de/lexikon/geographie/retentionsraum/6681
https://www.donauauen.at/wissen/natur-wissenschaft/die-donau/die-au-nach-dem-hochwasser

Für das Leben in der Au ist das Hochwasser sogar wichtig, da bestimmte Lebensraumtypen nur auf diese Weise wieder erneuert werden können. Viel Vielfalt in der Au ist so auch vom Hochwasser abhängig. Damit diesem Prozess auch der notwendige Raum geboten werden kann, hat die Renaturierung des Lebensraumes und seiner Strukturen große Bedeutung.

Phasen flussbaulicher Projekte

1) Finanzierung: Damit ein Gewässerabschnitt revitalisiert werden kann, ist Finanzierung eines Projekts notwendig, wofür ein Projektantrag verfasst werden muss.

2) Planung: Wenn die Finanzierung sichergestellt ist, findet die Planungsphase statt, in der sich das Team mit der technischen Planung befasst. Diese ist meist ein sehr intensiver Teil eines Projekts und beinhaltet auch die Einbeziehung von externen, technischen Büros. Regelmäßige Abstimmungssitzungen, um gemeinsam zu einem Konsens zu kommen, finden im Zuge dessen statt.

3) Bewilligung: Wenn die Abstimmungen zu einem Ende kommen, wird das Projekt in der nächsten Phase den zuständigen Behörden zur Bewilligung vorgelegt. Ist diese schließlich geregelt, beginnt die Bauphase.

4) Bau: Dazu sucht man eine passende Baufirma, worauf die Umsetzung folgt. Jede Phase bestellt demnach aus unterschiedlichen Aktivitäten.

Stefan Schneeweihs hält besonders die Planungsphase für sehr spannend, weil die Projekte dabei konkret Form annehmen. „Es sind grundsätzlich ökologische Projekte, die zur Verbesserung der naturräumlichen Situation beitragen sollen, müssen aber immer mit Kompromissen mit anderen Nutzungsformen und Gegebenheiten im Gebiet konstruiert werden.“ Kompromisse, die getroffen werden müssen, involvieren vor allem Schifffahrt und Hochwasserschutz.

Die größte, renaturierte Fläche im Bereich der Donau

Im Großraum Hainburg befindet sich der größte zusammenhängende Bereich, in dem Renaturierungsprojekte stattgefunden haben. Interessant ist das vor allem, weil genau dort ursprünglich das Kraftwerk geplant gewesen war. Anstelle des Kraftwerks gibt es dort einen längeren Flussabschnitt, an dem nun bereits das vierte Renaturierungsprojekt mit Uferrückbaumaßnahmen und Gewässervernetzungen stattfindet. Das umfasst auch die Anpassung der Niederwasserregulierung mit dem Umbau von Buhnen.

Die Dauer von flussbaulichen Projekten

Es dauert immer mehrere Jahre von der ersten Konzeptphase bis zum Ende der Umsetzung. Da die Nationalpark Verwaltung und die Partnerorganisationen schon viel Routine haben, dauert die Planungsphase meist um ein Jahr. Die anschließende Bewilligungsphase dauert meist um ein halbes Jahr. Die Bauphase hängt stark von der Projektgröße ab, oftmals sind das ein bis zwei Saisonen. Addiert kann ein solches Rückbauprojekt eine zeitliche Dimension von fünf Jahren haben.

Aktuelle Projekte im Nationalpark Donau-Auen befinden sich in ganz unterschiedlichen Phasen, wobei die technischen Planungen für einige Projekte weitgehend abgeschlossen sind. Beispielsweise betrifft das Uferrückbauprojekte an der Donau, an der das Ufer revitalisiert wird. Mit einem Gewässervernetzungsprojekt ist Stefan Schneeweihs zum Zeitpunkt des Gesprächs im April 2024 sehr beschäftigt. Ein weiteres Projekt, weiter stromabwärts von Hainburg, befindet sich bereits in der Bauumsetzungsphase.

Initiative und Partner

Bei den diversen Projekten ist es genauso unterschiedlich, wer den ersten Schritt für ein Renaturierungsprojekt setzt. Es sind in jedem Fall mehrere Institutionen beteiligt. Enge Zusammenarbeit gibt es allem voran mit der viadonau, die auch in vielen Fällen der Auftraggeber der Bauaufträge ist. Die viadonau besitzt viel Erfahrung und Know-how in der Abwicklung der Aufträge. Die Entwicklung von Projektideen und deren Entwicklung geschieht gemeinsam. Die viadonau ist eine größere Organisation und auch sogenannter Konsenswerber für ein Projekt, der bei den zuständigen Behörden um Bewilligung ansucht.

Im Nationalpark hat man im Gegenzug vertiefte Gebietskenntnis, was den Zustand von Uferstreifen und Gewässer betrifft, sowie die Zugänglichkeit eines bestimmten Gebiets. Es gibt noch Bereiche mit Infrastruktur und menschlicher Nutzung, an denen es nicht einfach ist, einen Uferabschnitt oder Seitenarm zur Verfügung zu stellen.  

Neben der viadonau ist aber auch der WWF ein regelmäßiger Partner, da dieser Grundeigentümer im Nationalpark ist. Sind Maßnahmen auf dessen Eigentum geplant, ist der WWF ein bedeutender Abstimmungspartner im Planungsprozess.

Ökologisches Gesamtbild und Wiederherstellung von Lebensräumen

Wie bereits erwähnt wurde, stellt ein natürlicher Fluss immer wieder einen ursprünglichen Zustand her. Die natürliche Sukzession beginnt in den neu geschaffenen offenen Bereichen bei den ersten krautigen Pionieren, über eine junge Weichholzau zur älteren Weichholzau, bis zur Entwicklung einer Hartholzau. Durch den Fluss kann diese Entwicklung immer wieder von verschiedenen Stadien aus zurückgesetzt werden auf ein jüngeres Stadium. Das geschieht durch Hochwasser, bei dem Kies, oder Feinsediment angelandet oder weggespült werden. Das ist auch notwendig, denn der Weichholzauwald kann sich nicht mehr selbst erhalten und verjüngen. Dank der Dynamik des Flusses kann dieser Lebensraumtyp wieder neu entstehen.

Die Sukzession beschreibt die zeitliche Veränderung von Artengemeinschaften, die einander ablösen. Im Sinne der Sukzession kann zwischen Weichholzau und Hartholzau als verschiedene Zonen in einer Au unterschieden werden. Vertreter einer Weichholzau, wie beispielsweise Weiden, besiedeln schnell tiefer gelegene, neu entstandene Standorte. Im Gegensatz dazu siedeln sich Gesellschaften einer Hartholzau in den stabieleren Bereichen an. Das sind meist sehr artenreiche Standorte, die weiter entfernt vom Fließgewässer liegen. Unterschiedliche Arten spiegeln dabei die Überschwemmungshäufigkeit wider.

