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Titelbild: mohamed Hassan |pixabay

Frauen in der Wissenschaft hatten es bis jetzt noch nicht leicht und an den Zahlen zeigt sich, es ist noch viel zu tun. Frauenförderungsprogramme soll(t)en da Abhilfe schaffen. Aber auch hier machen sich schon Veränderungen breit. Ein Blick zurück, in die Gegenwart und die Zukunft der Frauenförderung.

Die Geschichte der Frauenförderung an österreichischen Universitäten beginnt spät. Mehr als 500 Jahre nach der Gründung der Universität Wien durfte im Jahr 1897 die erste Frau, Gabriele Possaner von Ehrenthal, immatrikulieren. Seit dem sind die Zahlen von weiblichen Studierenden stark gestiegen. Von einem anfänglichen Verhältnis Frauen zu Männern von 1:183 lag das Verhältnis zur Jahrtausendwende 2000/1 bei ungefähr 1,5:1 (Gleichstellung in Wissenschaft und Forschung in Österreich, BMBWF 2018, pdf). Auch im Österreichvergleich lassen sich ähnliche Werte feststellen. Der Frauenanteil an Studierenden liegt bei knapp 53 Prozent [unidata.gv.at]. Woran liegt es dann, dass der Frauenanteil bei Professuren nur bei 23 % liegt?

Die Leaky Pipeline: Frauenanteile nehmen im Karriereverlauf ab

Die so genannte „Leaky Pipeline“ fängt in Österreich schon früh an. Vergleicht man 28 EU-Länder liegt Österreich mit einem Frauenanteil von 42 Prozent unter den AbsolventInnen eines Doktorats –bzw. PhD Studiums abgeschlagen auf Platz 27. Die Entwicklungsmöglichkeiten von Frauen in Wissenschaft und Forschung sind somit geringer als in anderen EU-Ländern. In Österreich ist jede fünfte Wissenschafterin einer Hochschule teilzeitbeschäftigt. Das wirkt sich auch auf den so genannten „Gender Pay Gap“ aus. In Österreich liegt das Einkommen für Frauen in Wissenschaft und Forschung um durchschnittlich 19,5 Prozent unter dem Einkommen von männlichen Kollegen.

Die „Leaky Pipeline“ zeigt sich vor allem auch in der Führungsebene. Hier wird es Frauen weiter erschwert, sobald sie die Karriereleiter erklimmen. „Die Netzwerkstrukturen in Führungsebenen sind immer noch männerdominiert“, so Politikwissenschafterin Sonja Puntscher Riekmann in einem Interview mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. „Frauen haben es oft noch nicht geschafft, in diese wirklich einzudringen. Warum das nicht gelingt, ist schwer zu sagen“, wie die Archäologin Katharina Rebay-Salisbury meint. Eine Theorie aus der Evolutionsforschung versucht dies jedoch zu erklären: Frauennetzwerke waren immer schon sehr „familienbasiert“, während Männer oft eigene Banden gegründet haben. Dies findet man heutzutage immer noch vor. „Frauen sollten sich davon aber auf keinen Fall unterkriegen lassen“, so Sonja Puntscher Riekmann.

Österreich hat in den letzten zehn Jahren versucht, diese Zahlen in eine andere Richtung zu lenken. So konnte etwa ein Anstieg um 40 Prozent bei den Professuren von Frauen verzeichnet werden. Im EU-Vergleich hat Österreich die höchste Steigerungsrate aufzuweisen. Wie kam es dazu? Gleichstellungsziele wurden das erste Mal Anfang der 1990er Jahre vom Wissenschaftsministerium geschaffen. Zu der Zeit wurden Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen errichtet, um Diskriminierung bei Personalverfahren zu verhindern. Im Jahr 2002 wurde dann das „Universitätsgesetz 2002“ verabschiedet in dem ein Frauenförderungsplan und ein Gleichstellungsplan in die Satzung aufgenommen wurden. Dies verlagerte die Zuständigkeit der Gleichstellung von Frauen und Männern an die Universitäten.

