Foto: Iris Schlick-Steiner, Text: Klara Füreder

Die Flussuferwolfsspinne (Arctosa cinerea) benötigt naturnahe Flussabschnitte mit hoher Dynamik - in Mitteleuropa ein höchst selten gewordener Lebensraum.
Die Flussuferwolfsspinne (Arctosa cinerea) benötigt naturnahe Flussabschnitte mit hoher Dynamik – in Mitteleuropa ein höchst selten gewordener Lebensraum. Foto: Iris Schlick-Steiner

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Die Flussuferwolfsspinne (Arctosa cinerea) zählt mit einer Körpergröße von bis zu 14 mm bei den Männchen und bis zu 17 mm bei den Weibchen zu den größten Arten innerhalb der Gattung der Wühlwölfe. Durch ihre Färbung mit verwaschenen dunklen Flecken auf heller graubrauner bis gelblichgrauer Grundfärbung ist sie in Ruhestellung hervorragend getarnt.

Die Flussuferwolfsspinne ist im paläarktischen Raum verbreitet, wo sie von naturbelassenen Gewässern mit sandigen oder kiesigen Ufern abhängig ist. Besonders geeignet sind Flussabschnitte, die regelmäßig von Hochwassern betroffen sind und somit vegetationsfrei bleiben. In solchen Lebensräumen baut sich die Flussuferwolfsspinne eine fingerdicke Wohnröhre in den Untergrund, die sie mit Spinnseide auspolstert. Überflutungen kann die Spinne unbeschadet überstehen, indem sie den Bau verschließt und in der darin gebildeten Luftblase überdauert.

Den Tag verbringt die Spinne versteckt in ihrer Wohnröhre, in der Nacht verlässt sie diese, um Beute aktiv zu jagen. Zur Überwinterung sucht sie weiter landeinwärts einen geschützten Standort auf und legt dort eine Überwinterungsröhre an.

Durch Maßnahmen zur Flussregulierung sind in Mitteleuropa geeignete Lebensräume weitgehend verschwunden. So ist die Art auch in Österreich vom Aussterben bedroht.

Das hier abgebildete Individuum wurde am Lech bei Forchach gefunden, einer der wenigen Flüsse Österreichs, an denen die Flussuferwolfspinne noch vorkommt. Dies ist nicht zuletzt Bürgerinitiativen zu verdanken, welche den Bau mehrerer Kraftwerksprojekte verhindern konnten. Neben der Flussuferwolfspinne bietet dieser Lebensraum, welcher zum Naturpark der Lechauen gehört, fast 400 weiteren Tier- und Pflanzenarten ein geschütztes Habitat. Als letzter Wildfluss der Nordalpen ist der Lech ein höchst bedeutsames Naturschutzgebiet.



Foto: Monika Hamacher, Text: Anna Schöpfer

Das noch unberührte Längental im Winter 2016. Foto: Monika Hamacher

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Seit Mai 2020 hat Tirol eine neue Großbaustelle im Hochgebirge. Für die Erweiterung der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz wird im Längental bei Kühtai ein Speicherteich errichtet. Das Verfahren zur Umwelt­verträglichkeits­prüfung (UVP) des rund eine Milliarde schweren Bauprojekts hatte bereits im Dezember 2009 begonnen und letzte Revisionen gegen den Baubescheid wurden 2020 vom Verwaltungs­gerichtshof zurückgewiesen. Für einen raschen Bauverlauf ist eine große Anzahl von Großgeräten, Baggern, Raupen und Kränen in Einsatz. Ausgefräst wird das, was das Längental ausgezeichnet hat:  der seltene und aus naturschutz­fachlicher Sicht besonders wertvollen Biotopverbund, mit dem Braun­seggen-Niedermoor, den Quellfluren, Alpenrosen-Zwergstrauch­heiden und den locker angeordneten Zirben auf den Hanglagen, die das Tal geprägt haben. Zerstört findet man jetzt auch das Flussbett des Längentalbachs, der auf 2600 m Seehöhe zwischen Wechner- und Hochbrunn­achkogel entspringt und bisher durch das Hochgebirgstal mäanderte.

Hinter einem 113 m hohen Damm, der das Tal absperrt, wird ein komplexer Lebensraum, der sich über Jahrtausende unter extremen Umwelt­bedingungen geformt hat, unwiederbringlich verloren gehen.

Der geplante Speicher der Kraftwerks­gruppe Sellrain-Silz wird über ein Volumen von 31 Mio m3 verfügen. Um ihn zu befüllen, wird mithilfe eines 25,5 km langen Stollensystems Wasser aus sechs Gletscher­bächen der Stubaier Alpen eingeleitet.

Bei den betroffenen Fließgewässern handelt es sich um den Fernaubach, den Daunkogel­fernerbach und den Unterbergbach, die in die Ruetz ins Stubai entwässern, sowie um den Fischbach, den Schranbach und den Winnebach, allesamt Zubringer der Ötztaler Ache. Jeder dieser Gletscher­bäche war bisher noch weitestgehend naturnah. Gletscherbäche sind besonders dynamische Ökosysteme und die gewässertypische Fauna und Flora ist an die extremen Standort­bedingungen angepasst. Diese spezialisierten Arten reagieren besonders sensibel auf Eingriffe in das natürliche Abfluss­regime. Nun sollen Wasserfassungen errichtet werden, welche in den Sommermonaten bis zu 80 % der Abflussmenge ableiten.