Quellen:
Auen in Österreich (pp 31-34)
Wörterbuch der Ökologie

Dieser Prozess der Verjüngung wird durch die Flussregulierung unterbunden. Stattdessen wird der Wald immer älter und die Sukzession schreitet immer weiter voran. Als Folge verliert die Au ihren typischen Auencharakter. Genau dort setzen Renaturierungsprojekte an, die versuchen, künstliche Barrieren zu entfernen. Dadurch kann der Fluss wieder in das System eingreifen, kann diese charakteristische Störung einbringen, die für diesen Standort typisch ist.

Foto: Stefan Schneeweihs; zeigt ein revitalisiertes Ufer gegenüber von Hainburg

Arten im Fokus

Es geht bei der Renaturierung nicht um einzelnen Artenschutz, sondern viel mehr um die Gesamtheit an Lebensräumen in einem Gebiet. Besonders Pioniergesellschaften in der Pflanzenwelt spielen dabei eine Rolle. Auf die anfänglichen krautigen Pflanzen folgen, wie oben erwähnt, Strauchweiden und anschließend die Weichholzau. Dabei kann man bestimmte Arten hervorheben, die beispielsweise die Schwarzpappel (Populus nigra), die zu den bedrohten Bäumen in Europa gehört. Sie ist ein typischer Bewohner dynamischer Flusslandschaften und hat durch die Flussregulierung ihren Lebensraum verloren. In einem dichten, dunklen Wald kann sie nicht keimen und ist nicht überlebensfähig. Die Schwarzpappel braucht die störungsintensive Flusslandschaft, besonders die Schotterbänke, die durch Hochwasser oder Erosion entstehen können. In wiederhergestellten Bereichen findet eine Verjüngung der Schwarzpappel statt.

Pionier- oder auch Initialgesellschaften genannt, treten an dynamischen Standorten, die neu entstehen können, auf. Sie sind geprägt von Arten, die einen Lebensraum als erstes besiedeln. In einer Auenlandschaft ist es vom Fließgewässer abhängig, wo solche offenen Lebensräume entstehen können. Diese Standorte sind keineswegs stabil, da sie von der Fließgewässer Dynamik ständig gestört werden.

Quelle: Auen in Österreich (pp. 17-23)

„Dem Lebensraum folgen seine Bewohner,“ wie Stefan Schneeweihs erklärt, nicht nur Pflanzen, sondern auch Tiere. Typische Arten sind manchmal nicht plakativ und bekannt, aber dennoch wichtig. Das betrifft unter anderem viele wirbellose Tiere, wie Insekten und Spinnen. Wo wir es wenig erwarten, wie auf einer unbewachsenen Schotterbank, bevölkern diese Tiere ihren Lebensraum zahlreich. Wir sehen sie nicht oft, da sie in den Lücken zwischen Steinen leben. Oftmals sind sie so klein und versteckt, dass man sie selten zu Gesicht bekommt.

Am Ufer

Typisch sind bestimmte Laufkäfergemeinschaften oder Kurzflügelkäfer, deren Artenreichtum eine vielseitige Ernährung einnehmen kann. Manche leben räuberisch, andere wiederum ernähren sich von angeschwemmtem Material. Die Flussuferwolfspinne (Arctosa cinerea) jagt in diesen Lebensräumen. Diese Arten sind alle spezialisiert und typisch für offene Lebensräume, aber auch selten und gefährdet, da ihr natürlicher Lebensraum an unregulierten Flüssen ebenso selten geworden ist. Ersatzstandorte sind oft Schottergruben, wo sie ähnliche Bedingungen finden können. „Für solche Artengruppen wollen wir durch Renaturierungsprojekte Platz schaffen“, betont Schneeweihs.

Es gibt auch Vogelarten, die explizit auf bloßem Schotter brüten. Dazu zählt der Flussregenpfeifer (Charadrius dubius), der nicht einmal ein Nest baut, sondern seine Eier nur zwischen die Steine legt. Diese sind so gut auf die Umgebung abgestimmt, dass sie kaum zu erkennen sind. An renaturierten Uferabschnitten kommt der geeignete Lebensraum für diese Vogelart deutlich häufiger vor als in regulierten Abschnitten. Der Flussuferläufer (Actitis hypoleucos), bevorzugt bereits Standorte, an denen die erste krautige Vegetation und kleine holzige Büsche bereits aufkommen. Er hält sich also etwas weiter entfernt von den vollkommen dynamischen Standorten am Wasser auf, sondern braucht eine Übergangssituation. An befestigten Steilufern fühlen sich diese Arten nicht wohl. Flache Schotterbereiche sind nicht die einzigen Lebensräume, die in naturnahen und renaturierten Gebieten auftreten. Auch steile Sedimentufer, in die der Fluss sich hinein gräbt, können entstehen. Dort kann der Eisvogel (Alcedo atthis) und der Bienenfresser (Merops apiaster) ihre Bruthöhlen anlegen

Unter Wasser

In Uferbereichen, in der Flusssohle und im Kies gehören eine unvorstellbare Vielzahl an wirbellosen Tieren zu den Arten, die von Renaturierung profitieren. „Auch diese entziehen sich oft unserer Wahrnehmung, tragen aber wichtige Funktionen im Ökosystem und erbringen für uns auch wichtige Leistungen.“ Dazu gehören wichtige Reinigungsleistungen. Der Kies unter Wasser ist bewohnt von Lebewesen, die permanent das Wasser filtern und damit auch reinigen. Das ist eine wichtige Vorreinigung, da das Wasser später in das Grundwasser ausfiltriert und uns letztendlich auch als Trinkwasser zur Verfügung steht. All diese Funktionen sind in regulierten Flusssystemen eingeschränkt. Dort sind die Flüsse meist eingeengt, was weniger Lebensraum zur Folge hat, die Ufer sind außerdem mit Blocksteinen befestigt, an denen keine Bewegung mehr stattfindet. Das feine Material verklebt sogar die Poren und macht es Tierarten schwer, das Umfeld gleichermaßen zu besiedeln. Es geht sowohl Fläche als auch Volumen verloren und damit auch die für uns positive Wirkungen.

Bekanntere Arten, die durch Renaturierungsprojekte geschützt werden, umfassen unter anderem strömungsliebende Fischarten, die am Beginn der Fortpflanzung und in jungen Entwicklungsstadien auf seichte Schotterbänke angewiesen sind. Diese müssen auch ausreichend gut angeschwemmt sein, damit die Sauerstoffversorgung ausreicht. In Bereichen mit geringerer Strömung können diese Arten ablaichen. Auch die winzigen Larven können sich in starker Strömung nicht behaupten und sind damit auch abhängig von seichten Bereichen und geschützten Buchten, in denen sie von älteren Verwandten nicht gefressen werden können. Wenn sie größer werden, haben sie wiederum andere Ansprüche, was zeigt, dass eine Vielfalt an verschiedenen Lebensräumen für die Entwicklung dieser Arten notwendig ist. Das können nur natürliche Ufer mit ihrem Strukturreichtum bieten. Nur so können die Populationen langfristig stabil bleiben.