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Leaky Pipeline

Unter der „Leaky Pipeline“ versteht man den absinkenden Frauenanteil auf steigenden Bildungsabschlüssen und Karrierestufen. Der Begriff wurde in den 1979er Jahren in den USA eingeführt und soll als Metapher dienen. Schüttet man Wasser (junge Frauen) in ein Rohr, welches undicht ist, wird am auf der anderen Seite des Rohres wenig Wasser hinausfließen (Frauen in hohen Führungspositionen). (Understanding STEM: Current Perceptions, pdf)

Das Gesetz orientiert sich an drei Zielen:

1. Integration von Frauen auf allen Hierarchieebenen von Wissenschaft und Forschung.

2. Abschaffung „struktureller Barrieren“ für Frauen, damit beiden Geschlechtern dieselben Karrierewege offenstehen.

3. Integration von Genderfragen in Forschungsinhalte. Zur Unterstützung dieser Zielsetzungen wurden vom Ministerium Förderungsprogramme extra für Frauen ins Leben gerufen.

Frauenförderungsprogramme zur Umsetzung der Gleichstellungsziele

Zur Umsetzung dieser Gleichstellungsziele wurden von ministerieller Seite einige Frauenförderungsprogramme ins Leben gerufen

Zwei wichtige Frauenförderungsprogramme kommen vom Wissenschaftsfonds FWF:

  • Das Hertha-Firnberg-Programm richtet sich an Frauen am Beginn ihrer wissenschaftlichen Karriere. Dabei sollen die Karrierechancen an österreichischen Forschungsseinrichtungen erhöht werden. Außerdem soll das Programm dazu dienen, Frauen nach einer Karenzphase den Wiedereinstieg in die wissenschaftliche Laufbahn zu erleichtern.
  • Das Senior Postdoc-Programm Elise Richter soll Frauen nach Projektabschluss ermöglichen, eine inländische oder ausländische Professur anzutreten.
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Hertha Firnberg

Die 1909 in Niederösterreich geborene Hertha Firnberg war eine sozialdemokratische Politikerin und Soziologin. Sie war die erste Wissenschaftsministerin der Zweiten Republik und hat die Wissenschaftspolitik als eigenes Politfeld etabliert. In ihrer Amtszeit ist sie auch für Frauenrechte und Verbesserung der Bildungschancen von Mädchen und Frauen in der Wissenschaft eingetreten.

Mehr zu Hertha Firnberg auf Webseite der Universität Wien

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Elise Richter

Elise Richter, geboren 1865 in Wien, war die erste habilitierte Frau an der Universität Wien 1905 und erst die vierte promovierte Frau 1901. Ab 1928 leitete sie das „phonetische Institut“ an der Universität Wien und gründete 1922 den „Verband für akademische Frauen in Österreich“. Im Nationalsozialismus wurde sie aus rassistischen Gründen verfolgt und 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie 1943 verstarb. ()

Mehr zu Elise Richter auf der Webseite der Universität Wien

Das Bundesministerium BMK (für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie) verfolgt mit dem Programm FEMtech das Ziel, dass Frauen gleiche Rahmenbedingungen und Erfolgschancen vorfinden wie Männer. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und gemischte Teams zu fördern, werden Forschungsinstitutionen mit dem Ziel eines höheren Frauenanteils unterstützt. Das Programm zielt auf die industrielle und außeruniversitäre Forschung ab. Auch junge Frauen werden von FEMtech bei der Praktikumsfindung untersucht.

Frauen sind in der Forschung immer noch unterrepräsentiert

Trotz all dieser Programme ist von Gleichstellung noch keine Rede. Einige vom FWF veröffentlichte Grafiken von 2018 zeigen deutlich die Unterrepräsentation von Frauen in der österreichischen Forschungslandschaft. Nur knapp über ein Drittel der Projektförderungen (35,5 Prozent) gehen an Frauen.

