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Die Männchen der Langhornbienen (Eucera)  haben ungewöhnlich lange Fühler, die für diese Gattung sehr typisch sind. Viele Arten innerhalb dieser Gattung sind auf den Pollen von Schmetterlingsblütlern spezialisiert. Foto: Christian Kantner – www.lobbyist-of-insects.com

Trotz ihrer Bedeutung als eine der wichtigsten Bestäubergruppen, werden Wildbienen durch den Menschen zunehmend unter Druck gesetzt. In der Ausstellung „Von Einzelgängern und Geselligen – Vielfalt der Wildbienen“ im Botanischen Garten Innsbruck kann man ab 20. Mai in ihr faszinierendes Leben eintauchen und erfahren, wie man zu ihrem Schutz beitragen kann.

Insektensterben – Schützenswerte Vielfalt

Das Thema Insekten weckt bei den meisten Menschen keine besonders positiven Assoziationen, deshalb werden die Leistungen dieser kleinen und großteils unscheinbaren Tiere auf den ersten Blick häufig übersehen. Beispielsweise Nektar- und Pollensammler übernehmen die Bestäubung von zwei Dritteln aller Wild- und Kulturpflanzen. Somit sind sie für den Erhalt der Artenvielfalt und die menschliche Ernährung unverzichtbar. Gerade deswegen ist das aktuelle Insektensterben äußerst besorgniserregend: Wissenschaftler*innen bestätigen einen Rückgang der Fluginsekten um 75 % in den letzten 25 Jahren, sowie einen starken Rückgang der Vielfalt im Allgemeinen. Der Einsatz von Pestiziden, die Zerstörung von Nisträumen und der Mangel an geeigneten Blühwiesen führt dazu, dass die Lebensräume von Insekten immer kleiner und seltener werden.

Aus Wildbiene wird Honigbiene

Mit Maßnahmen wie der Schaffung und dem Erhalt von Lebensräumen wie z.B. Blühwiesen im ländlichen und städtischen Raum sowie der Errichtung von Schutzgebieten und dem Verzicht auf Pestizide können Wildbienen und andere Insekten unterstützt und geschützt werden. Vor allem in privaten Gärten kann man bereits als Einzelperson wesentlich zum Erhalt der Vielfalt von Wildbienen beitragen.

Wenn über das Thema Bienen gesprochen wird, denken die meisten Menschen häufig an die Westliche Honigbiene (Apis mellifera). Sie sind effektive Bestäuber und Honiglieferanten und werden deshalb bereits seit vielen tausenden Jahren als Nutztier vom Menschen gehalten. Der Wildbienen-Experte Sebastian Hopfenmüller erklärt, dass auch die heutige Honigbiene  einmal zu den Wildbienen zählte und über lange Zeit gezüchtet und als „Haustier“ kultiviert wurde. Er betont, dass unter anderem durch Gefahren wie die aus Asien stammende Varroamilbe die Honigbienen heute auf den Imker angewiesen seien und „in Freiheit“ kaum mehr überleben können.

Die Wespenbienen (Nomada) gehören zu den Brutschmarotzern und werden deshalb zu den Kuckucksbienen gezählt. Foto: Christian Kantner – www.lobbyist-of-insects.com

Die Wildbienen als unverzichtbare Bestäuber

Neben der Honigbiene gibt es knapp 700 weitere Arten von Bienen in Österreich – die Wildbienen. Das Aussehen und Verhalten der Wildbienen ist sehr vielseitig und sie existieren in vielen verschiedenen Formen und Farben. Sie „haben sich in der Evolution Seite an Seite mit den Blütenpflanzen entwickelt“ hebt Hopfenmüller hervor, weshalb „80-90 %  aller Wildblumen von Wildbienen oder von anderen Insekten bestäubt sind“. Wildbienen spielen auch für Kulturpflanzen eine große Rolle, so steigert z.B. ihr Vorkommen den Ertrag in einer Kirschplantage erheblich, meint Sebastian Hopfenmüller. Das liege vor allem an ihrem besonderen Flugverhalten und dem sehr hohen Interesse an Pollen. Die Honigbiene könne die Wildbienen in ihrer Funktion als Bestäuber nicht ersetzen. Das hänge vor allem damit zusammen, dass die Honigbiene eine sehr generalistische Art ist, d.h. in ihrer Auswahl an Pollen – und Nektarpflanzen nicht besonders wählerisch sei und gerne auf Massentrachten gehe. Viele Wildblumen werden neben Bestäubern wie Schmetterlingen „viel effektiver oder überhaupt nur von Wildbienen bestäubt“ und können dadurch nicht, auch nicht von der Honigbiene, ersetzt werden, so Hopfenmüller. Gerade deswegen ist der Schutz von Wildbienen besonders wichtig.