Als Beispiel fällt die Nase, Chondrostoma nasus, in diese Kategorie von Arten. Diese war zu früheren Zeiten ein Fisch, der in Massen auftrat. Mittlerweile kommt sie viel weniger zahlreich vor. Die Barbe, Barbus barbus, ist ein weiteres Beispiel für eine typische Fischart in gut durchströmten Kiesbereichen. Der Huchen, Hucho hucho, als bekannte Fischart, braucht ähnliche Verhältnisse. Das sind Zielarten, die in der Außenwahrnehmung erfolgreicher sind und die von solchen Renaturierungsprojekten profitieren können. Weiters gibt es noch eine Gruppe von Barschartigen, wie Schrätzer, Gymnocephalus schraetser, die eher bodengebunden sind, aber auch typisch für gut durchströmte Bereiche. Im Gegensatz dazu stehen Altarme, die weiter abseits der Donau liegen, an denen kaum Strömung vorhanden ist. So bleibt mehr feines Material am Boden liegen, wodurch es schlammiger wird. Dort fühlen sich wiederum andere Arten wohl.

Ökologische Bauaufsicht

Ein weiterer Zuständigkeitsbereich von Stefan Schneeweihs ist es, als ökologische Bauaufsicht bei anfallenden Bauarbeiten zu wirken. Im weiteren Verlauf geht er auch darauf ein, was die Aufgaben einer ökologischen Bauaufsicht sind. Nicht nur die Aufsicht vor Ort ist von Bedeutung, denn bestimmte Maßnahmen und Rücksichtnahmen sollten bereits im Vorfeld festgelegt werden, unter anderem können diese in der naturschutzfachlichen Bewilligung bereits als Auflage vorhanden sein. Als Beispiel zu nennen sind Brutzeiten von bestimmten Vogelarten. Somit kann es vorkommen, dass es bestimmte Zeiten gibt, zu denen die Bauaktivitäten angepasst werden müssen.

Ein weiteres Beispiel sind sensible Greifvögel, die sich auch erst in der Phase zwischen der Bewilligung und dem Baubeginn ansiedeln können. Umstände, wie diese muss man als ökologische Bauaufsicht im Auge behalten. Manche Schutzgüter sind bereits im Vorfeld vorhanden, andere kommen gegebenenfalls erst im Laufe des Projekts hinzu. Dementsprechend muss darauf reagiert werden.

Auch die Baustelle an sich ist eine Störung für einen eingeschränkten Zeitraum. Diese wird jedoch durch die entsprechend hohen und langfristigen Verbesserungen nach den Bauarbeiten ausgeglichen, die eine bessere Nutzung des Lebensraumes zur Folge haben.

Bei den Revitalisierungsprojekten geht es darum, Hindernisse zu entfernen. Damit der Fluss das Ufer wieder natürlich formen kann, müssen oft große Blocksteine entfernt werden. Auch hierbei muss auf Sorgfalt geachtet werden und überdies ist Gebietskenntnis der Nationalparkverwaltung von Vorteil. Die Bauaufsicht hat den Auftrag der Behörden, einzugreifen, sollte etwas nicht in Ordnung sein und darf dementsprechende Maßnahmen anordnen.

Schließlich soll das Geschehen auf der Baustelle auch dokumentiert werden, was anhand von Fotodokumentation und einem abschließenden Bericht zusammengefasst und an die zuständigen Behörden übermittelt wird.

Biberbau im Baugebiet

Bei Arbeiten am Ufer muss oftmals auf Biberbauten geachtet werden, die sich im Uferbereich befinden können. Auch diese sollten bereits im Vorfeld schon markiert und den Baufirmen mitgeteilt werden. Sobald sich die Bauarbeiten im Abschnitt eines Bibers befinden, bleibt die ökologische Bauaufsicht durchgehend vor Ort und leitet das Baugeschehen entsprechend an und achtet dabei auf ein sorgfältiges Vorgehen.

Die Dotation der Oberen Lobau

Als ein aktuelles Beispiel hat sich das Bioskop nach den Hintergründen der Dotation der Oberen Lobau erkundigt.

Dotation: In ein isoliertes Gewässersystem wird wieder Wasser eingebracht. Das beinhaltet technische Maßnahmen, bei denen die Wasserzugabe kontrolliert wird.

Die Lobau ist als ehemaliger Teil des Donausystems durch den Hochwasserschutz völlig abgetrennt vom Durchflussgeschehen der Donau. Der Hochwasserschutzdamm zieht sich zwischen Donau und Lobau entlang, wodurch auch kein Donauwasser in die Lobau gelangt. Ursprünglich war die Lobau eine der Hauptverzweigungen der Donau, bevor die systematische Donauregulierung in der zweiten Hälfte des 19. Jh. stattgefunden hat. Die Dotation der oberen Lobau erfolgt momentan über zwei Wege. Einer davon ist die seit mehreren Jahren bestehende Wasserzugabe aus der Alten Donau über das Obere Mühlwasser. Seit 2023 gibt es einen zusätzlichen Weg über die Panozzalacke, ein Projekt der Stadt Wien. Dabei wird Wasser aus der Neuen Donau über ein neu errichtetes Bauwerk in die Panozzalacke eingeleitet und gelangt von dort weiter durch das Gewässersystem der Oberen Lobau.

Nach der Renaturierung

Es gibt Bemühungen, den Erfolg der gesetzten Maßnahmen zu messen. Dabei gibt es unterschiedliche Monitoringansätze, die sich aus den verschiedenen Fördertöpfen ergeben. Wird etwas beispielsweise aus dem LIFE Programm gefördert, muss in Bezug auf gewisse Natura 2000 Güter ein Monitoring durchgeführt werden. Häufig findet eine Erhebung der Fischfauna vor und nach den Maßnahmen statt, weil es eine gute Kenntnis der Arten gibt und die Methodik für den Fang einfacher ist. Oft gibt es also praktische Gründe für die Wahl bestimmter Gruppen für ein Monitoring.

Es wird auch versucht, die Veränderung des Lebensraumtyps zu erfassen. Das betrifft die typischen Vegetationseinheiten für den Lebensraumtyp, die vor den Maßnahmen vorhanden sind im Vergleich dazu, welche einige Zeit nach den Maßnahmen vorhanden sind. Dieser Vergleich macht dann Sinn, wenn der Fluss schon die Zeit hatte, die Landschaft umzuformen durch seine natürliche Dynamik und Vegetation bereits darauf reagieren konnte. Das Gebiet wird daraufhin erneut abgegangen und die Daten entsprechend erhoben.

Bei manchen Förderschienen ist dies jedoch nicht vorgeschrieben, aber es liegt im Interesse und Aufgabenbereich der Nationalpark Verwaltung, die Wirkung von Renaturierungsmaßnahmen aufzunehmen und Monitorings durchzuführen.