Obwohl die Frauenquoten bei Projekten in den Fachgebieten Biologie, Medizin, Geistes- und Sozialwissenschaften über 40 Prozent liegen, drückt das Fachgebiet Naturwissenschaften und Technik den Durchschnitt. In diesem Bereich liegt die Quote an bewilligten Projekten bei gerade einmal 20 Prozent. Auch die internationalen GutachterInnen sind zum Großteil männlich. Gerade einmal 24,1 Prozent der Gutachten werden von Frauen verfasst. Das ist auch nicht verwunderlich. Global betrachtet, ist weniger als ein Drittel der WissenschafterInnen weiblich (Unesco Institute for Statistics, pdf).

Abb. 1 Gestellte und bewilligte Projekte (FWF Chancengleichheit 2018).

Abb. 2 Angefragte und erhaltene Gutachten (FWF Chancengleichheit 2018).

In den nächsten Jahren soll es beim FWF zu einer Veränderung kommen. Wie im Mehrjahresprogramm 2019-2021 bekannt dargelegt wird, sollen die oben genannten Frauenförderprogramme komplett gestrichen werden. Das Hertha-Firnberg-Programm und das Lise-Meitner-Programm werden zu einem Early-Stage-Programm zusammengeführt und das Elise-Richter-Programm wird mit dem Start-Programm zu einem Advanced-Stage-Programm zusammengelegt. Bei beiden Programmen sollen sowohl männliche, als auch weibliche Forschende einreichen dürfen. Das Early-Stage-Programm richtet sich demnach an WissenschafterInnen am Beginn ihrer Karriere, um in der Forschung Fuß zu fassen. Das Advanced-Stage-Programm soll bei der Weiterentwicklung und Durchführung innovativer Projekte helfen. Warum aber ein bestehendes Modell verändern?

Abb. 3 Politische Meilensteine der Frauenförderung in Österreich.

Die Karriereprogramme werden „regelmäßig einer Zielüberprüfung unterzogen und – wo notwendig – weiterentwickelt“, so der FWF. „Die Universitäten verändern sich, so müssen es die Karriereproramme auch“. Besonders hervorgehoben wird allerdings, dass sich die Programme besonders auch an Frauen richten. Die Hälfte der Mittel soll an Frauen gehen und die Bewilligungsquote darf die der Männer nicht unterschreiten. Dabei soll auch an Frauen mehr Geld gehen, da diese Programme mit 40 Millionen Euro budgetiert werden sollen. Das Elise-Richter-Programm und Lise-Meitner-Programm waren zusammen auf 13 Millionen Euro budgetiert.

Es wird also wieder weniger auf Frauenförderprogramme gesetzt, sondern die Entwicklung soll wieder in Richtung Quotenregelungen gehen. Es besteht jetzt natürlich auch Grund zur Sorge, dass gute Projekte von Männern abgelehnt werden, weil zu wenige Frauen eingereicht haben und so wieder ein Ungleichgewicht entstehen wird. Der FWF teilt diese Bedenken jedoch nicht. „Die Anzahl der Doktorandinnen und Absolventinnen könne man nicht dahingehend deuten“, so Barbara Zimmermann vom FWF.

Dass die altbewährten Frauenförderprogramme auf der anderen Seite auch belächelt werden, hat Sonja Puntscher Riekmann auch schon am eigenen Leib erfahren. Sätze wie „Sie haben den Grant ja nur bekommen, weil Sie eine Frau sind“, gab es schon öfter. Trotzdem haben die Frauenexzellenzprogramme einen hervorragenden Ruf. Dies ist dem FWF bewusst. „Etablierte Frauenförderungsmaßnahmen“ sollen weitergeführt werden. Wie das aussehen wird, ist noch nicht ganz ersichtlich. Es wird sich also in den nächsten Jahren zeigen, wie das Projekt „Frauenquoten“ funktionieren wird. Der Staat sollte sich aber die Chance nicht entgehen lassen, gut ausgebildete Frauen zu fördern und diese 50 Prozent deshalb nicht einfach vergessen.