Expertenwissen: Wildbienen sind richtige Feinschmecker

Wildbienen ernähren sich ausschließlich von Nektar und Pollen. Besitzen sie keine Vorlieben, wie die Honigbiene, bezeichnet man sie als polylektische Arten. Doch unter den Wildbienen gibt es viele Spezialisten, richtige Feinschmecker, die sehr wählerisch bei der Suche nach Pollen und Nektar sind. Knapp 30 % aller nestbauenden Wildbienen sind auf den Pollen einer ganz bestimmten Pflanzenfamilie, Gattung oder sogar Art angewiesen, um ihren Nachwuchs zu versorgen. Man nennt diese Arten von Wildbienen oligolektisch.

Die Ausstellung „Von Einzelgängern und Geselligen – Vielfalt der Wildbienen“ im Botanischen Garten Innsbruck

Der Botanische Garten der Universität Innsbruck eröffnet am 20. Mai 2021 die Ausstellung „Von Einzelgängern und Geselligen – Vielfalt der Wildbienen“. Sie kann bis November täglich von 8-18 Uhr kostenlos im Freigelände des Botanischen Gartens besucht werden und gibt einen umfassenden und spannenden Einblick in das Leben und die Vielfalt der Wildbienen.

Der Botanische Garten möchte mit der Ausstellung ein breites Bewusstsein, sowie Begeisterung für das Thema Wildbienen schaffen. Die Ausstellung gibt einen umfassenden Einblick in das Leben, Verhalten und die Herausforderungen der vielseitigen Wildbienen. Insektenfreundliche Strukturen wie Blühwiesen, Totholz und Nisthilfen sollen Anregungen geben und zeigen, wie einfach und attraktiv Wildbienenschutz in jedem Garten umgesetzt werden kann.  

Sebastian Hopfenmüller ist Wildbienen-Experte und Autor aus dem Allgäu. Er hat vor wenigen Monaten mit Eva Strangler das Buch „Wildbienen retten“ herausgebracht, das hochwertige Informationen zu den Wildbienen, sowie Tipps und Tricks zur bienen- und insektenfreundlichen Gestaltung des eigenen Gartens bietet.
Er war in der bioskop-Podcastfolge „Wildbienen – Von Generalisten und Spezialisten“ zu Gast und hat dort Rede und Antwort zum Thema Wildbienen gestanden. Die Folge kann kostenlos auf Podcatchern wie Spotify nachgehört werden.

Titelbild: Hummel Quelle: Flickr User Rabumms

Dave Goulson ist ein bekannter englischer Biologe, Autor mehrerer Bücher und Naturschützer. Sein bekanntestes Buch „Und sie fliegt doch. Eine kurze Geschichte der Hummel“ (2014, Hanser Verlag) wurde mehrmals ausgezeichnet und ist eine sehr spannende und humorvolle Lektüre über Hummeln. Goulson schafft es in seinen Büchern den LeserInnen die faszinierende Welt der etwas kleineren Lebewesen unseres Planeten näher zu bringen und zeigt wie wichtig auch der Schutz dieser Tiere ist.

Derzeit forscht und lehrt Dave Goulson an der Universität Sussex und hat bereits über 200 wissenschaftliche Artikel über die Ökologie von Bienen und anderen Insekten veröffentlicht.

Professor Dave Goulson war so freundlich und gab uns für das bioskop ein kleines Interview über seine Arbeit als Autor und die Rolle der Biologie in der heutigen Zeit:

What was your motivation to start writing popular science books?
I was keen to reach a broader audience. Scientific publications are read by only a handful of other scientists. My research is on wild bee declines, and what we can do to look after these vital creatures. If we are to ensure a future for our wild bees then we need to get lots of people involved in caring for them – that is my goal.

How do you manage to combine your scientific research and your work as an author?
For me, scientific research and writing go hand in hand with writing articles for a popular audience. If a scientist is not doing work of interest to the public, and is unable to explain to them why his work is important and interesting, then perhaps he is in the wrong profession. Of course, finding the time for both types of writing can be a challenge!

The futurologist John Naisbitt once wrote, that the 21st century will be the age of biology, would you agree?
I’m sure that there will be some amazing scientific advances in the biological area this century. However, my fear is that future generations will know the 21st century as the age of mass extinction, the period when most of life on Earth was lost, and when other vital resources such as soil were squandered, leaving our descendants to eke out their lives on a sad, grey, depleted planet.

Do you think, biologists have a special responsibility to save our ecosystem?
Of course, most biologists are painfully aware of the damage we are doing to our planet. Finding the solutions to the problems will certainly also require biologists. In particular, we need to devise ways to grow food that are truly sustainable.

What is your latest book about?
My new book, Bee Quest, is about my search to find and study the world’s most unusual and endangered bees. It tells their stories, but also I think gives some hope, for I finish with giving some examples of how remarkably resilient nature can be if only we give it the chance to recover.

Can we hope, to enjoy more books of you in the future?
I am currently working on a new book about the little creatures that live in our gardens, the insects, spiders, worms, and toads, and how best we can encourage them to thrive. Perhaps gardening can save the planet.

Thank you very much for the interview!

Ebenfalls im Hanser Verlag erschienene Bücher von Dave Goulson:
Wenn der Nagekäfer zweimal klopft. Das geheime Leben der Insekten (2016)
Die seltensten Bienen der Welt. Ein Reisebericht (2017)
Beide uneingeschränkt zu empfehlen.