Im Namen des bioskop Teams bedanken wir uns herzlichst für das informative und ausführliche Gespräch über die zahlreichen Renaturierungsmaßnahmen im Nationalpark Donau-Auen.

Weiterlesen:

https://www.donauauen.at/wissen/natur-wissenschaft/flussbau-an-der-donau
https://www.austrianbiologist.at/aba/magazin/blog/2023/12/08/renaturierung-wiener-gewasser-am-beispiel-der-liesing-ein-interview-mit-dr-thomas-ofenbock/

Foto: Anna Geisler

Neben der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzung ökologischer Lebensräume, steigt nun auch die Priorität derer Erhaltung und Wiederherstellung. In einem Interview mit Herrn Dr. Thomas Ofenböck befassen wir uns mit der Renaturierung von Fließgewässern in Wien am speziellen Beispiel der Liesing. Herr Dr. Ofenböck der MA45 stellte sich dankenswerter Weise für ein Interview über die bereits erfolgte und weiterhin geplante Renaturierung der Liesing bereit. Das in sechs Abschnitte geteilte Projekt wird zwischen Kaiser-Franz-Josefstraße und Großmarktstraße umgesetzt. Bis 2009 arbeitete Dr. Ofenböck am Institut für Hydrobiologie und ist nun seit September 2009 bei der Stadt Wien angestellt. Dort ist er insbesondere mit der Renaturierung Wiener Fließgewässer involviert.

Foto: Dr. Thomas Ofenböck

Wie werden Gewässerabschnitte, wie beispielsweise an der Liesing, für die Renaturierung ausgewählt?

Es gibt die europäische Wasserrahmenrichtlinie, die dazu verpflichtet, alle Gewässer in einen guten Zustand zu bringen. Dazu gibt es auch den nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, bei dem alle sechs Jahre ein Plan erstellt wird, was in der kommenden Periode an Maßnahmen gesetzt werden. Berichtspflichtig sind Gewässer an über 10 km² Einzugsgebiet, die prinzipiell Priorität haben.

Guter Zustand:
Der gute Zustand eines Gewässers als Vorgabe der Wasserrahmenrichtlinie, setzt sich aus ökologischen, morphologischen, physikalischen und chemischen Komponenten zusammen. Sowohl Lebensgemeinschaften, als auch Aspekte wie Strömung, Flussbettbeschaffenheit und chemische Schadstoffe fallen unter diese Bewertung. Anhand dessen ist eine Bewertung durchzuführen, in wie weit ein Gewässer vom natürlichen Zustand abweicht. 
Quelle: Umweltbundesamt

Bei der Prioritätensetzung steht vor allem auch die Durchgängigkeit im Vordergrund. Deshalb werden prioritär auch Gewässerstrecken ausgewählt, die für Lang- und Mittelstreckenwanderer unter den Fischen von Bedeutung sind. Es gab in Wien schon vor der Wasserrahmenrichtlinie eine Prioritätenreihung für mögliche Renaturierungsmaßnahmen.

Aktuell ist die Liesing sehr im Fokus. Dort spielt in die Priorität hinein, dass auch Hochwasserschutzmaßnahmen erforderlich waren. Periodisch wird neu berechnet, ob der Hochwasserschutz noch gewährleistet ist. Wenn sich aufgrund der veränderten Niederschlagsverhältnisse, zunehmenden Starkregenereignisse und des zunehmenden Versiegelungsgrads, ergibt, dass Maßnahmen gesetzt werden sollten, werden solche Gewässer prioritär behandelt. Generell wird versucht Hochwasserschutz und Gewässerrenaturierung zu vereinen.

In Wien sind von den berichtspflichtigen Fließgewässern, die in der Zuständigkeit von Wien als Gemeinde liegen, nur Liesing, Mauerbach und Wienfluss betroffen. Donau und Donaukanal sind in Bundeszuständigkeit, da sie Bundesgewässer und Schifffahrtsstraßen sind. Wir sind zwar als Bundesland verantwortlich, dass Maßnahmen umgesetzt werden, aber die Maßnahmensetzung erfolgt in diesem Fall durch die Via Donau. Das Bundesland ist verantwortlich für die Prioritätensetzung.

Wo macht Gewässer Renaturierung in Wien keinen Sinn?

Prinzipiell ist das Ziel, irgendwann alle Gewässer in einen guten Zustand zu bringen. Dazu gibt es auch zusätzlich das gute ökologische Potential für erheblich veränderte Gewässer.

Gutes ökologisches Potential (GÖP):
Zunächst als Definition des „höchsten ökologischen Potentials“ (HÖP). Dabei handelt es sich um den bestmöglichen Zustand, den ein erheblich verändertes oder artifizielles Gewässer erreichen kann. Als GÖP versteht man eine nur geringe Abweichung des HÖP.
Quelle: Wörterbuch der Ökologie

Die Ausweisung als erheblich verändertes Gewässer erfolgt aufgrund der Hydromorphologie. Wenn es übergeordnete Nutzungen gibt, die den guten Zustand verhindern bzw. wenn man den guten Zustand nicht erreichen könnte, ohne diese übergeordnete Nutzung aufzugeben, hat diese Vorrang. Übergeordnete Nutzungen sind zum Beispiel Hochwasserschutz oder auch Energieerzeugung.

Wienfluss und Liesing sind über das ganze Stadtgebiet als erheblich veränderte Gewässer ausgewiesen. Das heißt, das Ziel ist da nicht der gute Zustand, sondern das gute ökologische Potential. Dieses ist etwas abgemindert, weil es heute im urbanen Raum sehr schwierig ist, Maßnahmen so umzusetzen, dass man wirklich einen guten Zustand erreicht, weil einfach in der Regel der Platz nicht vorhanden ist.

Vom personellen und finanziellen Aufwand ist jetzt die Liesing im Fokus. Dabei ist das Ziel, bis 2027 den gesamten Abschnitt soweit zu renaturieren, wie es im Rahmen der Gegebenheiten möglich ist und so, dass die Durchgängigkeit geschaffen wird.

Wer finanziert das Renaturierungsprojekt an der Liesing?

Der unterste Bereich der Liesing, der schon Anfang der 2000er Jahre renaturiert wurde, war ein LIFE Projekt. Der jetzige Abschnitt wird über das Wasserbautenförderungsgesetz gefördert, weil zu der Zeit keine Mittel aus dem Umweltförderungsgesetz zur Verfügung standen und weil es auch eine Hochwasserschutzmaßnahme ist. Für rein morphologischen Maßnahmen gibt’s einen eigenen Fördertopf über das Umweltförderungsgesetz. Dieser ist wurde mit 200 Millionen Euro dotiert. Und da ist die Bundesförderung 60% für kommunale Teilnehmer.

Was ist nach der Auswahl des Gewässerabschnitts der erste Schritt der Renaturierung?

Im Rahmen des nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans werden Grundlagen ja schon erhoben und es gibt auch eine Risikoanalyse. Dazu gibt es natürlich auch Monitoring. Die Biologie steht dabei im Vordergrund. Da werden die Abschnitte festgelegt, an denen Maßnahmen gesetzt werden sollen und auch festgelegt, welche das sind. Das sind morphologische Maßnahmen oder stoffliche, je nachdem, was das biologische Monitoring aussagt. Für das gute ökologische Potential muss man auf jeden Fall einen guten stofflichen Zustand erreichen.

Was sind stoffliche Belastungen?

An der Liesing haben wir eine stoffliche Belastung, allerdings auch schon aus Niederösterreich. Es kommt natürlich im Stadtgebiet noch einiges hinzu. Wir haben an der Liesing beim Kanalsystem ein Trennsystem, das für Wien einzigartig ist. Das Schmutzwasser wird zur Kläranlage geleitet, aber das Regenwasser geht direkt in die Liesing. Das hat Vor- und Nachteile. Der Nachteil ist, dass mit dem Regenwasser einiges an Einträgen mitkommt. Im Regenwasserfall gibt es dabei eine relativ große Verdünnung, das wirkt sich nicht so stark aus. Was wir festgestellt haben ist, dass es im Trockenwetterfall immer wieder zu Fehleinleitungen kommt. Was vielleicht im guten Glauben, dass der Kanal in die Kläranlage führe, in den Kanal geleert wird, gelangt in Wirklichkeit in die Liesing. Zum Teil werden auch ohne Bewilligung Bauwässer eingeleitet, aber es hat auch immer wieder größere Unfälle gegeben.

Die ganzen Wienerwaldbäche kommen aus dem Flysch-Einzugsgebiet. Diese haben bei Niederwasser sehr niedrigen Abfluss, bei Hochwasser dafür sehr schnell einen hohen Abfluss. Deshalb gibt es natürlich keine Verdünnung und ein Eintrag wirkt sich schon sehr stark aus und es kann zu Fischsterben kommen. Die größeren Ereignisse fallen natürlich eher auf, aber man kann davon ausgehen, dass immer eine kleine Belastung stattfindet. Auf den Straßen kommt es natürlich auch zu Staub- und Reifenabrieb und wenn es regnet, hat gelangen diese Verunreinigungen in den ersten Spülstoß.

Flysch:
Ein Schweizer Ausdruck. Eine regelmäßige Schichtung von hauptsächlich Sandsteinen und Mergeln. Der Aufbau ist sehr instabil und neigt zu Hangrutschungen. In Österreich reicht diese Zone vom Nordrand der Ostalpen bis Wien.
Quelle: https://www.gamssteig.de/lexikon/flysch

Welche Maßnahmen gegen solche stofflichen Belastungen gibt es?

Die Lösung dafür ist nicht, die ganzen Regenwässer in die Kläranlage ableiten – das ist seitens der Dimension schwierig – sondern, dass man Begleitkanäle baut, die kleinere Einträge im Trockenwetterfall abfangen können und in die Kläranlage leiten. Wenn es stark regnet, kann so der erste Spülstoß noch aufgefangen werden. Dabei gibt es einen Überlauf, bei dem das Regenwasser bei länger andauerndem Regen wieder in die Liesing führt. Prinzipiell ist es ja erwünscht, das Wasser wieder dem Fließgewässer zukommen zu lassen, weil wir ohnehin oft sehr niedrige Wasserstände haben, was sich durch den Klimawandel verschärft.

Das größere Problem sind die diffusen Belastungen, die über das Einzugsgebiet kommen. Im ländlichen Gebiet stammen diese von Ackerflächen, bei denen Nährstoffe in das Feld eingetragen werden, die dann wieder in die Gewässer gelangen. In intensiv genutzten Gebieten passiert das sehr häufig. Man kann als Maßnahme entweder Programme zur Reduktion der Düngung durchführen, was anschließend vom Land verordnet werden kann oder Pufferstreifen entlang von Gewässern anlegen, in denen man eine gewisse Vegetationszone zur Verfügung hat, durch die diese Nährstoffe zurückgehalten werden. Das Problem ist oft, dass bis zum Gewässerrand geackert wird.
Die Kläranlage in Breitenfurt ist zwar am neuesten Stand, aber von der Kapazität bei Starkregenereignissen dann auch nicht ganz ausreichend.

Kann es von der Bevölkerung bei solchen Projekten zu Widerständen kommen?

Das hatten wir in Wien selbst noch nie. Es ist in der Regel so, dass Renaturierungsmaßnahmen sehr befürwortet werden und dass die Rückmeldungen im Nachhinein sehr positiv sind. Während die Baustelle aktiv ist, hat man in der Regel eine gewisse Lärmbelästigung. Wir versuchen, das Material – die Pflasterung, die abgebaut wird, gleich vor Ort wiedereinzubauen. Es gibt Anlagen, die die Steine brechen und das bringt natürlich eine gewisse Lärmbelästigung. Wenn ein Baum gefällt werden musste, damit man etwas Platz schafft, gab es schon Proteste. Aber insgesamt gibt es keinen Widerstand gegen die Renaturierung und im Nachhinein waren die Reaktionen wirklich immer positiv.

Gibt es vor dem Setzen der Maßnahmen Informationen für die Bevölkerung?

Bei größeren Eingriffen, ja. Wir haben ja ein eigenes Infocenter an der Liesing. Es wird über den Bezirk natürlich kommuniziert. Vor Beginn hat es bereits die Möglichkeit gegeben, sich darüber zu informieren.

Wenn ein Abschnitt renaturiert wurde, welche Maßnahmen muss man weiterhin setzen?

Es braucht immer ein Pflegekonzept dazu, das in der Regel auch im Wasserrechtsverfahren vorgeschrieben wird. Dabei geht es vor allem darum, den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Das Ziel ist zumindest, ein 100-jährliches Hochwasser, schadlos abzuführen. Wenn man begrünt und Bäume setzt, muss man darauf achten, dass man den Hochwasserabfluss nicht gefährdet. Die Bäume dürfen nicht zu groß werden. In den Pflegekonzepten wird abschnittsweise festgelegt, welche Bereiche kritisch sind – dort kann man sehr wenig Bepflanzung zulassen.

Ein großes Thema aktuell ist der Klimawandel. Böschungen sind sehr trockene Standorte. Das sollte in der Pflege schon entsprechend berücksichtigt werden. Wenn man die Bepflanzung durchführt, versuchen wir in letzter Zeit mehr Wildaufgeher zu fördern, weil die wesentlich widerstandsfähiger sind und sich besser entwickeln als Bäume in der Baumschule.
Die Böschungen müssen von Zeit zu Zeit auch gemäht werden. Wir versuchen, natürliche Wiesenbestände aufkommen zu lassen und keine Rasenpflege zu betreiben, um auch Blühpflanzen zu fördern.

Gibt es mit Neophyten Probleme bzw. kann man gegen diese vorgehen?

Fallopia japonica, der Japanische Staudenknöterich:
Eine schnellwüchsige, widerstandsfähige Pflanze, die in Japan, China und Korea beheimatet ist. Sie wurde als Futter- und Zierpflanze auch bei uns eingebracht und setzt sich leicht gegen einheimische Arten durch.
Quelle: Landwirtschaftskammer

Weniger bei der Liesing, aber mehr am Wienfluss haben wir große Probleme, gerade mit Fallopia. In den Wienflussbetten hat sich das sehr stark ausgebreitet und es gibt leider überhaupt kein Mittel dagegen, wie man die wirklich bekämpfen kann. Wenn es ganz kleinräumig ist und man sofort Maßnahmen ergreift, hat man eine Chance. Man muss die Pflanzen auch fachgerecht entsorgen. Man kann sie kompostieren in der Kompostieranlage in Wien. Angeblich sind die Temperaturen dort so hoch, dass sie nicht überleben können. Ansonsten muss man sie entweder komplett austrocknen lassen oder verbrennen. Wenn man die Pflanzenreste in den Wiener Restmüll gibt, werden sie mit Sicherheit verbrannt. Das Problem ist, dass Fallopia sehr tief wurzelt und sehr regenerationsstark ist. Es gibt sogar Berichte, bei denen sie bis fünf Meter wurzeln konnten. Man muss aber mindestens ein bis zwei Meter das Erdreich ausheben.

Ein weiteres Problem ist, dass sie echte Monokulturen schaffen und jeder Trieb, der abbricht, sofort wieder austreiben kann. Wenn bei Hochwasser an verschiedenen Stellen die Triebe anlanden, die durch das Hochwasser abgerissen wurden, fangen viele davon sofort an, auszutreiben und man hat wieder einen neuen Bestand.
Wir haben aktuell Versuche auf der Donauinsel laufen, bei denen man den Oberboden abgetragen hat, Unkrautvlies und wieder mit Erde bedeckt hat und diese Stellen anschließend mit Weiden bepflanzt. So wird das Wachstum möglichst unterdrückt. Sie kommen mit der Zeit zwar doch wieder durch, aber das Ziel ist, so viel Beschattung zu schaffen, dass sich der Staudenknöterich nicht durchsetzen kann. In Gewässernähe funktioniert es mit Weiden sehr gut, weil diese sehr schnellwüchsig und regenerationsfähig sind.
Das Ganze ist allerdings sehr aufwendig und deshalb auch nicht unbedingt die großflächige Lösung. Man kann Fallopia auch sehr intensiv mähen über viele Jahre. Aber an den Stellen, wo das gemacht wird, gibt es sogar einige, die nach 10 Jahren wieder zurückkommen. In gewissen Bereichen bekämpfen wir Fallopia regelmäßig. Auch beim Riesenbärenklau – wenn der auftaucht, wird sofort etwas gemacht. Bei Fallopia nur dort, wo einzelne, kleine Bestände sind und man eine realistische Chance hat.

Gibt es regelmäßiges Monitoring durch die Stadt Wien?

In Wien haben wir regelmäßiges Landesmonitoring, bei dem natürliche Qualitätselemente untersucht werden. Im Zusammenhang mit der Wasserrahmenrichtlinie sind das die Fische, das Makrozoobenthos und das Phytobenthos. Da gibt es ein Monitoring Programm, bei dem je nach Bedeutung und Größe des Gewässers, unterschiedlich häufig Untersuchungen durchgeführt werden. Das ist vor allem auch wichtig, um den Erfolg von solchen Maßnahmen zu belegen. Und einer der großen Vorteile in der Stadt ist, dass die Ausgangssituation in der Regel so schlecht ist, dass man immer einen Erfolg nachweisen kann. Bei anderen Flüssen ist das oft sehr schwierig: Es werden teure Maßnahmen umgesetzt, zum Beispiel eine große Aufweitung auf mehreren 100 Metern, und oft kann man nicht nachweisen, wenn man den ökologischen Zustand ermittelt, dass es wirklich Verbesserungen gibt, weil diese graduell stattfinden. Oft können Arten gar nicht zuwandern, weil sie durch Hürden gar nicht dorthin gelangen.

Phytobenthos und Makrozoobenthos:
Das Benthos beinhaltet alle bodenbewohnenden Organismen eines Gewässers. Daher bezieht sich das Makrozoobenthos auf alle wirbellosen Tiere der Gewässersohle mit über 1mm. Das Phytobenthos sind dementsprechend die Pflanzen, die den Gewässerboden bewachsen.
Quelle: Amt der oÖ Landesregierung

Bei der Renaturierung der Liesing im untersten Bereich, schon vor 20 Jahren, fand im Rahmen des LIFE Projekts ein intensives Monitoring statt. Dabei sind auch die Libellen, Uferkäfer und Makrozoobenthos betrachtet worden und man konnte zeigen, wie schnell der Bach wieder besiedelt wird. Dort hat sich aber die Problematik der Nährstoffeinträge gezeigt und zusätzlich die Schadstoffeinträge aus dem Regenwasserkanal. Wir haben danach auch noch längere Zeit Monitoring durchgeführt und konnten so feststellen, dass die Artenzahlen steigen. Wenn ein derartiger Schadstoffeintrag stattfand, wurde die Zönose wieder fünf Jahre zurückgeworfen. Sensible Arten fallen dann wieder aus und es dauert eine gewisse Zeit, bis sie sich wieder etablieren können. Das war der Grund, aus dem man wusste, dass man diese Einträge über das Regenwasser möglichst reduzieren muss.

Im Rahmen des Landesmonitorings haben wir in größeren Abständen auch chemisch-physikalische Untersuchungen. Dazu gibt es heuer wieder aktuell ein laufendes Programm, bei dem die wichtigsten Fließgewässer untersucht werden. Dabei gibt es monatliche Beprobungen über ein Jahr, woraufhin man z.B. vergleichen kann, wie sich die Parameter in den letzten 10 Jahren verändert haben. Maßgebend für die Bewertung des ökologischen Zustands sind aber die biologischen Parameter.

Warum ist Gewässer Renaturierung wichtig?

Eine sehr philosophische Frage. Weil man wieder ein bisschen gut machen kann, was in der Vergangenheit passiert ist – auch aus gutem Grund, das darf man auch nicht vergessen. Der Wienfluss ist nicht aus Spaß so verbaut worden. Das war ein sehr verzweigtes Gewässersystem, aber im Zuge der industriellen Revolution haben sich immer mehr Betriebe angesiedelt und es sind Abwässer direkt in das Gewässer geleitet worden. In dieser Zeit war das auch ein Abwasserkanal, der bei Hochwässern über die Ufer getreten ist. So sind die Giftstoffe und Keime auch in das Grundwasser gelangt und es gab immer wieder große Choleraepidemien. Deshalb hat man es damals auch so massiv verbaut. Das ist auch der Grund, warum so viele Bäche, die aus dem Wienerwald kommen, verrohrt wurden. Es war auch eine große Geruchsbelästigung und ein hygienisches Problem.

Heute wären wir froh, wenn wir diese Bäche im natürlichen Zustand wieder hätten. Jetzt ist es leider in der Regel zu spät.

Es ist unsere Verpflichtung, den nachfolgenden Generationen gegenüber, wieder etwas gut zu machen. Es ist auch für die Stadt besonders wichtig im Zuge des Klimawandels, weil solche Grünachsen wichtig sind für das Stadtklima. Es sind oft Frischluftschneisen und Wanderkorridore, nicht nur für aquatische Arten, sondern auch zur Orientierung für Vögel und terrestrische Insekten. Was in der Stadt auch eine besondere Rolle spielt, ist die Verbesserung der Naherholung. Dies ist auch wichtig dafür, damit man die Finanzierung politisch argumentieren kann, dass man Millionen investiert, weil so auch die Bevölkerung davon profitiert.
Den Menschen zieht es immer zum Wasser. Wohnen am Wasser erhöht die Lebensqualität sehr stark und es hat aus meiner Sicht einen Klimaschutzeffekt auch dahingehend, dass man nicht unbedingt darauf angewiesen ist, weit weg zu fahren, sondern man kann sich auch vor der Haustüre erholen. Wien hat dabei den Vorteil mit dem Donauraum. Hier hat man Naherholungsgebiete direkt vor der Haustüre.

Ich bedanke mich im Namen von bioskop für das informative Interview!

Weiterführende Links:

bioskop Beitrag:
Österreichs Fließgewässer: geprägt durch Regulierung und Renaturierung

Stadt Wien

Foto: Anna Geisler

Intakte Fließgewässer sind eine wichtige Lebensgrundlage für Pflanzen-, Tierarten und auch den Menschen, doch der Weg zurück zu einem natürlichen Zustand ist keine einfache Aufgabe. Das Europa des 20. Jahrhunderts war geprägt von einer radikalen Umgestaltung und Kultivierung natürlicher Landschaften, was den Verlust natürlicher Ökosysteme zur Folge hatte. Können wir aber die Schäden wieder ungeschehen machen? Restaurationsökologie befasst sich damit, Ökosysteme zu renaturieren. Derartige Bemühungen etablierten sich sukzessive und sind ein bedeutender Bestandteil nicht nur der Restaurationsökologie, sondern auch des gesellschaftlichen Bildes. Gewässer sind eine Lebensgrundlage für Mensch und Natur. Was Gewässerrenaturierung ist, was sie beinhaltet und welche Auswirkungen sie hat – damit befassen wir uns hier am konkreten Beispiel der Liesing.

Jahrzehnte der Veränderung

Gewässer sind ein essenzieller Bestandteil des Lebens und für viele Arten ein wichtiger Lebensraum. Sowohl die Schaffung von Ackerland, als auch die Fragmentierung der natürlichen Umgebung durch Infrastruktur veränderten unsere Ökosysteme teils drastisch. In Österreich führte nicht nur schädliche Einträge intensiver Landwirtschaft, sondern auch drastische Regulierungsmaßnahmen zu einer maßgeblichen Veränderung vieler Fließ- und Stillgewässer und deren Umgebung. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der einst fünf Kilometer breite Auengürtel der ursprünglichen Donau. Altarme wurden vom Hauptstrom getrennt und liefen als Folge Gefahr, zu eutrophieren oder ganz zu versiegen. Für Auen charakteristische Arten verloren ihren Lebensraum.

Begriffserklärung
In der Restaurationsökologie umfasst ähnlich klingende Begrifflichkeiten:
– Restauration sorgt für die Wiederherstellung des Originalzustandes eines Ökosystems.
– Regeneration ist die Reparatur im Hinblick auf einzelne Ökosystemfunktionen.
– Sanierung ist die “Reparatur unter gezieltem Einsatz von Maßnahmen”.
– Renaturierung bedeutet naturnahe Gestaltung, nicht der Originalzustand.
– Revitalisierung kann als Renaturierung oder Sanierung verstanden werden

Quelle: Schaefer, M. (2012). Wörterbuch der Ökologie. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg.

Rückblick auf die Donauregulierung

Während der 1. Donauregulierung in den 1870ern wurde die natürliche Dynamik der Donau gestoppt, ein neues Flussbett für die Donau angelegt und Seitenarme stillgelegt. Die zweite Regulierung erfolgte in den 1970er bis 1980ern, bei der als Hochwasserentlastungsgerinne die Neue Donau angelegt wurde. Seitenarme, wie das Heustadlwasser, wurden zu einem Altwasser, das einer natürlichen Verlandung und Eutrophierung unterworfen ist.

Eutrophierung
Darunter versteht man die Anreicherung von Nährstoffen in einem Ökosystem. Das führt zu einer erhöhten Produktion, d.h. dem Gewinn an Biomasse. Diese wird von Mikroorganismen nach dem Absterben unter Verbrauch von Sauerstoff zersetzt. Der Sauerstoffmangel, der dadurch entstehen kann, wird allgemein als „Umkippen“ eines Gewässers bezeichnet.

Quelle: Schaefer, M. (2012). Wörterbuch der Ökologie. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg.


Die Liesing – Blick in die Vergangenheit

In Rodaun vereinigen sich Dürre und Reiche Liesing zu einem Fluss, dem Liesingbach, der den 23.Bezirk und das Wiener Becken durchfließt. Zwischen 1770 und 1825 kam es zu verstärkten Hochwasserereignissen von Wiener Gewässern, wodurch so auch zunehmend Regulierungsmaßnahmen, also Begradigungen unter anderem der Liesing vorgenommen wurden. Nachdem auch die Siedlungsfläche im 19. Jahrhundert deutlich zunahm, verstärkte auch die steigende Bodenversiegelung die Hochwassergefahr – weitere Regulierungsmaßnahmen waren die Folge. Da auch mehr Abwasser in die Liesing eingeleitet wurden, belastete auch das den Fischbestand.

Besonders intensiv reguliert wurde die Liesing ab 1939: Die Flusssohle wurde abgesenkt, Uferböschungsbefestigungen gebaut und Schottergruben mit Sohlpflasterungen ersetzt. In den 70er Jahren wurde zeitgleich mit Regulierungsmaßnahmen aber bereits mit vereinzelter Renaturierung begonnen. Um 1980 wurden nach vermehrten Hochwasserschäden Rückhaltebecken in Inzersdorf und Alterlaa gebaut. Obwohl die Kanalisation ausgebaut wurde, floss weiterhin verschmutztes Regenwasser in die Liesing. 

Auswirkungen der Regulierung

Eine direkte Folge von Regulierungsmaßnahmen eines Flusses nimmt die Fließgeschwindigkeit zu. Oftmals werden auch die Uferbereiche wesentlich steiler und verbaut. Somit ergeben sich teils unmögliche Lebensbedingungen für Arten, die langsam fließende Gewässer und Uferstrukturen benötigen. Da Seitenarme komplett durch Regulierungseingriffe versiegen können, wird nicht nur der Lebensraum eingeschränkt, sondern auch das natürliche Wasserrückhaltepotential. Bei Hochwasserereignissen steigt die Gefahr für den Menschen dadurch sogar noch. 

Nicht renaturierter Abschnitt der Liesing. Foto: Anna Geisler

Pläne bis 2027

Bereits über neun Kilometer der Liesing wurden revitalisiert – ein erster Abschnitt bereits 1997, jedoch fand der bisher längste Sanierungsabschnitt zwischen Großmarktstraße und Kledering statt. Die MA45 und Wien Kanal arbeiten in Zusammenarbeit an der Renaturierung der Liesing. 

Der Prozess wird in sechs Bauteile eingeteilt, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Bauplan vermerkt sind. Finanziert wurde der erste Abschnitt der Liesing durch ein EU-LIFE Projekt. Mit dem LIFE Projekt sollen auch vor allem die Auswirkungen des Klimawandels bearbeitet werden. Die Finanzierung weiterer Bauabschnitte erfolgt durch das Wasserbautenförderungsgesetz bzw. durch den Fördertopf des Umweltförderungsgesetzes. Fertiggestellt werden sollen die verschiedenen Bauteile voraussichtlich 2027.

Maßnahmen der Renaturierung

Wichtige Bestandteile einer Flussrenaturierung beginnen beim Entfernen der Pflasterung, die einst eine Regulierungsmaßnahme war, und können auch Verbreiterungen des Flussufers beinhalten. Sowohl in der Flusssohle, als auch im Uferbereich wurden verschiedene Strukturen eingebracht. Auch die Fließgeschwindigkeit und die Tiefe des Gewässers sollte heterogener werden, da Tiere, wie Fische oder Insekten, unterschiedliche Zonen bevorzugen. Jungfische beispielsweise brauchen Flachwasserbereiche und kleine Buchten mit ruhigem Wasser können essentiell für manche Insektenlarven sein. Barrieren und Verbauungen können Fische schwer oder gar nicht überwinden, weshalb auch hierbei ein Rückbau notwendig wird. Für große Fische sind Kolke oftmals ein geeigneter Lebensraum – das sind Eintiefungen, die in fließenden Gewässern durch Abrieb entstehen. 

Nachdem Schritte zur Renaturierung gesetzt werden, soll das Gewässer aber nicht vollkommen sich selbst überlassen sein. Ein regelmäßiges Monitoring und zum Teil auch Pflegemaßnahmen der renaturierten Abschnitte muss geschehen, um den Erfolg der Maßnahmen zu messen und diesen kontinuierlich zu stärken. Zudem zeigt es die Wirksamkeit auf und kann auf zusätzlich nötige Schritte hinweisen.

Strukturreicher Lebensraum für Artenvielfalt

Natürliche bzw. naturnahe Gewässer bieten eine Vielzahl an Strukturen, die von unterschiedlichen Pflanzen- und Tierarten genutzt werden, die wiederum verschiedene ökologische Funktionen haben. Um Beispiele zu nennen – die strukturelle Vielfalt von natürlichen oder naturnahen Gewässern kann durch unterschiedlich große Steine der Gewässersohle entstehen oder tote und lebende Gehölze an Ufern. Diese Elemente im Lebensraum bieten Organismen unterschiedliche Lebensbedingungen. Daher können diese Strukturelemente auch als Maßstab für Biodiversität und Ökosystem Funktion genutzt werden. Denn verschiedene Organismen und Lebensgemeinschaften gedeihen in unterschiedlichen Nischen. An regulierten Flussläufen wird diese Diversität stark eingeschränkt. 

Strukturreiche Uferbereiche und Gewässersohle im renaturierten Bereich der Liesing. Foto: Anna Geisler

Kulturelles Gut und Schutz

Nicht nur den verschiedenen Tier- und Pflanzenarten dienen Renaturierungsmaßnahmen, denn einige wichtige Funktionen dieser Ökosysteme kommen auch Mensch und Gesellschaft zugute. Grundsätzlich kann unterschieden werden zwischen unterstützenden, versorgenden, regulierenden und kulturellen Leistungen. Im Fall von Gewässern betrifft das vor allem kulturelle Leistungen, wie mentale Erholung und Entspannung und auch regulierende Leistungen, die das Wasserrückhaltepotential in Auengebieten. In gewisser Weise dienen natürliche und naturnahe Landschaften sowohl Tieren als auch Menschen auf unterschiedliche Art als Lebensraum. 

Strategie zur Renaturierung

Die Wiederherstellung von ökologisch wichtigen Lebensräumen stellt einen Pfeiler der von der Europäischen Kommission formulierten Biodiversitätsstrategie 2030 dar. Inbegriffen in dem 10-Punkte-System ist die “Wiederherstellung für Biodiversität und Klimaschutz besonders wichtiger Ökosysteme”. 

Die Renaturierung unterschiedlicher Ökosysteme, wie Wälder, Wiesen, Moore und Gewässer gehört dabei zu einer wesentlichen Aufgabe. Für die Umsetzung sind die jeweiligen Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten bzw. entsprechende Gebietskörperschaften verantwortlich. Aber auch NGOs, Initiativen und Unternehmen setzen sich in Kooperation mit den betroffenen Grundeigentümern für die Umsetzung der qualitativen und quantitativen Ziele ein. 

Zurück an den Ursprung?

Die sichtlichen Verbesserungen, die durch die Renaturierung von Lebensräumen erzielt werden, drücken auch die Notwendigkeit dazu aus. Oftmals spielt bei den Erfolgen aber auch der zeitliche Prozess eine Rolle. Morphologische Veränderungen können im Gegensatz zu den biologischen – je nach Zugänglichkeit zum renaturierten Gebiet – schneller beobachtet werden. Die anfängliche Frage danach, ob wir Schäden wieder gut machen können, lässt sich weder mit „ja“ noch „nein“ beantworten. Wir können Fließgewässer Ökosysteme aufgrund heute gegebener Infrastruktur und Besiedelung nicht mehr in ihren ursprünglichen Zustand zurückführen. Aber wir können sie in einen naturnahen Zustand bringen und mit regelmäßiger Pflege die gewünschte Artenvielfalt erhalten. 


Weitere Infos zur Liesingbach Renaturierung, findet ihr hier.

Episode

Der Sommer 2021 brachte vielerorts Verwüstung und doch scheint die Natur solche Katastrophen besser wegzustecken als der Mensch. Könnte Wildnis angesichts des Klimawandels die „Rettung“ für unsere Zivilisation sein? Julia Ecker, Lina Dilly und Stefanie Pontasch beleuchten das Rewilding-Konzept genauer – vom wiederbelebten Mammut bis zum wilden Garteneck.